19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
03.06.00 UNTERHALTUNG

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 03. Juni 2000


UNTERHALTUNG

Frühsommer in der Heimat
Von MARGOT MICHAELIS

Maiglöckchen blühten

erst im Juni –

Nachtigallen

gab es nicht –

der Sprosser sang

im Fliederstrauch –

ein Habicht kreiste

über dem Hof –

 

Länderspiel mit Hindernissen
Von WILLI WEGNER

Als noch nicht fast jeder einen Fernsehapparat besaß, war Fernsehen eine schöne Sache. Vor allem bei Fußball-Länderspielen. Und man hatte viel mehr Freunde als heutzutage …

Gerade als der Schiedsrichter das Spiel angepfiffen hatte, kamen Adalbert und Wilfried hereingestürzt. "Wie steht’s?"

"Noch null zu null!" erwiderten Harry, Gustav, Jürgen, Walter und Egon wie aus einem Munde.

"Setzt euch da in die Ecke auf die beiden Bücherstapel", sagte ich. "Stühle sind keine mehr da."

"Niemals", schrie Jürgen plötzlich, "niemals war das Abseits! Der Schiedsrichter ist eine Flasche!"

"Wie sieht’s denn mit Bier aus?" fragte Harry.

"Ich hole gleich welches herauf!" sagte ich und verteilte ein halbes Dutzend Aschenbecher im Zimmer. Dann ging ich in den Keller. Als ich wieder zurückkam, brandete mir stürmischer Beifall entgegen. Alle schrien durcheinander: "Ein Klasse-Tor! Spitzer Winkel! Eins zu null!

"Für wen?" erkundige ich mich.

"Wieso? Für uns natürlich! Paßt du denn überhaupt nicht auf?"

Ich stellte jedem meiner Freunde eine Flasche Bier hin. Als sämtliche Flaschen geöffnet waren und ich "Prost, Freunde! Auf ein schönes Spiel!" gesagt hatte, fiel das zweite Tor. Aber nicht für uns.

"Abseits!" rief Wilfried. "Der Schiedsrichter hat Tomaten auf den Augen!"

Doch es war kein Abseits. Es stand eins zu eins.

Nun legten sich unsere Spieler aber mächtig ins Zeug. Gute Querpässe, herrliche Kombinationen. Wir hatten jetzt mehr vom Spiel. Ich auch. Ich hockte neben der Tür auf einer umgestülpten Blumenvase und hatte einen verhältnismäßig guten Ausblick auf einen Teil der rechten Hälfte des Bildschirms. Ich saß keine drei Minuten, als mein Nachbar, der Zahnarzt, hereinsah. "Haben Sie auch so ein schlechtes Bild?", fragte er. "Oh nein, ich sehe schon – Sie haben ein recht gutes Bild. Bei mir ist es so verschwommen. Eins zu eins noch, ja?"

"Ja, eins zu eins. Wenn Sie sich einen Augenblick auf diese Vase setzen möchten?" Er saß bereits. Ich aber lief in den Keller hinunter und holte noch eine Flasche Bier für den Zahnarzt herauf. Als ich wieder ins Zimmer trat, stand es zwei zu eins. Für die anderen.

"Dieses Tor eben hätten Sie sehen sollen!" sagte der Zahnarzt. "Ein Klasse-Tor!"

Ich hockte mich zwischen Egon und Jürgen auf den Fußboden, als das Telefon klingelte.

Ich stand auf und nahm den Hörer ab. "Tante Agathe, du?!" rief ich. "Von wo rufst du denn an? Wie – du bist hier? Eben angekommen? Im Wartesaal?" Das hatte mir gerade noch gefehlt. "Wie? Jetzt? Du, Tante Agathe, weißt du, das geht schlecht! In zwei Stunden ungefähr hole ich dich ab, ja? – Nein, ich habe nämlich gerade meinen Steuerhelfer hier. – Wie? Mehre Stimmen? Ja, es sind zwei Steuerhelfer, weißt du … Nicht böse sein. Tantchen. Vielleicht schaffe ich’s schon in anderthalb Stunden … – Ja, natürlich geht’s mir gut."

Wieder auf dem Fußboden hockend, konnte ich mich kaum mehr auf das Spiel konzentrieren. Schließlich ist Tante Agathe die einzige Erbtante, die ich habe.

"Hast du noch Bier im Keller?" erkundigte sich Jürgen. Wenn man schon Gäste hat, soll man sie auch wie Gäste behandeln. Also ging ich wieder nach unten.

Als ich schwer beladen wieder nach oben kam, stand es zwei zu zwei. Für beide! Dem Vernehmen nach war es ein Klasse-Tor! Auf dieses schöne Ausgleichtor stießen wir alle mit den Flaschen an. Danach setzte ich mich wieder zwischen Egon und Jürgen auf den Fußboden. Nun konnte ich mich mal richtig dem Spiel widmen. Da kam der Halbzeitpfiff.

Die zweite Halbzeit begann mit einer Bildstörung und dem freundlichen Hinweis, daß man um etwas Geduld bitte.

Als das Bild wieder da war, stand es drei zu zwei. Für uns! Ein Klasse-Tor wahrscheinlich! Wenig später pfiff der Schiedsrichter das Spiel ab, und wir tranken auf den Sieg unserer Mannschaft.

Strahlend zogen meine Freunde von dannen, kehrten heim in ihre schönen gepflegten Wohnungen. Ich indessen räumte in aller Eile mein Zimmer auf und fuhr auf dem schnellsten Wege zum Bahnhof …

Tante Agathe saß vor ihrer fünften Tasse Kaffee und empfing mich mit den Worten: "Schade, daß du gerade die Steuerhelfer zu Besuch hattest. Ich habe nämlich extra einen Zug eher genommen, um mir bei dir das Länderspiel anzusehen!"

 

Sommerwind
Von KARL SEEMANN

Gelbe Windesflut,

die Korallen der Schatten,

Kastanienbäume im Blut,

dem mittäglich satten.

Fächeln im Halbschlaf:

ein Rot und ein Grau;

des Schaumkrautes Küsten

unter sterbendem Blau.

In kurzen Pausen

verebbt die Flut,

wenn das Licht im Schatten

der Wälder ruht.

Nur deine Hand, die schmale,

im Mittagsraum,

richtet die Blumenschale,

den Sommertraum.