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12.08.00 Immanuel Kant: Ausstellung in Niedersachsen und erstmals auch CDs

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 12. August 2000


Ein geistvoller Redner
Immanuel Kant: Ausstellung in Niedersachsen und erstmals auch CDs

Immer wieder wurde belächelt, daß der große Philosoph Immanuel Kant (1724-1804) seine Vaterstadt nie verlassen hat; andere wiederum staunten, daß aus dieser "provinziellen Enge" derartig tiefschürfende Gedanken kamen. Kant selbst hat einmal betont: "Eine große Stadt, der Mittelpunkt eines Reichs, in welchem sich die Landescollegia der Regierung desselben befinden, die eine Universität (zur Cultur der Wissenschaften) und dabei noch die Lage zum Seehandel hat, welche durch Flüsse aus dem Inneren des Landes sowohl, als auch mit angränzenden entlegenen Ländern von verschiedenen Sprachen und Sitten einen Verkehr begünstigt, - eine solche Stadt, wie etwa Königsberg am Pregelflusse, kann schon für einen schicklichen Platz zur Erweiterung sowohl der Menschenkenntniß als auch der Weltkenntniß genommen werden, wo diese, auch ohne zu reisen, erworben werden kann."

Kant selbst ist nie gereist, wohl aber die Ausstellung, die den Einfluß des Königsberger Philosophen auf die Berliner Aufklärer zeigt und die im Frühjahr aus Anlaß des IX. Kant-Kongresses von der Staatsbibliothek zu Berlin in Zusammenarbeit mit dem Institut für Philosophie der Humboldt-Universität in der Hauptstadt gezeigt wurde. Noch bis zum 29. Oktober ist sie nun unter dem Titel "Immanuel Kant - Was ist Aufklärung?" auf Gut Altenkamp nahe der niederländischen Grenze bei Papenburg-Aschendorf zu sehen (dienstags bis sonntags 10 bis 17 Uhr). Bücher, Dokumente und Briefe von Kant und seinen Berliner Anhängern werden ausgestellt und machen unter anderem Kants Einfluß auf den preußischen Liberalismus, die Reaktionen auf die Französische Revolution, seine Beziehung zur jüdischen Aufklärung deutlich und beleuchten den Zensurstreit in der Regierungszeit Friedrich Wilhelms II.

Beim Betrachten der Exponate wird mancher spüren, was der Theologe und Freund Kants, Reinhold Bernhard Jachmann (1767-1843), berichtete: "Kants Geist war eine helleuchtende Sonne, die nichts verdunkelte, die alles um sich erleuchtete und erwärmte." Seine Schüler schätzten ihn als einen "geistvollen Redner, der Herz und Gefühl ebenso mit sich hinriss, als er den Verstand befriedigte" (Jachmann). Kant-Experten oder solche, die es werden wollen, werden sich freuen, daß nun im Hamburger Felix Meiner Verlag Kants Anthropologie in pragmatischer Hinsicht, erstmals erschienen 1798, wieder herausgekommen ist (XXI Seiten und 328 Seiten, geb. mit Schutzumschlag, 78 DM) Eine anspruchsvolle Schrift, die sich in erster Linie an Fachleute wendet.

Ganz gewiß wird mancher moderne Leser ein Zaudern verspüren, greift er nach einer der Kantischen Schriften, schließlich erkannte schon Arthur Schopenhauer: "Kants Stil trägt durchweg das Gepräge eines überlegenen Geistes, echter, fester Eigentümlichkeit und ganz ungewöhnlicher Denkkraft ..." Und so wird derjenige, der schon immer etwas von Kant lesen wollte, sich aber nicht getraut hat, nach einem Buch zu greifen, erfreut vermerken, daß es nun erstmals Gedanken des großen Philosophen aus Königsberg auf CD zu hören gibt. Die Deutsche Grammophon Gesellschaft in Hamburg hat die CD Was ist Aufklärung? (CD 463 960-2, gesprochen von dem Schauspieler Frank Arnold) und 2 CDs Zum ewigen Frieden (CD 463 957-2, gesprochen von Gerfried Horst) herausgebracht. Die Booklets mit Texten von Gerfried Horst, in Marburg geborener Sohn einer Königsbergerin und Kant-Kenner aus Leidenschaft, geben eine kurze Einführung in das Werk des Philosophen.

"Was ist Aufklärung?" umfaßt die Texte "Gedanken bei dem frühzeitigen Ableben des Herrn Johann Friedrich von Funk, in einem Sendschreiben an dessen Mutter" aus dem Jahr 1760, den "Versuch über die Krankheiten des Kopfes", 1764 anonym erschienen in den "Königsbergsche Gelehrte und Politische Zeitungen" und die "Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?" aus dem Jahr 1784. Im letztgenannten Text fordert der Philosoph: "Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!" Und der mahnt: "Es ist so bequem, unmündig zu sein. Habe ich ein Buch, das für mich Verstand hat, einen Seelsorger, der für mich Gewissen hat, einen Arzt, der für mich die Diät beurteilt usw.: so brauche ich mich ja nicht selbst zu bemühen. Ich habe nicht nötig zu denken, wenn ich nur bezahlen kann; andere werden das verdrießliche Geschäft schon für mich übernehmen." - Erstaunlich, wie aktuell die Überlegungen Kants sowohl zum Frieden zwischen den Staaten als auch zur Mündigkeit des Menschen auch bald 200 Jahre nach dem Tod des Philosophen noch sind! Silke Osman