28.03.2024

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19.08.00 Vogelstimmen auf CD eingefangen – Ein Vergnügen der besonderen Art

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 19. August 2000


Vom Zauber der Natur
Vogelstimmen auf CD eingefangen – Ein Vergnügen der besonderen Art

Es gibt wohl kaum etwas Schöneres, als an einem Frühlingsmorgen von Vogelgezwitscher geweckt zu werden oder an einem Sommertag mit dem Fahrrad über Feldwege zu brausen, beschwingt durch den Gesang der Lerche. Wer fernab der großen Städte wohnt, kann den Gesang der heimischen Vögel auch in unseren Tagen noch genießen, man muß nur die Ohren öffnen und sich einfangen lassen vom Zauber der Natur. Diesen unnachahmlichen Zauber festgehalten zu haben, kann sich Walter Tilgner rühmen, der mit speziellen Aufzeichnungsgeräten und Mikrofonen die Stimmen der Meistersinger Feldlerche, Nachtigall, Sprosser, Singdrossel, Amsel und Pirol auf CD gebannt hat (Wergo, Mainz. SM 9010 2/CD). Die Aufnahmen entstanden im österreichischen Burgenland, an der vorpommerschen Boddenküste, am Bodensee und im Nationalpark Neusiedler See. Vieles, was in der freien Natur nicht so deutlich zu hören ist, erklingt auf dieser meisterhaften CD "hautnah" - selbst Insekten, die so dicht an das Mikrofon heranschwirren, daß man sie unwillkürlich aus dem Kopfhörer verscheuchen möchte. Faszinierend!

Im Booklet findet man viele Erläuterungen zum Gesang der Vögel, so auch Drucke von Klangsonogrammen und Spektogrammen, die einzelne Gesangssequenzen sichtbar machen. Auf vogelkundliche Daten wurde hingegen verzichtet, ein Hinweis auf einschlägige Fachliteratur hilft da weiter. Lesenswert aber sind die einzelnen kurzen Kapitel über die Meistersinger allemal. Da erfährt man so allerhand Hintergründiges, etwa über eine "Leipziger Delikatesse", die vor Jahrhunderten in alle Welt ging: Lerchen, die als Leckerbissen galten und massenhaft eingefangen wurden. Erst 1876 wurde der Lerchenfang vom sächsischen König Albert verboten. Damit die Menschen nun nicht auf die kulinarische Köstlichkeit verzichten mußten, erfanden findige Bäcker das Leipziger Lerchengebäck aus Mürbeteig, Mandeln, Nüssen und Erdbeerkonfitüre.

Auch die Nachtigall war ihres Lebens nicht sicher. Die "alten Römer" schätzten ein Ragout aus ihren Zungen, reiche Griechen hielten sich Nachtigallen in Käfigen. Ein teures Vergnügen, denn sie seien so teuer wie Sklaven, beklagte schon Plinius d.Ä. (23-79 n. Chr.). In Brandenburg allerdings wurde es schon 1686 verboten, die Nachtigall zu fangen. In anderen Staaten wurde gar eine Käfigsteuer erhoben. So kostete im Großherzogtum Weimar eine Nachtigall 1850 Mark Steuern im Jahr. Auch der Sprosser, die ostpreußische Nachtigall, wurde einst gern gefangen. Noch heute ist es in südlichen Ländern üblich, Singvögel anzulocken, um sie in enge Käfige zu sperren - nur damit die Menschen sich tagein, tagaus an ihrem Gesang erfreuen können. Skandalös! Die Singdrossel ist ein Meister unter den Meistern, sie kann "komponieren" und imitieren, oft so täuschend ähnlich, daß selbst geübte Ohren darauf hereinfallen. Die Amsel wiederum gilt als eine besondere Begabung unter den Meistersingern. Das hat schon der Komponist Heinz Tiessen aus Königsberg erkannt, der 1952 sein Buch "Musik der Natur" herausgab. Tiessen: "Die Amsel ist, mit den menschlichen Maßstäben von Melodik, Harmonik und Rhythmik gemessen, der musikalisch höchststehende Singvogel Europas." Viele Komponisten haben sich vom Gesang der Vögel inspirieren lassen. Am schönsten jedoch ist - das Original!

Silke Osman