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15.04.00 Stettiner Haff: Wohlfeile Wodka-Butterfahrten

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 15. April 2000


Stettiner Haff: Wohlfeile Wodka-Butterfahrten
Reedereien buhlen emsig um die Käufergunst

Die Touristen auf dem Anlegesteg des mondänen Seebades Heringsdorf auf Usedom freuten sich auf die Ausflugsfahrt nach Swinemünde. Es war die erste Fahrt des Tages, und aus Richtung Osten dampfte schon das Schiff der Adler-Reederei heran. Doch die über 200 Reisenden staunten nicht schlecht, als der Kapitän verkündete: Er habe unter Deck nur 270 Sitzplätze, aber schon 260 Passagiere an Bord. Hochkonjunktur also im Stettiner Haff zwischen Heringsdorf und Swinemünde. Was die verdutzten Touristen, die trotzdem in der Mehrzahl an Bord stapften, nicht wissen konnten: Auch die Polen haben die Vorteile der Butterfahrten entdeckt. Und Alkohol, Zigaretten, Schokolade sind auf den Dampfern billiger als in Polen zu erwerben.

Vielen Deutschen ist zwar bekannt, daß man in Polen günstig Zigaretten kaufen kann, die Stange je nach Marke so um die 25 DM. Kaum bekannt ist hingegen, daß der Alkohol dafür aber in Polen deutlich teurer als in Deutschland ist. Der Hit ist der polnische Wodka Zubrówka, der auf den Schiffen verkauft wird wie die berühmten warmen Semmeln. Ein Liter 40prozentiger Zubrówka kostet 11,99 DM – an Land, in Swinemünde, müßten die Polen für einen Liter umgerechnet rund 18 Mark zahlen. Aber auch Zigaretten sind auf den Dampfern billiger als in Polen. Ein Ausflug lohnt sich somit für eine polnische Familie.

So friedlich, wie es derzeit bei den Butterfahrten zwischen Heringsdorf und Swinemünde zugeht, ist es derzeit im Stettiner Haff nicht. Denn an der Ostsee ist die Adler-Reederei auf der Strecke zwischen den Drei-Kaiser-Bädern und Swinemünde derzeit noch der einzige Anbieter. Im Stettiner Haff hingegen liefern sich eine polnische Reederei und die Adler-Reederei, die ihren Sitz auf Sylt hat und die Anfang der neunziger Jahre ihr Geschäft auf Usedom aufbaute, einen regelrechten Krieg um die Butterfahrten. Dort starten jährlich rund zwei Millionen Kunden zum Einkaufsbummel – für die Reedereien ein lohnendes Massengeschäft. Besonders beliebt sind die Fahrten zwischen Altwarp und Neuwarp. Auf den Schiffen, die im bundesdeutschen Altwarp starten und die in Neuwarp anlegen, darf zollfrei eingekauft werden.

Die polnische Seite möchte, daß die Kapazitäten so verteilt werden, daß jede Seite die Hälfte bekommt. Nach derzeitiger Entscheidung der beiden Hafenbehörden können dort fünf Schiffe im Pendelverkehr eingesetzt werden. Wie aber teilt man die Zahl fünf gerecht? Die Adler-Reederei hat erst einmal ihr drittes Schiff zurückgenommen und hofft nun auf Unterstützung durch das Landwirtschaftsministerium. Die Reederei habe erst einmal rund 40 Leute in Kurzarbeit geschickt.

Erhält der Betrieb nicht innerhalb der nächsten drei Wochen grünes Licht, dann müsse man die 40 Mitarbeiter entlassen.

Landwirtschaftsminister Rolf Eggert (SPD) verhält sich ruhig. Er wolle sich zu dem Vorwurf, die polnische Seite habe "dirigistisch" in einen eigentlich offenen Wirtschaftsmarkt eingegriffen, zurückhaltend verhalten. RL