25.04.2024

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01.07.00 In Layß bei Mehlsack entsteht ein neues Freilichtmuseum

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 01. Juli 2000


Traktoren und Krokodile
In Layß bei Mehlsack entsteht ein neues Freilichtmuseum
Von Brigitte Jäger-Dabeck

Malerisch steht ein alter Ziehbrunnen neben der Bauernkate, nicht weit entfernt der kleine Dorfteich, einige landwirtschaftliche Geräte aus einer anderen Zeit sieht man, eine typisch ostpreußische ländliche Idylle. Nur die verräterisch jungen Bäume weisen darauf hin, daß hier ein Freilichtmuseum neu angelegt wird. Ein Stück bäuerlicher Kultur des Ermlandes soll hier in Layß bei Mehlsack bewahrt werden.

Die Initiatoren und gleichzeitig Ausführenden des Vorhabens sind Mitglieder der "Agrotouristischen Gesellschaft" des Mehlsacker Gebiets. Das Gelände für das Museum stellte ein Vereinsmitglied, der Bildhauer Stanislaw Chorazyczewski, zur Verfügung.

Von der ersten Idee über die Planung, die Sicherstellung der Finanzierung, bis zur Durchführung der Arbeiten lag das ganze Projekt ausschließlich in den Händen des Agrotouristischen Vereins. Die Grundidee hinter dem Projekt ist, durch Selbsthilfe den Mehlsacker Raum interessanter für Touristen zu machen und über die Verbindung zwischen dem Freilichtmuseum der bäuerlichen Lebenskultur und Ferien auf dem Bauernhof einen Bogen zu schlagen zwischen ermländischer Tradition und dem Angebot der heutigen Bewohner.

Folgerichtig sollen neben der Museumsausstellung auf dem Gelände auch Produkte aus eigener Herstellung der Vereinsmitglieder feilgeboten werden. Vom Honig bis zur handgestrickten Tischdecke, diesem Muß an Reiseandenken, wird die Palette reichen.

Aus einem kahlen Feld habe man durch eigene Arbeit diese kleine Dorflandschaft geschaffen, erklärte die Vereinsvorsitzende Ewa Byczuk der polnischsprachigen Tageszeitung "Gazeta Wyborcza". Erst wurde der Brunnenschacht gebohrt, dann der Teich ausgehoben, anschließend 450 junge Bäume gesetzt. Kein Tag verging seit der Inangriffnahme des Projekts, an dem nicht wenigstens einige Vereinsmitglieder auf dem Gelände tätig waren, während sich andere bereits um Exponate bemühten.

Die Mehrzahl der Ausstellungsstücke kauften die Organisatoren heutigen Mehlsacker Bürgern und Einwohnern aus den umliegenden Ortschaften ab, einen kleineren Teil bekamen sie als Leihgabe. Es fanden sich auch etliche freundliche Spender, die dem Freilichtmuseum wertvolle Gerätschaften stifteten. Obendrein konnten viele Mehlsacker Firmen für die Idee begeistert werden und halfen mit Rat, Tat und Geld.

Nachdem sich herauskristallisierte, welche Art von Exponaten verfügbar sein würde, fand sich auch schnell das endgültige Konzept. Aus der generellen Idee eines Freilichtmuseums zur ländlichen Lebenskultur der Region kristallisierte sich mit der Ausstellung landwirtschaftlich-technischer Gerätschaften die bäuerliche Arbeitswelt als ein Schwerpunkt des Mehlsacker Projektes heraus.

Da kam im Mai die Finanzspritze der Stiftung polnisch-deutsche Zusammenarbeit in Höhe von 30 000 Zloty gerade recht; die Fondsmittel wurden überwiegend für die Anschaffung historisch-landwirtschaftlicher Maschinen verwendet.

Pflüge, Getreidemäher, Dreschmaschinen, Häckselmaschinen, Mähbinder, Leiterwagen, Mühlsteine sowie diverse weitere Arbeitsmittel aus der Vorkriegszeit wird sich der Besucher ansehen können. Das wertvollste Exponat dieses Technikbestandes wird ein Vorkriegstraktor sein, der dem Museum von einem Landwirt aus der Umgebung geschenkt wurde.

Fast alle Maschinen stammen dabei aus der Mehlsacker Maschinenfabrik Schirrmacher. Besonders erfreut ist die Vereinsvorsitzende daher darüber, daß neben weiteren Gästen auch der frühere Besitzer der Fabrik, Herr Schirrmacher, aus der Bundesrepublik seine Teilnahme an der feierlichen Eröffnung Ende Juni zugesagt hat.

Zur Idee der Dokumentation ländlichen Lebens gehört natürlich auch eine Bauernkate, die schnell gefunden war und inzwischen auf dem Gelände aufgebaut wurde. Die Vereinsmitglieder haben sie mit allem ausgestattet, was zum Leben ostpreußischer Bauern gehörte, vom schlichten Mobiliar über Spinnrad und Webstuhl bis hin zu alten Krügen, Schüsseln und Bestecken. Prunkstück der Bauernstube wird eine der berühmten unverwüstlichen Vorkriegsausgaben der Singer-Nähmaschine sein. Unter der Abseite der Kate werden Kutsche und diverse Schlitten zu sehen sein; vor dem Haus Tränke und der pittoreske Ziehbrunnen. Sogar ein Winkel mit Bienenstöcken ist eingerichtet. Über allem weht am hohen, in der Mitte des Geländes stehenden Mast, weithin sichtbar die Flagge mit dem Mehlsacker Wappen.

Was dieses Mehlsacker Freilichtmuseum von anderen in der Region unterscheidet, ist aber nicht nur die Trägerschaft durch einen privaten Verein, sondern die Verbindung zur Kunst. Über das ganze Ausstellungsgelände verteilt sind Plastiken des Bildhauers und Vereinsmitglieds Chorazyczewski plaziert. Eine ganze hölzerne Ahnengalerie hat hier wirkungsvoll Raum gefunden. Am Tor lädt ein alter Herr Passanten zum Eintreten ein, ein anderer Holzmann mit Hut repariert gerade ein Wagenrad. Lebendigen Menschen täuschend ähnlich, haben die Plastiken schon manchen Vorbeikommenden zum Grüßen verleitet, berichtete Ewa Byczuk.

Aber weder die Holzahnen noch der hölzerne Storch auf der Wiese werden die Hauptattraktion sein. Der absolute Renner für die Kinder ist das hölzerne Krokodil am Teich, auf dem auch herumgeturnt werden darf. Kunst wird hier einmal nicht als hehres, unnahbar auf einem Podest stehendes Kulturgut präsentiert, sondern soll Spaß machen.

Ab Juli kann das "Skansen"-Museum (sämtliche Freilichtmuseen heißen so nach ihrem schwedischen Vorbild) in Layß, Kreis Braunsberg, täglich von 9 bis 20 Uhr besichtigt werden. Der Eintritt wird zwar grundsätzlich frei sein, der Verein bittet stattdessen um eine Spende für die Unterhaltung des Museums.