25.04.2024

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13.05.00 Das Fürstentum Liechtenstein steht unter dem Einfluß der Globalisierungsmächte

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 13. Mai 2000


Gleichstellungsversuche: Nur ein Eldorado für Geldwäscher?
Das Fürstentum Liechtenstein steht unter dem Einfluß der Globalisierungsmächte

Seit November 1999 steht das 160 Quadratkilometer große Fürstentum Liechtenstein im Hagel internationaler Kritik. Laut einem Geheimbericht des Bundesnachrichtendienstes (BND) soll der Miniaturstaat zwischen Österreich und Schweiz zu einem Eldorado für Geldwäscher aus der Mafia-Szene geworden sein. Liechtenstein zählt ca. 30 000 Briefkastenfirmen und drei Banken, was ein Hinweis darauf ist, daß in diesem Staat viel Geld zusammenfließt.

Die Attraktivität Liechtensteins für Anleger aus aller Welt liegt vorrangig in seinem Bankgeheimnis begründet. Neben der Schweiz ist Liechtenstein eines der wenigen Länder, das die Pflicht zur Geheimhaltung der Banken zum öffentlich-rechtlichen Gebot erhoben haben. Konkret heißt dies, daß jede Information, die einer Bank beim geschäftlichen Kontakt mitgeteilt wird, der Geheimhaltung unterliegt. Dazu gehören nicht nur Kenntnisse, die die Bank aus Nachforschungen über den Kunden, durch Schlußfolgerungen aus seinen Auskünften oder aus ihrer Tätigkeit über den Kunden erlangt hat, sondern auch Informationen über private und persönliche Dinge. Einzelheiten über Geschäftspartner, Verwandte oder Bekannte des Bankkunden, die der Bank zugänglich gemacht werden, unterliegen ebenfalls dem Bankgeheimnis.

Die Kritik der EU und der USA macht sich insbesondere am Institut des Berufsgeheimnisträgers fest. Dieses wurde aufgrund folgender Überlegung geschaffen: Es kann den Interessen oder dem Sicherheitsbedürfnis eines Investors zuwiderlaufen, wenn er einer Bank seine Identität preisgeben muß. In einer derartigen Situation greift in Liechtenstein die sogenannte Sorgfaltspflichtvereinbarung, die die liechtensteinischen Banken mit der Fürstlichen Regierung unterzeichnet haben. Diese sieht die Einschaltung eines Berufsgeheimnisträgers vor, die von Liechtensteinischen Rechtsanwälten, Treuhändern oder Vermögensverwaltern gestellt werden, die im Auftrag des Investors eine juristische Person gründen oder betreuen. Auf diese Weise kann der Investor seine Anonymität aufrechterhalten. Gegenüber der Bank tritt der Geheimnisträger als Organ der Gesellschaft auf. Bei der Kontoeröffnung muß dieser allerdings eine schriftliche Erklärung abgeben, daß ihm die Identität seines Auftraggebers bekannt ist. Diese Erklärung umfaßt die Versicherung, daß dem Geheimnisträger "bei aller zumutbaren Sorgfalt kein Umstand bekannt ist, der auf eine mißbräuchliche Inanspruchnahme des Bankgeheimnisses durch den Kunden bzw. wirtschaftlich Berechtigten – insbesondere auch deliktischen Erwerb der in Frage stehenden Vermögenswerte – hinweisen würde".

Dieser Passus wird in der laufenden Kampagne gegen Liechtenstein als "Hauptübel des Liechtensteinischen Systems" verortet. Es stelle, so der "Spiegel" (45/99), eine "Einladung zur Geldwäsche" dar. Das BND-Dossier, das der Bundesregierung vorliegt, will davon wissen, daß sich ein "Geflecht aus Beziehungen von hohen Beamten, Richtern, Politikern, Bankdirektoren und Anlageberatern" bei der "Abwicklung illegaler Geldgeschäfte im Auftrag internationaler Krimineller" gegenseitig unterstützt. Laut dem Wirtschaftsanwalt Erich Diefenbacher ermögliche das Liechtensteinische Recht, "absolut wasserdicht Vermögensdispositionen zu tarnen, wo nach außen nicht mehr erkennbar ist, wer Eigentümer und wer Begünstigter ist". In den meisten Fällen sei es unmöglich, so wird argumentiert, einem Anwalt oder Treuhänder nachzuweisen, er habe gewußt, aus welchen Quellen das von ihm verwaltete Geld stamme.

Was die EU und die USA von Liechtenstein erwarten, brachte Fürst Hans Adam II. von Liechtenstein, Staatsoberhaupt des Landes, auf den Punkt: Man erwarte von uns, "das wir die Steuern hinaufsetzen und das Bankgeheimnis aufheben. Gut, diesen Wunsch werden wir nicht erfüllen, da wird man sich mit abfinden müssen". Edmund Frick, Mitglied in der Treuhändervereinigung Liechtenstein, streitet die im BND-Dossier erhobenen Vorwürfe rundweg ab: "Die Anschuldigungen gegen gewisse Personen und Banken, gegen Leute, die ich kenne, die sind einfach völlig aus der Luft gegriffen und stehen leer im Raum, sie sind nicht substantiiert." Worum es im Kern wohl tatsächlich geht, ließ der ehemalige Chef der Liechtensteinischen Landesbank, der Schweizer René Kästli, durchblicken. Dieser behauptete, dem Fürstentum mangele es an Ressourcen, komplexe Fälle von Geldwäsche aufzuarbeiten. Liechtenstein müsse deshalb mit der Schweiz oder mit internationalen Revisionsgesellschaften zusammenarbeiten und seine Souveränitätsansprüche hintanstellen.

Mit anderen Worten: Die liechtensteinischen Vorstellungen zum Bankgeheimnis passen nicht in die globalisierte Welt und sollen deshalb "internationalen Standards" angeglichen werden. Abzuwarten bleibt, ob und wie lange Liechtenstein dem internationalen Druck standhalten wird. Denn es kann keinen Zweifel darüber geben, daß nicht die möglichen und natürlich auch vorkommenden kriminellen Machenschaften den Grund für die Angriffe auf die Souveranität des Fürstentums bilden, sondern die erstrebte Gleichschaltung, die keine abweichende Gruppierung dulden kann. Stefan Gellner