29.03.2024

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05.08.00 HDW-AG verbleibt im Spannungsfeld politischer Kräfte

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 05. August 2000


Kiel: Gerettete Arbeitsplätze
HDW-AG verbleibt im Spannungsfeld politischer Kräfte

Am 26. Juli dieses Jahres konnten die "Kieler Nachrichten", die Zeitung der Landeshauptstadt, stolz melden, daß bei der Howaldswerke-Deutsche Werft AG in der Kieler Förde "das letzte von drei neuen U-Booten für Israels Marine in Dienst gestellt" wurde. Weiter erfährt man, daß "der Bau der U-Boote der Dolphin-Klasse mit einem Auftragsvolumen von über einer Milliarde Mark zu den größten Marineaufträgen der Werft gehört" habe.

HDW ist die wohl renommierteste Werft der Welt für Konstruktion und Bau modernster U-Boote, und so konnte denn auch der Befehlshaber der israelischen Marine, Vize-Admiral Yeddya Ya’Ari verkünden: "Die Boote gehören zu den modernsten konventionellen U-Booten der Welt". Und Brigadegeneral Amos Yaron ergänzte, daß die in Deutschland gebauten U-Boote "eine Schlüsselrolle bei der Sicherung des israelischen Heimatlandes spielen werden." Und tatsächlich haben es die Kriegsschiffe in sich. Ihr dieselelektrischer Antrieb stellt eine technische Höchstleistung dar. Durch ihn sind die Boote außerordentlich leise und können kaum geortet werden. Jedes Schiff verdrängt 1600 Tonnen Wasser. Die 35 Mann Besatzung können aus zehn Rohren Torpedos abschießen, sie können Minen verlegen und Schiff-Schiff-Raketen abfeuern. Natürlich können auch Atom-Sprengköpfe verschossen werden. Die Deutsche Marine hat von diesem Schiffstyp drei Boote geordert, die in den nächsten Jahren gebaut werden sollen.

Politisch wie historisch interessant sind die Begleitumstände des Baues. 1988 bestellte Israel bei der Kieler Werft zwei Unterseeboote, die als Ersatz für drei veraltete dienen sollten. Die Kieler Schiffbauer waren beim Konstruieren und Bauen, als 1990 der Golfkrieg ausbrach, in dessen Verlauf einige vom Irak abgefeuerte Raketen israelischen Boden erreichten, ohne nennenswerten Schaden anzurichten. Weltweit wurde der von Israel ausgehende Vorwurf erhoben, die Raketen hätten auch mit Giftgas bestückt sein können, so daß Juden einem Vergasungstod ausgesetzt gewesen wären. Und es folgte die Beschuldigung, eine deutsche Firma habe (illegal) Teile der Elektronik dieser Raketen geliefert.

Sofort eilte der damalige Deutsche Außenminister Genscher nach Israel. "Die Welt" berichtete am 26.1.1991 über den Fernsehauftritt Genschers in Jerusalem: "Der Pressesaal des Hilton-Hotels hoch über Jerusalem gleicht zu dieser Stunde einem Tribunal. Außenminister Genscher sitzt blaß und geduckt im Kameralicht. Man sieht ihm an, daß er sich vorgeführt fühlt." Israel verlangt von Deutschland wegen der angeblichen Beteiligung einer deutschen Firma am Raketenbau und an der Giftgasproduktion des Irak Wiedergutmachung, damit Israel mit diesem Geld in den USA Patriot-Raketen zur Abwehr der irakischen Angriffe kaufen könne.

Der Auftrag für den Bau der beiden U-Boote in Kiel wird von Israel storniert. Die Kieler Werft saß auf dem Trockenen. Es mußte Kurzarbeit angeordnet werden. Keiner wußte, wer nun die bisher geleisteten Arbeiten finanziert. Aber die Bundesregierung unter Helmut Kohl wußte Rat. Sie bot Israel an, daß Deutschland die beiden U-Boote und noch viel mehr bezahlen wolle. Dafür stellte das Kabinett Kohl 1,8 Milliarden Mark bereit. Nach einigem Zögern nahm Israel dieses Angebot an und konnte es sich leisten, von dem zur Verfügung gestellten Geld sogar noch ein drittes U-Boot zu ordern (Stückpreis etwa 400 bis 500 Millionen Mark). Die Regierung Kohl-Genscher stimmte erleichtert zu. In zwölfjähriger Arbeit baute HDW die drei Kriegsschiffe. In Kiel waren die Arbeitsplätze gerettet. Israel hatte auf einmalig günstige Weise mit Hilfe der deutschen Steuerzahler seine U-Bootwaffe auf den neuesten Stand der Technik gebracht.

Nun ist es in Deutschland üblich, daß deutsche Firmen, die einen Auftrag aus dem Ausland abwickeln, sich verpflichten müssen, im Wert der exportierten Güter Waren im Bestellerland zu kaufen; sie werden zu sogenannten Offset-Leistungen herangezogen. Das erstaunliche: Obwohl Israel nur einen winzigen Bruchteil des Preises der drei U-Boote bezahlt hat und alles andere die Bundesrepublik Deutschland aufbringen mußte, hatten sich nicht nur die Howaldswerke-Deutsche Werft AG, sondern auch alle Unterlieferanten verpflichten müssen, in Israel in gleichem Wert Waren zu kaufen. Dazu gehören etwa die Lieferanten der Elektromotoren, der Waffenleitanlagen, der Batterien usw. Zwar hat Israel sicherlich viele gute Apfelsinen abzugeben, ob aber die Waren, die in Israel produziert werden, für die deutschen Firmen sinnvoll und von Nutzen sind, bleibt abzuwarten.

Die Kieler Werft ist mit dem Bau von U-Booten bis zum Jahre 2006 ausgelastet. Aufträge haben erteilt die Marinen von Südafrika, Griechenland und der Türkei, und sie werden für die Boote vermutlich den vollen Preis zahlen. Wollen wir’s hoffen.

Jonny Düsternbrook