20.04.2024

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13.05.00 Kultur:

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 13. Mai 2000


Kultur:


Leipzig – Stadt der Literatur
Vom Wirken berühmter Dichter in der alten Messemetropole

Als einen neuen Rekord bezeichneten Pressemeldungen die rund 60 000 Besucher der diesjährigen Leipziger Buchmesse. 1934 Aussteller aus 30 Ländern hatten ihre Neuerscheinungen einem interessierten Publikum präsentiert. Nach Frankfurt hat sich Leipzig zur größten europäischen Buchmesse entwickelt.

Leipzig und Bücher, Leipzig und Schriftsteller – das hat eine lange Tradition. 1481 wird dort das erste Buch gedruckt. 1300 Titel waren es bis 1530 – liturgische Drucke ebenso wie theologische, philosophische, juristische, mathematische, aber auch erste Werke zur Reformation. Ab 1594 wurde der erste Katalog zur Buchmesse herausgegeben. In Leipzig erschien 1660 die erste Tageszeitung der Welt, 1682 die erste Gelehrten-Zeitschrift. 1853 wurde dort "Die Gartenlaube" gegründet. Der erste Musikverlag der Welt, Breitkopf & Härtel, hatte seinen Sitz in Leipzig. Um 1900 zählte man bereits 144 Buchdruckereien im Graphischen Viertel, östlich des Stadtzentrums gelegen.

Die Bibliothek der 1409 gegründeten Universität birgt überaus wertvolle Bestände. Mag es an dieser Vielfalt liegen, daß aus allen Teilen Deutschlands Studenten nach Leipzig kamen? Paul Fleming, der bedeutende Lyriker des Barock, besuchte die Thomasschule und studierte Medizin in Leipzig, Christian Fürchtegott Gellert studierte Theologie, Philosophie und Literatur, Friedrich Gottlieb Klopstock ebenfalls Theologie wie auch Gotthold Ephraim Lessing. Goethe nahm ein Jurastudium auf, Jean Paul, Novalis, Theodor Körner ... die Reihe ließe sich fortsetzen.

Zu den Besuchern der Stadt, die sich längere Zeit dort aufhielten, gehörte neben dem Ostpreußen Gottsched (siehe auch Folge 14) auch Friedrich Schiller, der 1785 einer Einladung Körners nach Leipzig folgte. Im Obergeschoß des jetzigen Schillerhäuschen an der Menckestraße arbeitete er am "Don Carlos" und schrieb die erste Fassung seiner Ode "An die Freude". 1801 wurde seine "Jungfrau von Orleans" in Leipzig uraufgeführt.

Unter den bedeutenden Söhnen der Stadt findet man neben Richard Wagner (siehe auch Folge 18) den 1646 geborenen Philosophen Gottfried Wilhelm von Leibnitz, der sich für die Pflege und Verbesserung der deutschen Sprache einsetzte. 1655 wurde Christian Thomasius in Leipzig geboren; er gab seit 1688 mit den "Monatsgesprächen" das erste Rezensionsorgan in deutscher Sprache heraus. Johann Friedrich Kind, geboren 1768, schrieb u. a. das Libretto zu Webers "Freischütz". Der Arzt, Philosoph und Schriftsteller Carl Gustav Carus, geboren 1789, war eng mit Goethe befreundet; ihm verdanken wir bedeutende Schriften über den Dichterfürsten. Richard von Volkmann, geboren 1830 in Leipzig, benutzte als Lyriker und Erzähler das Pseudonym Richard Leander; als Arzt machte er sich einen Namen mit der Einführung antiseptischer Wundbehandlung und in der modernen Orthopädie. Carl Sternheim, Leipziger des Jahrgangs 1878, schrieb u. a. die Komödien "Bürger Schippel" oder "Die Hose". Die Erzählungen von Arthur Heinz Lehmann, geboren 1909, über den Hengst "Maestoso Austria" und die Stute "Deflorata" werden noch heute gern gelesen.

