26.04.2024

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09.09.00 Außenminister Joschka Fischer will den Auswärtigen Dienst "reformieren"

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 09. September 2000


"Ich als Nichtdiplomat …"
Außenminister Joschka Fischer will den Auswärtigen Dienst "reformieren"

Für eine "dringende Reform des Auswärtigen Dienstes", so Fischer, gebe es drei Gründe. Zum einen habe sich das Anforderungsprofil verändert. Außerdem übernehme Deutschland mehr und mehr Verantwortung für die aktive Gestaltung der Weltpolitik. Zum dritten spielten auch die Sparzwänge eine Rolle. "Als Quereinsteiger, Nichtdiplomat und Querkopf", so der Bundesaußenminister zu den versammelten Botschaftern, "ist mir klar geworden, daß sich der Auswärtige Dienst von alten Zöpfen trennen muß." Die Arbeit der deutschen Missionen im Ausland müsse bürgerfreundlicher werden: "Der Dienst am Bürger steht heute gleichberechtigt mit dem Dienst am Staat." Den erfahreneren un- ter den deutschen Diplomaten schwant nichts Gutes. Ist es schon ungewöhnlich genug, daß alle Chefs der auswärtigen diplomatischen Missionen gemeinsam in die Zentrale zurückbeordert werden, um sich belehren zu lassen, so klingt die Forderung nach mehr Bürgernähe etwas merkwürdig.

Schon bisher leistete das Botschaftspersonal in den auswärtigen Missionen der Bundesrepublik bürgernahen Dienst an den Deutschen, die im Ausland auf deutsche Hilfe angewiesen waren. Wie soll sich eine solche geforderte Bürgernähe also konkret äußern? Werden weitere Schalter eröffnet oder zusätzliche Dienststellen in der Pampa eröffnet? Wohl kaum. Schon angesichts der von Fischer selbst eingeräumten finanziellen Lage wird wohl eher das Gegenteil der Fall sein. Auch künftig werden so wichtige Konsulate wie das in Stettin geschlossen werden. Auf die Eröffnung eines Konsulates in Königsberg wird man wohl noch lange warten müssen. Die Streichungen bei der deutschen auswärtigen Kulturpolitik gelten in vielen Gastländern schlicht als barbarisch. Bürgernah ist das alles nicht.

Was also will Fischer? Der Begriff der "Abschaffung der alten Zöpfe" steht wie eine Drohung im Raum. Wieder einmal will der Grüne Image-Politik mit scheinbar weichen Themen machen. Aber das diplomatische Parkett ist bekanntlich glatt. Und diplomatische Gepflogenheiten haben sich über Jahrhunderte eingespielt. Sie sind Teil einer zivilisierenden und friedensfördernden Kultur zwischen den Völkern. Feine Nuancen spielen hier eine Rolle. Nicht alles kann abgeschafft oder verändert werden, ohne daß es den reibungslosen Informationsfluß zwischen den Völkern stört.

Alte Zöpfe? Sie erfüllen im komplizierten Beziehungsgeflecht zwischen den Völkern oft eine wichtige Rolle, schaffen eine Atmosphäre der Vertautheit und damit des Vertrauens. Unseligen Angedenkens ist etwa die vor noch nicht allzu langer Zeit ausgesprochene grüne Forderung, man solle doch das militaristische Gehabe des Wachbataillons bei der Begrüßung von Staatsgästen abschaffen. Daß dies von vielen Staatsoberhäuptern als Affront und Beleidigung ihrer Person und ihres Landes empfunden worden wäre, wird manchen Parteigenossen von Joschka Fischer wohl bis ans Ende ihrer Tage unbegreiflich bleiben. Die Achtundsechziger mit ihrer Abneigung gegen Formen und Konventionen können hier mehr Schaden als Nutzen anrichten.

Zudem legte Fischer Wert auf die Feststellung, daß "die Botschafter in aller Welt ein positives Bild von Deutschland vermitteln" sollten. Dazu gehöre der Kampf gegen Rechtsradikalismus und Antisemitismus. Von der bisherigen strengen politischen Unabhängigkeit des klassischen Diplomaten, der sein Land repräsentiert und sich allein dessen nationalen Interessen verpflichtet fühlt, hin zum politischen Beamten, zum Verfechter des globalen Dorfes, der weltweiten Durchsetzung von Menschenrechten als Repräsentant supranationaler Interessen. Fand in den Jahren nach der Übernahme des Auswärtigen Amtes durch die FDP (1968 bis 1998) eine "Säuberung" von den preußischen Traditionen des Amtes statt, so wird jetzt politisch-korrekte Randgruppenpolitik verfolgt. Sowieso wird das Volk, dessen Interessen man früher zu verteidigen schwor, durch eine "Bevölkerung" ersetzt werden. Und die souveräne deutsche Nation als Subjekt der eigenen Interessenvertretung durch die Politik im allgemeinen und durch die Diplomatie im besonderen ist bekanntlich ebenfalls "überlebt". Fischer setzt jetzt in der Diplomatie fort, was Ex-Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) bereits vor Jahren bei der Bundeswehr vorexerziert hat. Die Auflösung der nationalen Souveränität bei den Organen, die für den Schutz dieser Souveränität einst eine zentrale Rolle gespielt haben. Hans B. v. Sothen