Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 26. August 2000 |
||||
UNTERHALTUNG Der kleine Koffer Von CHRISTEL BETHKE Nehmen Sie doch bitte den Koffer wieder mit", sagt der junge Mann in Weiß, der die Tür jetzt schließt, hinter der ich einen mir sehr vertrauten Menschen zurücklassen muß. Ja natürlich, der Koffer. Aber wohin damit? Nichts war in diesem Moment überflüssiger auf der Welt als sein Inhalt. Nie mehr würde seine Besitzerin etwas davon brauchen. Sie war auf die letzte Reise gegangen. Reisefertig war sie schon lange gewesen. In der letzten Zeit hatte es noch zwei kurze Krankenhausaufenthalte gegeben, fast wie Zwischenübernachtungen, und da ich hatte sie begleitet fand ich es gut, daß man nicht lange nach Utensilien dafür suchen mußte. Sie hatte immer den kleinen Koffer fertig gepackt stehen. "Das", sagte sie, "habe ich im Krieg gelernt, wenn es hieß, bei Fliegeralarm in den Keller zu gehen. Man nimmt den Koffer und geht." Sollte ich auch einführen, denke ich, denn die jüngste bin ich nicht mehr. Ob ich diesen Koffer dafür nehme? Es ist der "kleine Koffer", wie sie ihn nannte. Aus Leder, schwer, noch leer reißt er einem fast den Arm aus der Schulter oder sind es die Erinnerungen, die ihm so viel Gewicht geben? Die Ecken mit harten Lederkappen genietet, scheint er kernfest und für die Dauer. Er war für Zwischenübernachtungen gedacht, wenn das große Gepäck schon vorausgeschickt worden war bei großen Reisen, deren Zeugen als Zertifikate ihre Wände tapezierten. Doch reichte ihre Erinnerung in der letzten Zeit viel weiter zurück, gingen bis in ihre Kindheit, bis nach Hause. Da war von Reisen durch den Korridor ins Reich zu hören, später als junge Krankenschwester in umgekehrter Richtung, von Flucht und Vertreibung hatte sie erzählt, vom Verlust der Geschwister, von Danzig, von ihrer Besessenheit schon damals, reisen zu wollen. Ich erinnere mich an ihre Erinnerungen, die mit mir vergehen werden. Warum erinnern wir uns ganz besonders stark im Alter an das Vergangene, an die Kindheit? "Weil wir da geborgen waren", hatte sie mir einmal gesagt, als wir davon sprachen. Es ist nicht der erste Koffer, den ich wieder mitnehmen muß. Dieser rührt mich besonders. Vielleicht weil ich inzwischen selbst alt genug geworden bin und gelernt habe, zu lauschen und zu verstehen. Ich habe begriffen, daß, wenn mein Koffer mitgenommen werden muß, nicht nur meine Erinnerungen vergessen werden, sondern auch die, von denen mir berichtet wurde. Die Erinnerung von uns Flüchtlingen an das, was uns Heimat war und was die nachfolgenden Generationen die gibt es längst nicht mehr verstehen. Vielleicht ist das ja auch ganz gut so Langes Licht Mit 100 Jahren bist du Zeuge Von Balkon oder Fensterbank Ein Topf Basilikum oder Petersi- Aber was tun mit den Erträgen? Im Hädecke Verlag, Weil der Stadt, ist jetzt Das Balkonkochbuch erschienen (118 Seiten mit 65 Farbfotos, brosch., 39,80 DM). Die Autorin Susanna Bingemer, der Koch Hans Gerlach und die Fotografin Barbara Bonisolli präsentieren köstliche Rezepte mit Kräutern, Gemüse und Obst von Balkon und Fensterbank. Die bunte Reihe reicht von Bohnensalat mit Gurkenblüten und Mohn über Kürbissuppe mit Fenchelsamen oder Milchreis mit Lavendel-Erdbeeren bis zu Riesengarnelen mit Zuckerschoten oder Penne mit Zucchiniblüten und Scholle. Praktisch bei einem verregneten Sommer wie diesem auch der Tip, grüne Tomaten zu verarbeiten, zu Marmelade etwa. Persönliche Erfahrungen der Balkongärtner und wichtige Tips zur Pflege des Grüns ergänzen die köstlichen Rezepte. Natürlich lassen sich die "klassischen Rezepte mit einem speziellen Kick" auch mit Zutaten vom Wochenmarkt nachkochen. Nur selbst geerntet schmeckts eben doch besser. SiS |