Goethe und Schiller, Gottsched und die Neuberin, Wagner oder Leibnitz – Namen, die aus der deutschen Kulturgeschichte nicht wegzudenken und die eng mit Leipzig verbunden sind, der Stadt, in der sich am 10. und 11. Juni die Ostpreußen zu ihrem Deutschlandtreffen zusammenfinden. Silke Osman



"Kein harmloses Leben"
Essays über Kant und die Berliner Aufklärung

An diesem Wochenende schließt in Berlin eine Ausstellung ihre Pforten, die sich mit Immanuel Kant und der Berliner Aufklärung beschäftigte. Die Ausstellung in der Staatsbibliothek präsentierte dem Besucher so manches seltene Exponat, unter denen vor allem das "Opus postumum" Aufsehen erregte. Dieses unvollendet gebliebene Manuskript zählt zu den bedeutendsten Werken des Philosophen aus Königsberg, das die Wissenschaft sicher noch lange in seinen Bann ziehen wird. Kein Wunder also, wenn sich Dina Emundts, Mitarbeiterin am Institut für Philosophie an der Humboldt-Universität Berlin und Herausgeberin des zur Ausstellung erschienenen Begleitbuchs (Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz. Dr. Ludwig Reichert Verlag Wiesbaden. 230 Seiten, zahlr. sw und farbige Abb., bis 30. Juni 59,80 DM, ab 1. Juli 78 DM) in ihrem Beitrag zum Begleitbuch eingehend mit dem "Opus postumum" befaßt und der Frage nachgeht: "Warum mußte Kant noch ein Werk schreiben?" – Wollte er gar seine Kritische Philosophie revidieren?

Das Begleitbuch verzichtet bewußt darauf, die einzelnen Exponate zu beschreiben; auf diese Weise ist eine Publikation entstanden, die weit über die Ausstellungsdauer Bestand haben wird. In den auch für den Laien durchaus lesenswerten Essays gehen die fachkundigen Autoren auf die thematischen Schwerpunkte der Ausstellung ein. So liest man u. a. über Kants Beziehungen zu den Aufklärern in Berlin, über die preußische Zensur, der auch der Königsberger zum Opfer fiel, über die Auswirkungen der Französischen Revolution in Berlin und in Königsberg oder über Kants Haltung in der Frage religiöser Toleranz. Der Behauptung, Kants Leben sei eintönig verlaufen, sei er doch aus Ostpreußen nie herausgekommen, entgegnet Volker Gerhardt: "Wenn wir das Leben Kants in Verbindung mit seiner Lebensleistung sehen, dann verliert es augenblicklich alle Gleichförmigkeit und vor allem auch alle Harmlosigkeit, die man dem zurückgezogen lebenden Gelehrten so leichtfertig nachsagt." Diesem keineswegs "harmlosen Leben" begegnet man denn auch in diesem Buch. hm



Wenn sich der Kreis schließt
Nachdenken über die Nutzung von Schloß Schönhausen

Wie heißt es denn nun korrekt, das Schloß in Pankow bei Berlin, das wie kaum ein anderes die deutsche Geschichte widerspiegelt? Die einen sprechen von Schloß Schönhausen, die anderen von Schloß Niederschönhausen – gemeint ist ein und dasselbe Bauwerk, gelegen im Ortsteil Niederschönhausen in Pankow. Historisch korrekt muß es lauten: Schönhausen, nachzulesen in einer Urkunde vom 3. August 1740, in der Friedrich der Große verfügte, seiner Gemahlin Elisabeth Christine "Unser Schloß Schönhausen ... zu schenken ...". Möglichst weit weg sollte die ungeliebte Gattin sein. Die richtete sich dort denn auch mehr als ein halbes Jahrhundert häuslich ein, so daß man heute gern auch vom "weiblichen Sanssouci" spricht.

