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12.08.00 Preußenjahr 2001: Berlin und Potsdam brauchen ihre Königsschlösser

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 12. August 2000


Dreizehn Tonnen Dynamit
Preußenjahr 2001: Berlin und Potsdam brauchen ihre Königsschlösser
Von Rüdiger Ruhnau

Der 300. Jahrestag der ersten preußischen Königskrönung wirft seine Schatten voraus. Am 18. Januar 1701 krönte sich Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg im Schloß zu Königsberg selbst zum König in Preußen. "Wenn Friedrich I. Lob verdient", schreibt sein Enkel Friedrich der Große, "dann deshalb, weil er seinen Ländern immer den Frieden erhalten hat." Und weiter: "Sein Unglück wollte es, daß er in der Geschichte seinen Platz zwischen seinem Vater und seinem Sohne fand, die ihn durch überlegene Begabung verdunkeln." Das preußische Königtum begann seine künstlerische Geschichte mit der Errichtung des Berliner Schlosses nach Plänen des Danziger Bildhauers und Architekten Andreas Schlüter.

Das näher rückende Preußenjahr belebt nicht nur die Diskussion um den Wiederaufbau der Königsschlösser in Berlin und Potsdam, es setzt auch mit der sensationell zu nennenden Aufdeckung der originalen Dekorationselemente aus dem Innern des Stadtschlosses am Lustgarten einen Markstein für das Konzept zur Wiederentstehung des Schlüter-Baus. Das Märkische Museum an der Janowitzbrücke in Berlin wird demnächst mit der Ausstellung "50 Jahre Schloßsprengung – Eine Spurensuche" jene Teile zeigen, die dank der mutigen Bergung des früheren Museumsdirektors Walter Stengel noch vor der Sprengung gerettet werden konnten. Es handelt sich um holzgeschnitzten Wandschmuck, Türreliefs, Verblendungen, Schmuckplatten aus Gußeisen, insgesamt mehr als 100 Teile der Innendekoration des Stadtschlosses, die nach einem halben Jahrhundert desVergessens, verpackt in Cellophan, im Dachgeschoß des Märkischen Museums entdeckt wurden. Als eines der wichtigsten Fundstücke nennt die Museumsleitung ein Relief, das um 1685 unter dem Titel "Allegorien auf die Taten des Großen Kurfürsten" entstand und Hinweise auf den Wasser-, Damm- und Brückenbau gibt.

Mit Bedacht hat man den 7. September 2000 für die Ausstellungseröffnung gewählt, dann ist es genau 50 Jahre her, daß unter Verwendung von 13 Tonnen Dynamit das im Krieg zwar schwer beschädigte, aber dennoch durchaus aufbaufähige Schloß in Trümmer und Schutt zerfiel. Dieser barbarische Akt Ulbrichts, mit der Sprengung des Schlosses den Sieg des Kommunismus zu besiegeln, soll gesühnt werden.

Das Schloß Andreas Schlüters mit dem berühmten Innenhof galt als Höhepunkt des norddeutschen Barocks, es bestimmte die Stadtgestalt Berlin. Alles in seiner Umgebung stand im harmonischen Einklang mit dem Stadtschloß, wo die "Linden" ihren Anfang nahmen. Seit 250 Jahren hatten die brandenburgischen Kurfürsten an ihrer Residenz gebaut, einer Anhäufung oft ungleichartiger Gebäude. Schlüter erhielt nun den Auftrag, das Schloß zu einem einheitlichen Bau umzugestalten. Im Schloßinnern entwarf er Repräsentationsräume, die in ihrer künstlerischen Qualität im damaligen Königreich Preußen unübertroffen blieben. Sieben Jahre hatte Schlüter mit königlicher Vollmacht die Bauaufsicht geführt, dabei Stukkateure, Drechsler, Freskomaler aus ganz Europa engagiert, und das in einer Stadt, die damals ganze einhunderttausend Einwohner zählte. Die Münchner Residenz ist rekonstruiert worden, der Dresdner Zwinger und das Charlottenburger Schloß sind wiedererstanden, da sollte es dem heutigen Deutschland mit seinen technischen Hilfsmitteln nicht möglich sein, das Schloß in der Hauptstadt wieder aufzubauen? Der Stimmungsumschwung zu Gunsten einer Wiedererrichtung wird immer deutlicher, quer durch die politischen Parteien nehmen die Stimmen der Befürworter zu, auch Bundeskanzler Schröder hat sich sehr energisch dafür ausgesprochen. Dabei ist die Frage nach der Nutzung eigentlich sekundär. Schloß, Lustgarten und Museumsinsel könnten zu einer kulturellen Einheit zusammengeführt, die historischen Räume des Stadtschlosses für Repräsentation bestimmt und Platz für die Sammlungen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz geschaffen werden, wobei die Geschichte Preußens, unter Einschluß Ost- und Westpreußens, besonders zu berücksichtigen wäre.

