Mais am Stengel"Zeitreise Alltag in der
DDR", 2. Januar 2000, 23.55 Uhr, N 3 Amüsantes und Witziges, so versprach es
die Ankündigung, wollte dieser lockere Streifzug zutage fördern. Um die Sache
anschaulicher zu machen, hatte sich Moderatorin Sibylle Walther extra in das Museum von
Alt-Schwerin begeben, in dem wie in einer Reservatenkammer die realsozialistischen Relikte
des untergegangenen Staates bewahrt und gehütet werden. Hier kann der Besucher noch
einmal mit einem Einkaufskorb gearbeitet aus "Plaste und Elaste" des VEB
Buna Schkopau durch einen nachgestellten Konsum bummeln und sich an der einstigen
Mangelware erfreuen.
Wer seinen Blick jenseits der Stasi-Bespitzelung und der alltäglichen politischen
Repression auf die kleinen Dinge des Lebens in der DDR richtet, wird in der Tat mit
allerlei Heiterem belohnt. Zum Beispiel, als die SED in den fünfziger Jahren nach
sowjetischem Vorbild den hiesigen Bauern den Anbau von Mais schmackhaft machen wollte und
zu diesem Zweck das einschlägige Propagandalied "Ja der Mais ist wie jeder weiß ein
starker Bengel/ Denn der Mais ist wie jeder weiß die Wurst am Stengel" in Umlauf
brachte. Auch die Chemiefaser "Dederon" dem Republiknamen nachempfunden
fand in der Dokumentation zu Recht ihre ausführliche Würdigung, prägte sie doch
in Form von Stoffbeuteln oder Kittelschürzen das alltägliche Straßenbild im Arbeiter-
und Bauernstaat.
Bis zum Schluß war die Angst des offenkundig westdeutschen Redaktionsteams zu spüren,
sich mit zu wenig Respekt dem Gegenstand zu nähern. Man wollte amüsieren, aber nicht
verletzen. Daher blieb zuweilen alles etwas hölzern. Dabei hat gerade der Kinohit
"Sonnenallee" gezeigt, wie gnadenlos man die Komik des DDR-Alltags ausbeuten und
dennoch Sympathie bekunden kann. OKGG.