Viele namhafte Architekten ihrer Zeit – Johann Arnold Nering, Johann Friedrich Eosander v. Göthe und Johann Boumann – haben im Laufe der Jahrhunderte Umbauten an dem 1662 als Landsitz der Familie Dohna an der Panke angelegten Schloß vorgenommen. 1691 gelangte es in den Besitz des Kurfürsten Friedrich III., der von dort aus die Verhandlungen mit dem Hof in Wien führte. Verhandlungen, die dazu führten, daß er 1701 in Königsberg zum ersten König in Preußen gekrönt wurde.

Das Schloß Schönhausen, das nach dem Zweiten Weltkrieg als Sitz des Präsidenten der ehemaligen DDR, Wilhelm Pieck, und später als Gästehaus der DDR genutzt wurde, ist vom 19. bis 21. Mai Schauplatz der 14. Berliner Tage für Denkmalpflege (öffentliche Veranstaltung im Konferenzgebäude beim Schloß, Ossietzkystraße, kein Eintritt). Unter dem Motto "Kulturlandschaft Pankow entdecken" kann man sich über die geschichtliche Entwicklung des Bezirks informieren, seine aktuellen Probleme und seine ganz besondere Denkmallandschaft. Diskutiert werden soll auch die zukünftige Nutzung des Schlosses. – Ein Vorschlag hat da besonderen Reiz: die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg möchte dort die Sammlungen aus dem im Krieg zerstörten Schloß Dohna-Schlobitten in Ostpreußen unterbringen. Der Kreis würde sich auf wundersame Weise schließen. SiS



Musik aus fünf Jahrhunderten
Neue CD: Blarr spielt die Orgel von Passenheim

Herbert Brust, dessen 100. Geburtstages wir in diesen Tagen gedachten, hätte seine helle Freude an dieser CD gehabt. Nicht nur, weil sein "Land der dunklen Wälder", eingespielt auf einer Orgel erklingt, sondern auch weil die Orgel, die er meisterhaft beherrschte, zeit seines Lebens zu den Lieblingsinstrumenten zählte. – Ein anderer Meister der vielen Register ist der 1934 in Sandlack, Kreis Bartenstein, geborene und mit dem Ostpreußischen Kulturpreis ausgezeichnete Oskar Gottlieb Blarr. Der Kirchenmusiker und Komponist, der seit langen Jahren in Düsseldorf lebt, hat nun eine CD bespielt, die Musikstücke aus fünf Jahrhunderten präsentiert. Kompositionen wie die Danziger Tabulatur (1591), die Mohrunger Tabulatur von Johannes Fischer (1595) und die Olivaer Tabulatur von Petrus de Drusina (1619) sind ebenso darauf zu hören wie Melodien von Heinrich Albert (1604–1651), Abel Ehrlich (geboren 1915 in Cranz) oder von Blarr selbst.

Gespielt wurden die Stücke auf der Orgel der evangelisch-lutherischen Kirche in Passenheim, Kreis Ortelsburg, einem kleinen Städtchen am Großen Kalbensee. Die ersten Angaben zur Orgel stammen aus dem Jahr 1705; erbaut wurde sie von dem berühmten Johann Josua Mosengel. In der Vergangenheit restauriert und erweitert, verstummte die Orgel nach dem Zweiten Weltkrieg. Erst 1993 wurde sie durch eine Initiative von Oskar Gottlieb Blarr und Wiktor Lyjak und finanziert von der Stiftung für Deutsch-Polnische Zusammenarbeit wieder aufgebaut. "Die Orgel erhielt eine mechanische Traktur und die traditionellen Klappwindladen (wie zu Zeiten Mosengels). Um Konzertansprüchen zu genügen, wurde die Orgel mit 23 Klangregistern ausgestattet", erläutert Blarr in dem Booklet zur CD, die über Margret Blarr, Poststraße 19, 40213 Düsseldorf, zu beziehen ist (30 DM, zuzügl. Versandkosten). Mit dem Überschuß aus dem Erlös der CD soll der Altar in der Kirche von Passenheim restauriert werden. os