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29.07.00 Finnland streitet über eine Gedenkstätte in der Ukraine

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 29. Juli 2000


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Finnland streitet über eine Gedenkstätte in der Ukraine

Jahrzehntelang war die finnische Außenpolitik während des Zweiten Weltkrieges in der öffentlichen Debatte des Landes kein Thema. Erst seit der Auflösung der Sowjetunion und der zunehmenden Einbindung Finnlands in die EU wird auch dort die jüngste Vergangenheit "aufgearbeitet". Dabei kommt es zu bisweilen heftigen Diskussionen.

Der historische Hintergrund: Von Stalin zunächst massiv genötigt, dann am 30. November 1939 sogar militärisch angegriffen, wehrte sich das kleine Finnland gegen die Rote Armee, der sie im "Winterkrieg" heldenmütig standhielt. Schließlich mußte Finnland am 12. März 1940 im Frieden von Moskau Westkarelien und das Salla-Gebiet im Norden an den Aggressor abgeben. Seit Beginn des deutschen Rußlandfeldzuges verbündete sich Helsinki offiziell mit dem Deutschen Reich, mit dessen Unterstützung man ab Juni 1941 die von Stalin annektierte finnische Provinz Karelien zurückerlangte. Damals rekrutierte die Waffen-SS, ein im Verband der deutschen Wehrmacht kämpfender Verband, neben Freiwilligen aus vielen Völkern Europas auch solche aus Finnland. Die rund vierzehnhundert Soldaten wurden nach ihrer Ausbildung in deutschen Kasernen in der Ukraine und im Kaukasus stationiert.

Geplant ist, den Gefallenen jener Truppe nach einem halben Jahrhundert in Form einer Gedenkstätte, die zu Teilen aus dem Etat des Kultusministeriums finanziert werden soll, ein Andenken zu bewahren. Dies teilte der Staatssekretär des zuständigen Kultusministeriums, Häkki Rost, mit. "Es waren Soldaten und keine Kriegsverbrecher", so der Staatssekretär, "sie haben sich nichts zuschulden kommen lassen, was ihre soldatische Ehre beschmutzen könnte." Gideon Bolotowsky, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Helsinki, warf daraufhin dem Ministerium in der Presse "mangelndes Fingerspitzengefühl" vor.

Jakko Numminen, Vorsitzender des finnischen Kriegsopfer-Verbandes, sprang dem Ministerium bei: "Wir sind die von Moskau Angegriffenen gewesen und hatten das Recht auf unserer Seite. Wir haben in einem Akt nationaler Selbstbehauptung gehandelt." – Die Gedenkstätte diene "den Lebenden zur Mahnung, die Schrecken des Krieges nicht zu vergessen". Numminen bekräftigte die Auffassung seiner Regierung, daß es sich "bei unseren Toten um antikommunistische Kämpfer handelt und nicht um kriminelle Elemente". Das aber, so Bolotowsky, sei lediglich eine Vermutung. Der Verband der vormaligen Frontkämpfer finanziere sich zum Großteil aus Zuschüssen des Kultusministeriums in Höhe von umgerechnet 166 000 DM, von denen Mittel zur Errichtung der Erinnerungsstätte verwendet werden sollen. Den Finnen fehle es an Sensibilität im Umgang mit der NS-Geschichte in Europa. Der angebliche Grund: Der Großteil der hiesigen Bevölkerung begreife sich in der Rückschau unzutreffend als Opfer. Zutreffend sei, daß Helsinki ab 1941 den sowjetischen Feind im Osten gemeinsam "mit dem deutschen Aggressor aus dem Süden" zu bekämpfen gedachte. Hierbei habe sich die finnische Nation "mitschuldig" gemacht.

Für die finnische Öffentlichkeit sind derartige Diskussionen bislang ungewohnt. Die noch vorherrschende Auffassung sieht im Verhalten Mannerheim-Finnlands einen gesunden Pragmatismus, um die gefährdete Nation zu retten. Dies führte zu ungewöhnlichen Konstellationen: In der finnischen Armee dienten Kommunisten, die gegen ihre Genossen in der Sowjetunion antraten. Auch finnische Juden trugen damals die finnische Uniform. Erst zu Kriegsende wandte sich Finnland gegen die deutschen Truppen. Deutsche hätten bei ihrem Rückzug mehrere finnische Dörfer in Schutt und Asche gelegt. Damit habe Finnland, so die verbreitete Meinung, seinen Preis für die Kollaboration bezahlt.

Vertreter des Kriegsopfer-Verbandes werden indes in die Ukraine reisen, und das Ministerium zahlt. Auch während des finnischen EU-Vorsitzes änderte sich daran nichts. "Die Stätte wird gebaut werden", gibt sich Numminen zuversichtlich. Jedes normale Volk kümmere sich um seine gefallenen Soldaten. Kritiker aber fordern: "Das Ministerium muß seine Mittel zweckbinden. Das Geld darf nur für solche Soldaten verwendet werden, die innerhalb der finnischen Grenzen zu Tode gekommen sind. Dann wären alle aus dem Schneider." Heinz-Theo Homann