25.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
13.05.00 In Moskau präsentiert der Geheimdienst eine makabre Beuteschau

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 13. Mai 2000


Rußland: "Erinnerung an den großen Sieg"
In Moskau präsentiert der Geheimdienst eine makabre Beuteschau

Pünktlich zum 55. Jahrestag des Sieges der "ruhmreichen Sowjetarmee im Großen Vaterländischen Krieg" wurde unlängst in Moskau eine makabre Schau des Triumphes eröffnet. Das, was der Geheimdienst FSB, das Außenministerium und das Armeemuseum unter dem Titel "Agonie des Dritten Reiches. Vergeltung" im Ausstellungssaal des Staatsarchivs in der Bolschaja Pirogowskaja zeigen, ist allerdings nicht mehr als eine fragwürdige Ansammlung von Trophäen dieses Sieges.

Die Exponate kommen aus dem Archiv der KGB-Nachfolgeorganisation, die zwischenzeitlich offensichtlich zum Geschichtsverein mutiert ist. Sie stammen angeblich alle aus der Reichskanzlei. Nach der Kapitulation Berlins konnte sich die Rote Armee hier reichlich bedienen. So zeigt die Geschichtsschau neben Möbelstücken, Papieren, Uniformen und diversen NS-Devotionalien auch Gegenstände aus dem persönlichen Besitz des "Führers". Ob dieser tatsächlich überhaupt jemals in deren Nähe gekommen ist, bleibt anzuzweifeln.

Zweifel sind vor allem hinsichtlich des zentralen Exponates angebracht. Unter Glas liegt, besonders gesichert, auf rotem Samt ein Schädelstück, das ein Einschußloch und weitere Verletzungen aufweist. FSB-Oberst Nikolai Micheikin, der Organisator der Schau, versichert, daß dies "mit 99,99 Prozent Sicherheit" ein Fragment von Hitlers Schädel sei. Sowjetische Offiziere hätten diesen Knochenfund seinerzeit vor dem Eingang zum Führerbunker gemacht.

Der Kanonendonner der Schlacht um Berlin war noch nicht verhallt, als Stalin den Befehl gab, mit allen Mitteln nach Hitler zu suchen. Immer und immer wieder wurden die Reichskanzlei und der Führerbunker durchsucht, wurden Hitlers Mitarbeiter vernommen, bevor sie für Jahre in sowjetischer Haft verschwanden. Doch Hitler hatte sich dem Zugriff seiner Feinde mutmaßlich durch einen Pistolenschuß entzogen, da er nicht "als Stalins Gefangener in einem Käfig in Moskau zur Schau gestellt werden" wollte. Nach mehr als einem halben Jahrhundert erweisen sich seine Befürchtungen plötzlich als berechtigt.

Im Garten der Reichskanzlei fanden Mitarbeiter der Spezialeinheit SMERSH unter einer dünnen Erdschicht menschliche Überreste, die bis zur Unkenntlichkeit verbrannt waren. Zusammen mit den Leichen der Familie Goebbels und der des Generals Krebs, die eindeutig identifiziert werden konnten, wurden sie unter strengster Geheimhaltung obduziert und Kiefer und Prothesen entnommen. Allerdings weist das Obduktionsprotokoll zahlreiche Ungereimtheiten auf. Diese sterblichen Überreste, die die russischen Militärärzte trotzdem als die Gebeine Hitlers und Eva Brauns identifizierten, gelangten schließlich auf vielen Umwegen nach Magdeburg, wo sie im Garten der SMERSH-Dienststelle vergraben wurden. Als das Gelände im Jahre 1970 geräumt wurde, gruben die Geheimdienstler die Knochen wieder aus und verbrannten sie auf dem nahen Truppenübungsplatz.

Dazu auch im Widerspruch steht das jetzt in Moskau zur Schau gestellte Schädelfragment, das erst im Mai 1946 gefunden worden sein soll, nachdem Stalin erneut befohlen hatte, nach seinem alten Gegenspieler zu fahnden. Doch auch hier sind Zweifel an dem Schädelfragment angebracht, das nach dem Urteil führender Gerichtsmediziner von einem jüngeren Menschen stammen muß. Zudem ist die Schußöffnung, wenn sie denn überhaupt eine solche ist, für das von Hitler verwendete Kaliber 7,65 zu klein.

So wie das Schlüsselexponat selbst fragwürdig ist, bleibt es auch die ganze Ausstellung. An den Wänden hängen deutsche und sowjetische Plakate, und unentwegt läuft ein Endlosvideo über die Schlacht um Berlin. Tatsächlich ist dies keine historische Ausstellung, die die Ergebnisse der Forschung reflektiert, denn ein seriöses didaktisches Konzept ist nicht erkennbar.

Mehr als ein halbes Jahrhundert nach dem Ende des Krieges will das krisengeschüttelte Rußland den damaligen Sieg nutzen, um nach innen und außen ungebrochenes Selbstbewußtsein zu demonstrieren. Groß ist die Enttäuschung darüber, daß das Land, das eigentlich zu den Siegern der Geschichte gehören sollte, heute in vielfacher Hinsicht in Schwierigkeiten steckt und auf Unterstützung durch den einst Besiegten angewiesen ist. Vizepremierministerin Walentina Matwijenko wünscht sich, daß alle Russen die Trophäenschau besuchten, "um sich an den großen Sieg über Hitler-Deutschland zu erinnern".