25.04.2024

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12.08.00 Aufklärung

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 12. August 2000


Aufklärung
Von Peter Fischer

Es scheint inzwischen durchaus ein Risiko zu sein, in die durch einschlägige Presseberichte über Bomben, Fremdenfeindlichkeit und Parteienverbot aufgeheizte Sphäre ein angemessenes Wort zur Lage zu finden. Jedes von der Absicht der Kampagne abweichende Wort könnte schnell als klammheimliche Sympathie, als Schadenfreude und billige Reverenz an die falsche Seite gewertet werden, wo doch einzig nüchterne Vergleiche und Aufklärung die Basis zukünftiger Beruhigung schaffen können.

Insofern konnte die Warnung des märkischen Innenministers Jörg Schönbohm noch zu guter Letzt auf die andere Seite von Justitias feinfühliger Waage gelegt werden, womit die schon bedenklich wirkende Einseitigkeit etwas korrigiert werden konnte. Schönbohm meinte, daß die Mehrzahl der von Jugendlichen verübten Taten nicht politisch motiviert seien. "Viele Gewalttaten enststehen häufig aus Situationen, die mit Gruppenprozessen zu tun haben. Alkohol, Mutproben und daß man auch mal in die Zeitung kommt, alles dies spielt eine Rolle".

Wie denn nicht? Wer in in einer Kleinstadt aufgewachsen ist und zum Tanz unterm Maibaum auf die Dörfer geht, muß immer gewärtig sein, daß er eine handfeste Rauferei riskiert. Das mag manchem Schöngeist abstoßend animalisch, politischen Köpfen "faschistisch" vorkommen, es spiegelt eine Wirklichkeit, die von der pommerschen Küste bis Andalusien reicht, ohne daß hier Arbeitslosigkeit oder extreme politische Anschauungen die Hand führen.

Schönbohm spricht denn auch davon, daß bei den jugendlichen Mitläufern "kaum einmal ein ideologischer Hintergrund zu finden" sei, dafür aber "Dumpfheit, Angst und Ablehnung". Daher sei auch die Sorge vor einer "braunen Armeefraktion" unbegründet. Es kennzeichnet die Lage, wenn derartige Trivialitäten von einem Politiker zur Beruhigung ausgesprochen werden müssen, wo andere Kreise schon ein Milieu sehen (wollen), das die sofortige politische Machtübernahme durch Schläger und sonstigen Bodensatz nahelegt.

Nun, dergleichen ist nicht zu befürchten. Die Geschäfte laufen sommerbedingt ruhig, der Euro verliert seine Schwäche nicht, und die Politiker aus der ersten Reihe sind allesamt Richtung Mallorca, Seychellen oder Toskana verschwunden. Während die sich bräunen, schwärzt die heimische Presse: "Ganze Härte gegen die Extremisten" etwa titelt das "Hamburger Abendblatt", was leicht hingeschrieben, aber schwer zu vollziehen ist.

Gesinnungen können und dürfen nicht bestraft werden, Taten, sofern sie kriminelle Bestände erfüllen, schon. Da hat schon der Gesetzgeber vorgesorgt. Otto Schily, der Innenminister, hält die Gesetze zur Abwehr für zureichend, andere nicht. Nur täte sich hier ein neuer Graben auf: Schill, der vormalige angebliche Richter "Gnadenlos" aus Hamburg, wurde gerade wegen seiner vollen Ausschöpfung der Gesetze ins juristische Abseits gestellt.

Innenminister Schily war es schließlich auch, der mit der These, das "Boot ist voll", Beifall und sachliche Zustimmung gerade von jenen bekommen hat, die sonst nicht zu seiner Wählerklientel gehören. Vielleicht, so unken manche Beobachter, habe Schily sich einen unbefangeneren Blick für exklusive politische Schräglagen bewahrt, weil er einst selbst als (linker) Extremist auf der Suche nach dem "dritten Weg" in das Zelt des verwunschenen Wüstenmannes Muammar el-Gaddafi geschlüpft war.

Insofern bietet der Lebensgang Schilys eher einen Unterpfand für angmessenes politisches Handeln als Verbote und wilde Schreie nach Vergeltung. Hilfe kann hier nur Aufklärung durch gekonnt tieferes Nachfassen in den komplizierten Gängen der europäischen Geschichte unseres Jahrhunderts erbringen, wobei sogenannte "volkspädagogische" Kunstgriffe sich auch da verbieten sollten, wo die bisherige Geschichtsschreibung schummrige Grauzonen hinterlassen hat.

Wie die "Stuttgarter Zeitung" ausführt, gibt es inzwischen eine junge "Elite" von gewalttätigen Gymnasiasten, die sich "in Einzelheiten der deutschen Geschichte und der Runenkunde bisweilen genauer auskennen als gestandene Richter am Oberlandesgericht". Sie "lesen viel, aber nur Bücher, die in Deutschland verboten sind". Dies läßt doch nur den Schluß zu, daß die schulische Stoffvermittlung unzureichend ist.

Es nützt nämlich wenig, sich in allgemeiner Entrüstung über die Verfaßtheit der Jugend zu üben, wenn nicht umfassende aufklärerische Taten folgen. Dies schließt die ganze Geschichte mit ein, auch die, die den Siegermächten oder manchen Parteien nicht paßt.