Die Diskussion um das Berliner Schloß hat auch bei den Potsdamer Stadtverordneten den Wunsch beflügelt, den Zweitsitz der Hohenzollern neu aufzubauen. Ähnlich wie in Berlin hatte die kommunistische Politik nach 1945 das Stadtschloß und die Garnisonkirche beseitigt. Potsdam wäre ein Fischerort an der Havel geblieben, hätte nicht die Zuneigung des Großen Kurfürsten bestanden, der die mittelalterliche Burg zu einem Schloß umbauen ließ. Der Soldatenkönig erhob Potsdam der "langen Kerls" wegen zur Garnison. Ihren Glanz aber verdankte die Stadt an den Havelseen Friedrich dem Großen, der fast beständig dort residierte. Er ließ nicht nur das königliche Stadtschloß vom Architekten Knobelsdorff erweitern, zurückgekehrt aus dem Krieg um Schlesien entwarf er den Plan für das Schlößchen Sanssouci. "Ohne Sorge" wollte er dort seinen musischen und philosophischen Neigungen nachgehen können. Mit seinem starken Willen schuf König Friedrich II. aus dem bescheidenen Residenzort eine Stadt, die Symbol für Preußen geworden ist. Potsdam und Königsberg, von beiden aus wurde Preußen aufgebaut. Jährlich kommen heute Millionen in- und ausländischer Besucher in die Stadt, um die weltbekannten Schlösser, Parkanlagen und Museen zu besichtigen. Schmerzlich berührt dagegen ein Gang durch die Innenstadt, wo infolge der SED-Herrschaft wertvollste Bausubstanz vernichtet wurde, und der urbane Charakter weitgehend verloren gegangen ist. Immerhin erklingt seit fast zehn Jahren wieder mit "Üb immer Treu und Redlichkeit" und "Lobe den Herren" das Glockenspiel der gesprengten Garnisonkirche. Oberstleutnant Klaar, damaliger Kommandeur des Fallschirmjägerbataillons 271 der Bundeswehr in Iserlohn, hatte eine Spendensammlung für das Potsdamer Glockenspiel in Gang gesetzt. Es entstand die Traditionsgemeinschaft "Potsdamer Glockenspiel e.V.", die 1,3 Millionen Mark zusammenbrachte. In Iserlohn wurde das Geläut fertiggestellt, und 1990 übergab Oberstleutnant Klaar dem Potsdamer Oberbürgermeister Gramlich, unter großer Beteiligung der Bevölkerung, das Glockenspiel. Es besteht aus 40 Glocken, kann automatisch, aber auch von Hand gespielt, werden. Damit ist ein Anfang gemacht worden, und eines Tages wird die ursprünglich 1735 im Stil des preußischen Barocks erbaute Garnisonkirche wieder an der alten Stelle stehen. Im Preußenjahr soll auch das "Haus brandenburgisch-preußischer Ge-schichte" im ehemaligen königlichen Marstall in Potsdam eröffnet werden. Ministerpräsident Stolpe, ein Förderer des Museums, gilt allgemein als ein Anhänger Preußens.

