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29.04.00 Agnes Miegel und die Ehrendoktorwürde

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 29. April 2000


Vorgeschichte untersucht
Agnes Miegel und die Ehrendoktorwürde

Eine mutige Tat der Fakultät" nannte das Morgenblatt der "Hartungschen Zeitung" die Verleihung der Ehrendoktorwürde der Königsberger Albertus-Universität an Agnes Miegel, "denn es war durchaus noch nicht allgemein, daß ein ,Unstudierter‘ und dazu noch eine Frau um allgemeiner Verdienste willen den Doktortitel erhält". Aus Anlaß der Kantfeier am 22. April 1924 promovierte die Königsberger Universität 13 Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ehrenhalber, darunter den schwedischen Archäologen Oskar Algreen, den unermüdlichen Leiter der Wiederherstellung der Marineburg Bernhard Schmid, den Kantforscher Arthur Warda – und die Dichterin Agnes Miegel. Sie, die "festverwurzelt in ostpreußischem Wesen", habe "in ihren Balladen und lyrischen Gedichten reiche Lebensfülle und tiefe Heimatliebe mit meisterhafter Kraft gestaltet" und erhalte die Ehrendoktorwürde "in Anerkennung ihrer Bedeutung für das deutsche Schrifttum", hieß es in der Begründung der Philosophischen Fakultät.

Agnes Miegel nun aufgrund dieser Ehrung als verdiente Heimatschriftstellerin einzuordnen wird ihr sicher nicht gerecht. Siegfried von der Trenck, Jurist und Dichter aus Königsberg, urteilte schon 1926/27 in "Eckart – Ein deutsches Literaturblatt": "Jedes Wort von ihr enthält zwar ostpreußische Luft, aber jedes Wort ist auch von allgemeingültiger Menschlichkeit. Nie wird das Milieu Selbstzweck, im Genteil, etwas Fremdartiges, Wundersames, schlanke, graziös-eigenwillige Melodien und ungeheure Bewußtheit mitten in der Trunkenheit brechen durch, wie man sie keinesfalls als ostpreußisches Allgemeingut ansprechen kann. Die Heimat, von der sie spricht, ist jedermanns Heimat und doch wieder ganz einzigartig unsere und ihre." Freunde und Verehrer freuten sich mit ihr über diese Auszeichnung, der am Abend ein festliches Essen in der Wohnung am Domplatz folgte, wie Miegel-Biographin Anni Piorreck zu berichten weiß. "Die Professoren Ziesemer und Jenisch mit ihren Frauen nahmen daran teil, und es wurde zu einem Symposion, nicht zuletzt durch den Tanz, mit dem die schöne temperamentvolle Martha Jenisch, die Tochter des Schauspielers Paul Wegener, den Abend krönte."

"Voller Würde und nicht ohne Stolz trug Agnes Miegel in der ersten Zeit ihren Doktortitel" – später aber bekannte sie: "Ach, ich hatte ja keine wissenschaftlichen Werke geschaffen – ich bekam den Doktortitel aufgrund meiner Gedichte. Und ich war deshalb stets so etwas wie ein uneheliches Kind der alma mater, aber wie die meisten unehelichen Kinder habe ich die Mutter sehr geliebt!"

Wie es zur Verleihung der Ehrendoktorwürde an Agnes Miegel kam, welches Ansehen ihr Werk in der zeitgenössischen Literaturkritik genoß, haben Helga und Manfred Neumann in ihrer Schrift Agnes Miegel – Die Ehrendoktorwürde und ihre Vorgeschichte kritisch beleuchtet (Königshausen & Neumann, Postfach 6007, 97010 Würzburg. 160 Seiten mit einem Anhang ausgewählter Balladen und ihrer Vorlagenstoffe, brosch., 29,80 DM) und dafür eine Fülle von bislang nicht ausgewertetem Rezensionsmaterial aufgearbeitet. os