23.04.2024

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03.06.00 Gedanken zur Zeit: Großalarm im Bienenkorb

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 03. Juni 2000


Gedanken zur Zeit: Großalarm im Bienenkorb
Erstes Echo auf Gen-Manipulation
Von H. v. Leesen

Ein Städter mag mit der Schulter gezuckt haben, als er vor wenigen Tagen las, versehentlich sei gentechnisch verändertes Saatgut von Raps vor allem in Baden-Württemberg ausgebracht worden; in Kürze würden dort etwa 100 000 Pflanzen dieses manipulierten Rapses blühen. Zwar haben Umweltschutzorganisationen Alarm geschlagen, doch ist das Echo in der Öffentlichkeit gering. Auch der Bundesregierung ist das Problem offensichtlich weniger wichtig. Doch die Folgen der sich jetzt unkontrolliert ausbreitenden gentechnisch veränderten Rapspflanzen sind überhaupt noch nicht zu überblicken.

Der Wissenschaft ist es vor einer Reihe von Jahren gelungen, die Erbanlagen von Pflanzen und ihre Träger, die Gene, zu erforschen und sie gezielt zu verändern. Man will die Pflanzen durch Veränderung ihrer Erbanlagen gegen Schädlingsbekämpfungsmittel widerstandsfähig machen, so daß bei der Ausbringung dieser Mittel die Nutzpflanzen nicht geschädigt werden.

Warum ist eine Gen-Manipulation an Lebewesen so gefährlich? Die Antwort ist einfach: man weiß bisher nicht, wie sich veränderte Gene auf Tier, Mensch oder weitere Pflanzen auswirken. Wird etwa menschliches Erbgut durch gen-manipulierte Pflanzen oder Tiere unkontrollierbar verändert?

Bisher geht man optimistisch davon aus, daß ein Übergang von Gen-Sequenzen aus pflanzlichen Lebensmitteln auf die Mikroorganismen des Magen-Darm-Traktes von Tieren und Menschen nicht stattfindet. Natürlich übt die Wirtschaft starken Druck aus, ihre mit Hilfe der Wissenschaft manipulierten Pflanzen in Umlauf zu bringen, doch stehen dagegen die starken Bedenken der Bevölkerung. Die meisten Menschen lehnen gentechnisch manipulierte Lebensmittel wegen der unbekannten Folgen ab. Bundeskanzler, Wirtschafts- und Forschungsminister sind hingegen Befürworter. Bemühungen, eine deutliche Kennzeichnung von Lebensmitteln, die gen-manipuliert sind, durchzusetzen, sind bisher gescheitert.

Jetzt ist unkontrolliert Gen-veränderter Sommerraps in Umlauf gekommen. Die Bundesregierung soll davon längst unterrichtet gewesen sein, ohne daß sie Alarm geschlagen hätte. Die Saatzucht-Firma Petersen in Lundsgaard bei Flensburg hat nichtsahnend die Rapssaat aus England von der britisch-niederländischen Firma Advanta Seeds gekauft, die es wiederum aus Kanada bezogen hat. (So ist es in der globalen Wirtschaftsordnung.) Bevor die Verunreinigung erkannt wurde, waren bereits 1,3 Tonnen des Saatgutes nach Süddeutschland ausgeliefert. Offensichtlich ist der Vorfall von der Bundesregierung bisher vertuscht worden. Jetzt befürchten Fachleute, daß es durch Fremdbestäubung zu einer weit verbreiteten Gen-Verseuchung kommen könnte. Daß sich Gen-Veränderungen von Raps auch auf Tiere übertragen, das hat kürzlich das Institut für Bienenkunde an der Friedrich-Schiller-Universität Jena unter der Leitung von Prof. Dr. Hans-Hinrich Kaatz nachgewiesen. Er untersuchte Bienen, die auf gen-manipuliertem Raps "geweidet" hatten, und kam in der Sendung "Planet. E." im ZDF zu dem Schluß: "Wir haben in dem ersten Jahr gefunden, daß in mehreren Bienen solche gentechnisch veränderten Mikroorganismen vorhanden waren, die offenbar das Gen aufgenommen haben. Das waren Bakterien. Im Jahr darauf haben wir bei einer Hefe auch aus dem Bienendarm gefunden, daß diese scheinbar das Gen aus der Pflanze in ihr eigenes Genom aufgenommen hat." Das ist die Sensation! Die modizfizierten Rapsgene überspringen nicht nur die Artgrenzen von Pflanzen, sondern werden sogar von völlig andersartigen Organismen in deren eigene Erbmasse eingebaut. Welche Folgen das hat, ist völlig unbekannt.

Und ein weiterer Skandal: Das ZDF berichtete, daß angeblich das Forschungsministerium aufgrund der Forschungsergebnisse des Jenaer Bieneninstituts die finanziellen Mittel für weitere Bienenversuche sperren will.

Es fragt sich, welchen Effekt es hat, daß in der Bundesregierung das Umweltministerium von einem Grünen besetzt ist. Auch seine Partei hat sich zu diesem Skandal bislang nicht auffallend zu Wort gemeldet. Offenbar rücken Natur- und Umweltschutz bei den Grünen immer weiter in den Hintergrund zugunsten des Machterhaltes um jeden Preis. Unter diesen Umständen ist eine Umweltschutzpartei überflüssig.