20.04.2024

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05.08.00 Technologie: Holen Deutsche auf?

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 05. August 2000


Technologie: Holen Deutsche auf?
Bei wissensbasierten Branchen sind wir wieder Weltspitze

"Deutschland hat den Anschluß" verpaßt" schallte es noch vor wenigen Jahren. Ja, dicke Autos und große Maschinen können sie noch bauen, die Deutschen. Das aber seien die Erfolgstechnologien von gestern. Die zukunftsweisenden Produktionsbereiche, etwa die in den 80ern stark beachtete Unterhaltungselektronik, schienen für immer in den Händen der Japaner gelandet zu sein.

Doch die Zeiten ändern sich, mit ihnen wechseln auch die Technologien, die als Schrittmacher der allgemeinen Entwicklung den Rhythmus vorgeben. Heute stehen Telekommunikation, Rechnerprogramme, Multimedia, Unterhaltung oder Satellitentechnik im Mittelpunkt.

Hier gibt nicht mehr Japan, sondern die – ebenso wie Europa – in der zweiten Hälfte der 80er Jahre abgeschriebenen USA den Ton an. Aber auch Deutschland habe seine Position deutlich verbessern können, so eines der Ergebnisse einer internationalen Expertenbefragung, die an der Handelshochschule Leipzig und der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen 1999 durchgeführt und in diesen Tagen der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.

Die USA besitzen danach "das größte Potential im Bereich der wissensbasierten Branchen, gefolgt von Großbritannien und Deutschland ... Japan ist eher mittelklassig einzuordnen und die ,schlafenden Riesen‘ China, Indien und Rußland bleiben auch in Zukunft, was sie sind – nämlich schlafende Riesen". So die Wissenschaftler aus Erlangen und Leipzig. Bei Rechnerprogrammen (Software) spiele die deutsche SAP in der Liga der ersten zehn dieser Welt mit, in der Telekommunikation behaupte beispielsweise Siemens eine gute Position unter den ganz Großen. "Im Pharmabereich wurde und wird die Welt US-amerikanisch-europäisch bedient. In der Umwelttechnologie ist Deutschland führend", heißt es in der Studie.

Sogar beim nächsten technologischen Sprung in die Zukunft bauen die Deutschen offenbar an einer aussichtsreichen Startposition. Die Leipzig-Erlanger Untersuchung verweist auf die "Mikromechanik" als Kern für eine ganze Reihe weiterer neuer Zukunftsmärkte.

Es geht um die sogenannte "Nanotechnologie", benannt nach dem Längenmaß "Nanometer" (nm), das einem milliardstel Meter entspricht. Auf die Breite eines Haares passen 50 000 Nanometer oder 50 Mikrometer. Mit dem Übergang von der "Mikro-" zur "Nanotechnologie" wird somit der Vorstoß zur Entwicklung unvorstellbar kleiner Maschinen beschrieben, den Wissenschaftler und Techniker auch und gerade in Deutschland vorbereiten. So will die Uni Würzburg schon im kommenden Wintersemester einen Studiengang "Nanostrukturtechnik" einführen. Der Vorsprung der Würzburger, so berichtete die "FAZ", erregt bereits den Neid von Forschern in aller Welt.

Na also, geht doch! – möchte man erleichtert ausrufen nach all dem Gezeter um die angeblich geschwundene Zukunftsfähigkeit Deutschlands. Indes: Die Bildungsmisere an Schulen und Hochschulen ist ein Faktum, über das Meldungen wie diese nicht hinwegtäuschen dürfen. Die Schäden, die eine falsche Politik hier in Jahrzehnten angehäuft hat, verschwinden nicht von selbst. Parteien und verantwortliche Politiker können anhand der bewiesenen Erfolge zwar zur Kenntnis nehmen, daß das Potential für einen erstklassigen Wirtschafts-, Wissenschafts- und Technolgiestandort bei den Deutschen noch immer reichlich vorhanden ist. Wie der akute Mangel an Informationstechnologie-Experten aber belegt, kann auf eine qualifizierte Breitenausbildung nicht verzichtet werden. Sonst könnte es geschehen, daß die in Deutschland groß gewordenen Firmen der nächsten Technologie-Generation eines Tages ins Ausland gehen, weil ihnen hierzulande (wegen mangelnder Fachkräfte) das "Umfeld" nicht mehr paßt.

Zudem bleibt staatliche Förderung der Grundlagenforschung ein Muß. Am Beispiel der Nanotechnologie wird sichtbar, welchen Stellenwert gerade sie für die Zukunftsfähigkeit einer Volkswirtschaft besitzt. Noch aber wandern viele, allzu viele deutsche Grundlagenforscher ab, weil für sie in der Heimat nur unzureichende Entfaltungsmöglichkeiten eingeräumt werden. Hans Heckel