19.04.2024

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29.07.00 Gesundheits-Konferenz von ANC-Präsidenten-These verblüfft 

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 29. Juli 2000


Aids durch Armut?
Gesundheits-Konferenz von ANC-Präsidenten-These verblüfft 
Von Jürgen Olivier

Ohne Zweifel ist Südafrika nicht zuletzt wegen seiner enormen Bodenschätze, seiner wunderbaren Natur ("Die ganze Welt in einem Land") und seiner vielfältigen Flora und Fauna weltberühmt. Weniger bekannt ist, daß das Land am Kap dasjenige der Erde ist, in dem sich Aids am schnellsten verbreitet. Noch vor zwei Jahren waren "nur" 12,9 Prozent der Bevölkerung HIV-positiv. Heute sind es fast 20 Prozent. Bei den Frauen zwischen 20 und 29 Jahren ist sogar die 25-Prozent-Marke bereits erreicht.

Es hatte also durchaus seinen guten Grund, daß die diesjährige Weltkonferenz über Aids in Südafrika stattfand. Bezeichnenderweise war einem niederländischen Pressephotographen jedoch vor Konferenzbeginn untersagt worden, im Konferenzgebäude Bilder von Aids-Opfern aus Zambia auszustellen.

Anläßlich dieser 13. Internationalen Aids-Konferenz in Durban hatte der südafrikanische Präsident Thabo Mbeki zur Überraschung der etwa 12 000 angereisten Kongreßteilnehmer bereits in seiner Eröffnungsrede die Wissenschaft vor den Kopf gestoßen und die abenteuerliche Ansicht vertreten, daß Aids nicht durch den HI-Virus verursacht würde, sondern vielmehr sozial begründet sei.

Man würde es sich zu einfach machen, so die geradezu entwaffnende Ansicht Mbekis, die Schuld an der Seuche auf einen "einzigen Virus" zu schieben. Mbeki zitierte zur Untermalung seiner Auffassung einige 1995 von der Weltgesundheitsorganisation herausgegebene Zahlen, die angeblich deutlich machten, daß Lebenserwartung von Lebensqualität abhinge. Die reichen Gesunden lebten doppelt so lange wie die armen Kranken. Aufgrund der Armut habe Aids in den Entwicklungsländern die größte Dichte.

Es scheint dem Präsidenten entgangen zu sein, daß beispielsweise in Europa und den Vereinigten Staaten von Amerika die Aids-Rate – außer im Drogenmilieu – eher im besser situierten sozialen Umfeld und weniger in den klassischen Arbeitervierteln vertreten ist. Selbst in Zambia, gewiß kein Staat, dem man eine weiße Dominanz unterstellen kann, ist Aids vor allem in den oberen und obersten Schichten massiv zum Tragen gekommen – und hat gerade in der Regierungsschicht reiche Ernte einfahren können.

Mbeki leugnete mit seiner unqualifizierten Äußerung nicht zuletzt die Tatsache, daß gerade der in der schwarzen Bevölkerung praktizierte Lebenswandel nicht gerade als monogam und solide und die sexuellen Vorsichtsmaßnahmen als verantwortungsbewußt bezeichnet werden können. Wesentlich ist aber, daß er sich als Autoritätsperson über längst gesicherte medizinische Erkenntnisse hinweggesetzt hat und anstelle des Auslösers von Aids eine eher soziologisch-demographische Erklärung verantwortlich macht. Diese Geisteshaltung ist nur aus seinem marxistischen Weltbild zu verstehen. Wenn überhaupt.

Ganz ähnlich empfand dies auch das Publikum. Von den Kongreßteilnehmern, zu denen weltweit führende Aids-Experten gehörten, erhielt der ANC-Präsident nur spärlichen Beifall. Dafür kassierte er um so mehr Kritik. Der südafrikanische Richter Cameron beispielsweise, der sich öffentlich als HIV-positiver Schwuler zu erkennen gab, erklärte, Mbekis Äußerungen trügen zur Verunsicherung bei. In der Tat: Hatten doch vor Konferenzbeginn nicht weniger als 5000 Aids-Kenner eine Erklärung unterzeichnet, daß es bewiesen sei, Aids würde durch das HI-Virus verursacht. Mitunterzeichner war auch William Makgoba, Vorsitzender des Medizinischen Forschungsrats in Südafrika. Für Mbekis Sprecher Parks Mankahlana hat dies alles keine Bedeutung: Die Deklaration – und damit auch die wissenschaftlichen Erkenntnisse – gehörten seinen Worten zufolge in den Papierkorb geworfen.

Im Zuge der Konferenz sah auch Winnie Mandela einmal mehr ihre Stunde gekommen. Vor der Eröffnung der Konferenz hatte die Hardliner-Marxistin, nebenbei Präsidentin der Frauenliga des ANC, eine Demonstration in der Innenstadt von Durban durchgeführt, auf der sie kundtat, eine wirkliche Mobilisierung und eine wirksame Aufklärung der Bevölkerung fänden nicht statt. Das Volk verlange billigere Medikamente gegen das HI-Virus.

Dieser vermeintliche Wunsch wurde offenbar von bundesdeutscher Seite in vorauseilendem Gehorsam gehört: Das deutsche Unternehmen Boehringer teilte mit, daß es das Medikament Viramune (Nevirapine), das die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung des HI-Virus von Schwangeren auf das Baby verringert, den Entwicklungsländern kostenlos zur Verfügung stellen werde. Doch Südafrikas Regierung zeigte diesem großzügigen Hilfsangebot die kalte Schulter. Das Medikament sei nicht in Südafrika zugelassen, außerdem gebe es Hinweise, daß bereits eine zunehmende Resistenz dagegen auftrete.

Inzwischen ist die Seuche nur wenig beeindruckt von den Erkenntnissen Mbekis, den jämmerlichen Versuchen des "Safer Sex" und der Tatsache, daß in Südafrika so gut wie alle Regierungs- und Parlamentsmitglieder des ANC und der Kommunistischen Partei auf ihren Revers das Rote Ribbon tragen – ebenso wie alle Nachrichtensprecher. Die Seuche hat sich in Afrika, und vor allem in Südafrika, zwischenzeitlich zur Epidemie ausgebreitet. Drastische Folgen für das gesamte wirtschaftliche, demographische und damit politische Spektrum werden unausweichlich sein.