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22.04.00 Bundesverwaltungsgericht: Allah in Berliner Klassenzimmern

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 22. April 2000


Bundesverwaltungsgericht: Allah in Berliner Klassenzimmern
Mit einem Grundsatzurteil den Islam-Unterricht erstritten

Das im Februar ergangene Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes, nach dem die "Islamische Föderation" künftig in Berliner Schulen Islam-Unterricht erteilen darf, hat das Tor in Richtung multikulturelle Gesellschaft ein gutes Stück weiter aufgestoßen. Besonders bedenklich erscheint in diesem Zusammenhang, daß sich ausgerechnet die vom Verfassungsschutz als "fundamentalistisch" eingestufte "Islamische Föderation" per Gerichtsurteil den Weg in die Schulen erstritten hat.

In diesem Zusammenhang sei nur der ehemalige Berliner Innensenator Borttscheller (CDU) zitiert, der im Zusammenhang mit der "Islamischen Föderation" folgendes ausführte: "Die Islamische Föderation gehört wie andere an der Islamwoche (21.–28. September 1997 in Bremen) beteiligte Einrichtungen zum Umfeld der ‚Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs‘, die die stärkste islamisch-fundamentalistische Organisation in Deutschland ist. Was mich an diesen Gruppen stört, ist (...), daß man sich nicht scheut, sich offen antisemitisch und abfällig über die Demokratie zu äußern."

Hier zeigen sich ganz klar und deutlich die Auswirkungen des Urteils des Bundesverwaltungsgerichtes: Es verschafft verfassungsfeindlichen islamisch-fundamentalistischen Gruppierungen den Zugang zu staatlichen Schulen. Ein gewöhnlicher Verein, nämlich die sogenannte "Islamische Föderation", wird zu einer anerkannten Religionsgemeinschaft aufgewertet und damit der evangelischen und katholischen Kirche gleichgestellt. Hier liegt denn auch der eigentliche Dammbruch: Wenn es wirklich ausreicht, daß sich die Mitglieder eines Vereins zu einer Religion mit ihren Quellen bekennen, um einen Rechtsanspruch auf eigenen Religionsunterricht zu erhalten, dann wird man in Zukunft keiner noch so fragwürdigen Religionsgemeinschaft mehr das Recht auf Unterricht verwehren können.

Viel gewichtiger aber ist die Überlegung, daß es ein funktionierendes Staatswesen nur geben kann, wenn die Staatsbürger ein Mindestmaß an Identifikation mit dem Staat, in dem sie leben, aufbringen. Diese Identifikation garantiert den Zusammenhalt einer Gesellschaft. Der immer weiter voranschreitende Zerfall der christlich-abendländischen Werteordnung hat bereits zu signifikanten Erosionserscheinungen des deutschen Gemeinwesens geführt. Ein nichtchristlicher oder ein anders ausgerichteter ethischer Religionsunterricht an staatlichen Schulen wird diese Erosionstendenzen weiter befördern. Es kann nicht der Sinn staatlicher Schulen sein, allen mit unserem Grundwertekonsens in Konkurrenz stehenden Überzeugungen ethischer oder religiöser Natur an staatlichen Schulen ein Forum einzuräumen.

Wenn dennoch mit Vehemenz von linksliberaler Seite die Forderung, Islamunterricht an staatlichen Schulen zu erteilen, erhoben wird, dann ganz offensichtlich aus der Überlegung heraus, das christlich geprägte deutsche Gemeinwesen weiter in Richtung "multikulturelle Gesellschaft" aufzulösen. Der Göttinger Sozialwissenschaftler Bassam Tibi hat darauf verwiesen, daß der "Multikulturalismus" in den USA inzwischen als Bedrohung des amerikanischen Gemeinwesens empfunden wird, weil zu seinen Konsequenzen "The Disuniting of America" gehöre. Tibi sagt ganz deutlich: Die Kritik an der "multikulturellen Gesellschaft" ist noch lange kein Plädoyer für eine ethnisch homogene Gesellschaft. Diese Kritik wendet sich vielmehr gegen die mit einer "multikulturellen Gesellschaft" einhergehende Werterelativierung und die damit zusammenhängende Aufgabe unserer christlich-abendländischen Leitkultur. Der Werterelativismus gehört eben zwingend zum Wesen der Multikulturalität. Wer diese Werterelativierung als "Toleranz", "Pluralismus" oder als zwingende Folge von sogenannten "Modernisierungsprozessen" verniedlicht, der macht sich mitschuldig an einer voranschreitenden Werte-Beliebigkeit.

Es geht also im Kern um die Frage, ob der bisherige Wertekonsens weiterhin prägend für die bundesdeutsche Gesellschaft bleibt oder eben nicht. Wer heute ja zum Islamunterricht an staatlichen Schulen sagt, der muß sich zwangsläufig einer Logik unterwerfen, an deren Ende die Auflösung der Wertorientierungen unseres Gemeinwesens steht. In der Frage des Islamunterrichts geht es also nicht um "Toleranz" oder "Intoleranz", sondern darum, ob wir Deutsche die Werte, die sich in fünfzig Jahren Bundesrepublik bewährt haben, behaupten wollen oder nicht.

Stefan Gellner