24.04.2024

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19.02.00 Multikultur-Experimente fördern Gewaltbereitschaft an den Schulen

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 19. Februar 2000


Frankreich:Die"schwarzen Husaren" sind tot
Multikultur-Experimente fördern Gewaltbereitschaft an den Schulen

Mit neunundvierzig Prozent des Staatshaushalts und rund 1 100 000 Angestellten (einschließlich der Dozenten an den in Frankreich besonders verbreiteten Privatschulen) ist das französische Erziehungswesen der größte Empfänger des öffentlichen Geldes.

Die Franzosen würden gern ein wesentlich leistungsfähigeres Erziehungswesen besitzen, müssen aber derzeit feststellen, daß die Republik es nicht schaft, ein befriedigendes Erziehungssystem aufzubauen. Die Minister, die nacheinander im Erziehungsministerium fungierten, haben nämlich mit stark politisierten Gewerkschaften wie der "Fédération de l’Education Nationale" oder dem "Syndicat National de l’Enseignement Supérieur" zu tun, wo 68er und Trotzkisten die Meinungsbildung der Lehrer bestimmen und Reformkräfte schlicht und einfach nur ihre Ohnmacht registrieren müssen. Alle Versuche der Erneuerung sind bisher gescheitert.

Der gegenwärtige Erziehungsminister ist ein Physiker: Claude Allègre, der mit Premierminister Lionel Jospin seit dem Kampf der Linken zugunsten der Unabhängigkeit Algeriens eng befreundet ist. Allègre hat oft erklärt, er wolle die Erziehungsverwaltung schlanker machen, und konnte auf das Vertrauen Jospins bauen. Durch niederschmetternde Analysen des Systems hat sich Allègre allerdings den Haß seiner Untergebenen zugezogen, die nunmehr seine Absichten konterkarieren und damit Reformwege erneut blockieren. Für die immer offener hervorbrechende Gewalt an den Schulen ist damit noch immer kein Heilmittel gefunden worden, so daß der Polizeieinsatz auf Schulhöfen inzwischen schon zum Alltag geworden ist. Bisher sind alle Vorschläge Allègres, konkrete Lösungen anzustreben, ohne Echo seitens der Gewerkschaften des Erziehungswesens geblieben.

Die französischen Staatseliten, die sich noch recht genau an den 68er Aufruhr erinnern, üben strikte Zurückhaltung gegenüber den Lehrern und ihren Gewerkschaften, zumal deren Stimmen für die 2002er Präsidentenwahl benötigt werden ...

In diesem Vorwahlklima, das auch noch im Bann der Gemeindewahlen des nächsten Jahres steht, wurde der Plan Allègres zur Bekämpfung der Gewalt in der Schule schnell vergessen. Danach wollte der Minister 7000 Aufseher an den schwierigsten Schulen einsetzen und der Polizei jederzeitigen freien Zugang gewähren.

Die Tageszeitungen melden in der Tat nahezu regelmäßig Straftaten in den Schulen, die nachdrücklich belegen, daß die angestrebte multikulturelle Gesellschaft in Frankreich wie in anderen Ländern folgenschwere Probleme mit sich bringt. Die Wochenzeitung "Marianne" versuchte sich unlängst an psychologischen Deutungsmustern der Jugendkriminalität, ohne freilich die Krise Frankreichs seit dem Beginn der Ära Mitterrand gründlicher in einen Gesamtzusammenhang zu stellen. Ob der "professorale" Jospin, wie ihn die "Neue Zürcher Zeitung" unlängst titulierte, etwas unternehmen würde (falls er Staatsoberhaupt wird), damit der französische Staat funktionsfähig wird, bleibe dahingestellt.

Zur Zeit der Dritten Republik (1871–1940) waren die Lehrer "die schwarzen Husaren der Republik" und sehr stolz auf ihren Stand. Schon die Vierte Republik (1945-1958) und die Anfänge der Fünften zehrten nur noch von den ruhmreicheren früheren Zeiten.

Die Politisierung des Erziehungswesens und der schnelle Zuwachs der Schülerzahl haben aus diesen Lehrern einfache Beamte gemacht, die häufig auf ihre Rechte pochen und sich zu sehr in den Niederungen der Tagespolitik bewegen. Dadurch ist es kaum noch verwunderlich, wenn die Schulen der Republik ernten, was sie täglich säen.

Minister Allègre rief kürzlich zu einer Mobilisierung der Nation auf, um die Gewalt in der Schule zu bekämpfen: "Das Ziel ist die Erziehung, die Integration und die Chancengleichheit für alle Schüler". Obschon man den guten Willen Allègres nicht bestreiten kann, wäre er sicherlich überzeugender, wenn er nicht Minister der Kohabitation wäre, deren einziger gemeinsamer Wert die Furcht vor drastischen Maßnahmen ist.

Pierre Campguilhem / P. F.