24.04.2024

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27.05.00 Gedächtnislücken im Brandenburger Landtag

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 27. Mai 2000


Potsdam: Sagten kein einziges Wort
Gedächtnislücken im Brandenburger Landtag

Als im Zuge der Wende in Europa auch eine Entscheidung über die deutschen Ostprovinzen anstand, da versuchte die damalige CDU/CSU-FDP-Bundesregierung ihre Politik der Anerkennung der sogenannten "polnischen Westgrenze" mit der Aussage zu rechtfertigen, im Zuge der Osterweiterung der Europäischen Union werde man das "Recht auf die Heimat" realisieren und die Vertriebenen könnten in ihre Dörfer und Städte heimkehren.

Doch dieser Gedanke, mit dem man sicher die Vertriebenen auch wahlpolitisch kaltschnäuzig anzusprechen hoffte, wurde in den vergangenen zehn Jahren immer seltener von den Politikern von CDU/CSU und FDP geäußert. Nun aber taucht dieser Gedanke unvermittelt wieder auf – im Landtag Brandenburgs. Denn die Fraktion der rechtsextremen DVU forderte dort eine Verschiebung der Osterweiterung der Europäischen Union. Dies allein erregte schon die Gemüter der Abgeordneten von CDU, SPD und PDS, besonders empört reagierten aber einige Volksvertreter, als die DVU forderte, daß im Zuge der Osterweiterung auch den deutschen Vertriebenen Gerechtigkeit widerfahren sollte.

In einer aktuellen Stunde diskutierten Mitte Mai die Landtagsabgeordneten in Potsdam zunächst "Chancen und Risiken der EU-Osterweiterung". Anschließend stimmte der Landtag über den Antrag der DVU über eine Aussetzung der EU-Osterweiterung ab. Die DVU begründete ihren Antrag hauptsächlich mit volkswirtschaftlichen Argumenten; die Beitrittskandidaten hätten die wirtschaftliche Beitrittsreife noch nicht erreicht. Ein weiteres Argument war das Vertreibungsunrecht; die DVU forderte die Aufhebung der Vertreibungsdekrete und ein Recht auf Eigentum und Heimkehr, erklärte die DVU-Abgeordnete Hesselbarth.

Redner der SPD, CDU und PDS wiesen den Vorstoß energisch zurück und warfen der DVU revanchistisches Denken vor. Es gehe nicht um die Wiederherstellung der Grenzen von 1939, sagte der SPD-Abgeordnete Manfred Lenz. Dabei blieb allerdings offen, ob der Sozialdemokrat aus Diffamierungsgründen oder aus Unwissenheit auf die Grenzen von 1939 abzielte. Der CDU-Abgeordnete Ehler warnte die DVU, sie solle die Toleranz und Weltoffenheit der Brandenburger nicht unterschätzen. In der Abstimmung lehnte eine große "Volksfront" von Abgeordneten von SPD, PDS und CDU den Antrag der DVU ab.

Wie aber kann es dazu kommen, muß man sich als politisch interessierter Deutscher fragen. Über die Rolle der DVU und ihre entsprechende Einbindung soll hier kein Wort verloren werden, sie ist sattsam bekannt. Aber sie hat in diesem Fall nur gefordert, was beispielsweise auch der Ehrenvorsitzende der CDU a. D., Dr. Helmut Kohl, jahrelang auch gesagt hat. Warum, so muß man fragen, ist denn kein Abgeordneter von SPD und CDU ans Rednerpult gegangen und hat erklärt, daß man zwar den Antrag der DVU ablehne, aber sehr wohl die Forderung nach Gerechtigkeit für die Vertriebenen unterstütze. Doch die Abgeordneten schwiegen und sagten kein einziges Wort. Hagen Nettelbeck