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05.02.00 Vor 95 Jahren starb der Maler Adolph Menzel – Wegbereiter der Moderne

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 05. Februar 2000


Mehr Schwalbenflug als Kunstwanderung
Vor 95 Jahren starb der Maler Adolph Menzel – Wegbereiter der Moderne

Relativ spät ist der Künstler Adolph Men- zel auf Reisen gegangen. Nach Leipzig, Dresden und Kassel, aber auch in den Harz führten ihn seine ersten Fahrten. Erst in den fünfziger und sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts gelangte er nach Paris, Antwerpen, Gent, Brügge, Ostende und Brüssel, den bevorzugten Zielen vieler Künstler. Holland und Italien waren die nächsten Stationen. 1859 schrieb er an den Freund Adolf Schöll, Archäologe und Kunstschriftsteller aus Brünn und seit 1843 in Weimar Leiter der Großherzoglichen Kunstsammlungen: "Mein bißchen spätes Reisen, ist’s auch stets noch nur mehr ein Hier- und Dorthineinriechen, mehr Schwalbenflug als Kunstwanderung gewesen; unbeschadet der gepriesenen Innigkeit und Wonne der Jugendeindrücke, so glaube ich nach mir, der, an den das alles erst später kommt, was freilich die meisten schon als dumme Jungen erlebten, der genießt aber auch intensiver. Und am Notizbuch bleibt auch noch ein und Anderes hängen ..."

Kaum bekannt sein dürfte, daß Menzel auch mehrfach Weimar besucht hat. Auch dort hielt er seine Eindrücke in Skizzen und Zeichnungen fest. Diese werden nun erstmals in einem bei Böhlau herausgekommenen Band veröffentlicht, in dem sich die Kunsthistorikerin Sibylle Ehringhaus eingehend mit den Beziehungen des Künstlers zu der thüringischen Residenzstadt beschäftigt: Adolph Menzel in Weimar (148 Seiten mit 39 sw und 3 farbigen Abb., Pappband, 68 DM). Deutlich wird in dieser Publikation nicht zuletzt auch, daß Menzel eben nicht das einsame Genie, der gesellschaftliche Außenseiter war, als der er noch heute gern gesehen wird. So stellt die Autorin denn auch seine freundschaftlichen Beziehungen zu Gustav Adolf Schöll und zu Karl Eduard Julius Eitner in den Mittelpunkt ihrer Recherchen. Informativ hier vor allem der erstmals veröffentlichte Briefwechsel zwischen Menzel und dem ebenfalls aus Schlesien stammenden Eitner.

Geboren wurde Adolph Menzel am 8. Dezember 1815 in Breslau, wo sein Vater, ursprünglich ein Lehrer, als Lithograph tätig war. Adolph war 14 Jahre alt, als er acht Lithographien schuf, die sein Vater als Illustrationen zu Knutzens "Geschichte des preußischen Staates" verwendete.

1830 siedelte die Familie nach Berlin über, wo der junge Künstler sich an alten und neuen Kunstwerken orientieren konnte und immer wieder neue Eindrücke empfing, während der Vater dort nur schwer Fuß fassen konnte. Adolph besorgte ihm Aufträge und unterstützte ihn bis zu seinem Tod 1832. Der junge Mann übernimmt daraufhin die Steindruckerei seines Vaters und ernährt die Mutter und seine Geschwister. Ein kurzer Besuch der Akademie öffnet ihm die Augen, und er beschließt, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen und sich auf eigene Füße zu stellen. 1833/34 erscheint sein erster selbständiger Illustrationszyklus zu "Künstlers Erdenwallen" nach Goethe.

Mit den Illustrationen zu den "Denkwürdigkeiten aus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte" wendet sich Adolph Menzel zum ersten Mal einem seiner späteren Hauptthemen zu. Der Kunsthistoriker Franz Kugler wird auf den jungen Mann aufmerksam und empfiehlt ihn als Illlustrator für die "Geschichte Friedrichs des Großen". Nicht zuletzt durch die Holzstiche Menzels, die einen volkstümlichen König zeigen, wird dieses Buch zu einem Volksbuch. Und noch heute wird das Bild des großen Preußenkönigs durch die Darstellungen Menzels geprägt. In den folgenden Jahren entstehen so bekannte Gemälde wie das der Tafelrunde Friedrichs II. oder des Flötenkonzerts in Sanssouci, 1861 dann das Gemälde der "Krönung Wilhelms I. in Königsberg am 18. Oktober 1861". 1865 war das Werk, das Porträts von 132 Einzelpersonen enthält, vollendet. Adolph Menzel, der für diesen Auftrag eigens von Berlin nach Königsberg reisen mußte, hatte sich schon in den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts im Osten aufgehalten. In der Marienburg sollte er Wandmalereien im Sommerremter vollenden; es handelte sich um die lebensgroßen Bildnisse der Hochmeister des Ordens, Siegfried von Feuchtwangen und Luderus von Braunschweig. Neben Menzel arbeiteten auch Eduard Daege, Carl Heinrich Hermann, Gustav Graef und Ludwig Rosenfelder, seit 1845 Direktor der Königsberger Akademie, in der Marienburg.

Adolph Menzel starb am 9. Februar 1905, vor nunmehr 95 Jahren. Er war der einzige Maler, der mit dem höchsten preußischen Orden ausgezeichnet wurde (1898), dem 1701 in Königsberg gestifteten Schwarzen Adlerorden. Lange Jahre wurde er "nur" als Maler der preußischen Geschichte angesehen; erst später erkannte man, daß der große Künstler ein genauer Beobachter, ein Schilderer seiner Zeit war, ein kritischer Zeitgenosse auch, der das bürgerliche Leben ebenso darstellte wie das höfische. Historienbilder gehören gleichermaßen zu seinem Schaffen wie zeitgenössische Schilderungen des Großstadtlebens und der Arbeitswelt. Nicht zuletzt durch diese Werke wurde Menzel zu einem Wegbereiter der Moder- ne. Silke Osman