Solcher Freunde bedarf es auch beim Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses, und glücklicherweise sind sie da. Hier muß in erster Linie Wilhelm von Boddien genannt werden, der im Sommer 1993 mit seiner Stadtschloß-Attrappe die Herzen der Berliner eroberte. Ausschließlich ehrenamtlich leisteten Wilhelm v. Boddien und seine Mitstreiter eine nicht hoch genug anzuerkennende Arbeit, als sie mit der Ausstellung "Das Schloß?" den Anstoß einer intensiven Auseinandersetzung über die zukünftige Gestaltung der historischen Mitte Berlins auslösten. Höhepunkt der Ausstellung war die in originaler Größe täuschend ähnliche Nachbildung des Schlosses am alten Platz. Aus 800 Tonnen Stahlrohren errichtete man ein Schloßgerüst und spannte darüber rund 6000 Quadratmeter einer künstlerisch gestalteten Fassadenfolie. Die Installation der Attrappe gab jedermann die Möglichkeit, die räumliche Wirkung des Schlosses in seiner Umgebung zu studieren. Einhellige Meinung: Das Berliner Schloß bildet mit dem ehemaligen Zeughaus, dem Dom, der Schloßbrücke und der Oper unter den Linden ein monumentales Zentrum, wie es nur wenige Hauptstädte besitzen.

"Das Schloß lag nicht in Berlin – Berlin war das Schloß", ist die Philosophie der Schloßstreiter. Seit zehn Jahren kämpfen die "Gesellschaft Historisches Berlin" und der "Förderverein Berliner Stadtschloß" für den Wiederaufbau der historischen Mitte. Mit nur privaten Mitteln finanzieren die aktiven Mitarbeiter die vielfältigen Bemühungen um die zukünftige Gestaltung. Die Öffentlichkeitsarbeit verschlingt viel Geld. Der Förderverein bittet um Spenden, auch kleine Beträge sind herzlich willkommen. Helfen kann man aber auch, indem man an Politiker aller Parteien schreibt, an die Bundesregierung oder an den Senat von Berlin. Mit dem "Berliner Extrablatt" hat der Förderverein ein öffentlichkeitswirksames Publikationsorgan geschaffen; dieser gut bebilderte Werbeträger kann kostenfrei angefordert werden (Anschrift: Förderverein Berliner Stadtschloß, 22933 Bargteheide, Postfach 1162).

Und noch eines Ereignisses gilt es, im Preußenjahr zu gedenken, des 200. Todestages von Daniel Nikolaus Chodowiecki (7. Februar 1801), des Bildchronisten preußischer Geschichte. Als nach dem Tode des Alten Fritz dem König ein Standbild errichtet werden sollte, setzten sich der Thronfolger und die Akademie für eine antike Gewandung ein. Dagegen sprachen sich der Bildhauer Schadow, der die Doppelstatue von Kronprinzessin Luise und ihrer Schwester geschaffen hatte, sowie Chodowiecki für eine preußische Uniform aus. Der Danziger Maler und Kupferstecher schrieb in einem Brief an Anton Graff, warum sollte sich Friedrich II., der seinem Säkulum so viel Ehre machte, nach der Mode der Römer richten? Das Berliner Kupferstichkabinett zeigt noch bis zum 29. Oktober d. J. eine Ausstellung mit Zeichnungen Chodowieckis.

Die Alliierten glaubten, 1947 Preußen als "Träger der Reaktion und des Militarismus" formell auflösen zu müssen. Preußens Geist kann man nicht auslöschen, denn preußisch war und ist: Etwas um der Sache willen tun.

Erinnern wir uns der Worte Moellers van den Bruck, die er seinem Buch "Der Preußische Stil" voranstellte (1917): "Preußen ist die größte kolonisatorische Tat des Deutschtums, wie Deutschland die größte politische Tat des Preußentums sein wird."