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22.01.00 Droht der CDU das Aus?

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 22. Januar 2000


Parteispenden:
Droht der CDU das Aus?
Der Finanzskandal stellt alle früheren Affären in den Schatten

Ist die CDU noch zu retten? Der Spenden- und Finanzskandal nimmt zu Beginn des Jahres 2000 Ausmaße an, die frühere Spendenaffären und auch die Barschel-Affäre in den Schatten stellen. Im hessischen Landesverband der Partei zeigen sich mafiose Strukturen. Millionenbeträge wurden ins Ausland verschoben, die Erträge unter Vorspiegelung falscher Tatsachen (Erbschaften) wieder in die inländische Parteikasse transferiert. Altkanzler Helmut Kohl sammelte Millionenbeträge in bar und verschob sie unter Umgehung der gesetzlichen Bestimmungen in die Partei. Der neue Parteichef Wolfgang Schäuble gelobte Aufklärung, verschwieg aber eine Barspende von 100 000 Mark. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht neue negative Tatsachen bekannt werden. Die CDU befindet sich in einer existentiellen Krise. Ein Krisenmanagement hat sie jedoch nicht.

Der CDU-Skandal besteht inzwischen aus drei verschiedenen Ebenen. Da ist zunächst Kohl mit seinen in bar gesammelten Millionenbeträgen, deren Herkunft er nach wie vor verschweigt. Er stellte sein Ehrenwort gegenüber den Geldgebern über geltendes Recht. Die Partei tat sich schwer im Umgang mit ihrem Ehrenvorsitzenden. Generalsekretärin Angela Merkel legte Kohl indirekt den Rücktritt von Abgeordnetenmandat und Ehrenvorsitz nahe, Schäuble jedoch wollte zunächst nicht so klar auf Distanz gehen, bis die CDU-Führung den Druck auf Kohl nun offenbar deutlich verstärkte.

Schon diese Affäre belastete die Partei schwer. In den Gremien kam es zu schweren Machtkämpfen zwischen "Kohlianern" und "Aufklärern". Gipfelpunkt der Entwicklung war die von "Kohlianern" gestreute Information, der nordrhein-westfälische Landesvorsitzende Jürgen Rüttgers wolle gegen Schäuble auf dem CDU-Parteitag im April in Essen kandidieren, damit das Erbe des Altkanzlers bewahrt werde.

Man kann Schäuble nicht die direkte Verantwortung für die zweite Ebene, den Fall der Hessen-CDU anlasten. Aber die politische Verantwortung für diesen in der Nachkriegsgeschichte der deutschen Parteien einmaligen Vorgang wird er zweifellos zu übernehmen haben. Die hessische Affäre wird noch einige Überraschungen mit sich bringen, nicht zuletzt wegen der Frage, woher die sieben Millionen Mark stammen, die vor Jahren schnell ins Ausland gebracht wurden. Die Vorgänge verdunkeln die Bilanz des früheren Bonner Innenministers Manfred Kanther, der jahrelang als Saubermann galt und in der Bundesregierung oberster Hüter der Gesetze und sogar des Grundgesetzes war. Es ist schwer zu glauben, daß außer Kanther und seinem Schatzmeister Prinz Wittgenstein niemand in der CDU von den Millionen gewußt haben soll.

Spannend wird auch noch die Frage, ob andere CDU-Landesverbände die durch die hessischen Bilanzfälschungen drohenden Rückzahlungen und Strafen an den Bundeshaushalt mittragen wollen. Es dürfte dabei um Beträge im zweistelligen Millionenbereich gehen. Auch die staatliche Parteienfinanzierung im laufenden Jahr gerät in Gefahr, da alle Rechenschaftsberichte der Bundes-CDU durch Kohls und Kanthers Finanzgebaren falsch sein dürften. Staatsgelder werden jedoch nur bei korrekten Rechenschaftsberichten gewährt.

Die dritte Ebene der Affäre ist das Verhalten des Parteivorsitzenden Schäuble. Er war mit dem Anspruch des Aufklärers angetreten, bis plötzlich herauskam, daß ausgerechnet er die Entgegennahme einer 100 000-Mark-Spende des Waffenhändlers Schreiber verschwiegen hat. Das Geld tauchte natürlich auch nicht in den Rechenschaftsberichten der CDU auf. Im Bundestag verstieg sich Schäuble jedoch am 2. Dezember 1999 zu der Behauptung, er habe Schreiber nur oberflächlich gekannt. "Das war es", sagte Schäuble noch. Jetzt wurde bekannt, daß er im Jahre 1997, drei Jahre nach Entgegennahme des Geldes, versucht hatte, sich mit einer Bescheinigung über die korrekte Übergabe des Geldes an die Partei abzusichern. Der Ruf des Aufklärers ist damit endgültig ruiniert.

Am Dienstag schien der Rücktritt Schäubles schon fast bevorzustehen. Der sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf könne, so hieß es aus Vorstandskreisen, die Führung der Partei für eine Übergangszeit übernehmen. Doch noch klammert sich Schäuble an sein Amt, während um ihn herum die Partei auseinanderzufallen droht. Die nächsten Wahlen scheinen angesichts dieser Hypotheken nicht mehr zu gewinnen. Der drohende finanzielle Ruin könnte viele Christdemokraten reizen, sich eine andere politische Heimat zu suchen oder eine neue zu gründen. Das drohende Ende der CDU ist mehr als eine Theorie.

Hans-Georg Münster