29.03.2024

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30.09.00 Mit viel Geld und Zivilrecht gegen den Rechtsextremismus

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 30. September 2000


Justiz:
"In den Bankrott treiben …"
Mit viel Geld und Zivilrecht gegen den Rechtsextremismus

"Nazis in den Bankrott treiben" titelte die linke "taz" bereits am 30. August. Inzwischen, da sie selbst nahe am Bankrott schwebt, ist auch die "taz" etwas vorsichtiger geworden. "Mit dem Zivilrecht gegen Neonazis?" fragte sie erst kürzlich und beschrieb den Fall der US-amerikanischen Gruppierung "Aryan Nation", der mit strafrechtlichen Sanktionen in den USA nicht beizukommen war, da dort das vollkommene Recht der Freiheit der Meinung für jede Gruppe gilt, auch wenn sie noch so abseitige Ideen vertritt. Diese Gruppierung war mit einer Schadensersatzforderung von sieben Millionen Dollar von der Antirassismus-Organisation "Southern Poverty Law Center" (SPLC) in den Ruin getrieben worden. Bereits vorher hatte die SPLC in einem ähnlichen Fall 12,5 Millionen Dollar als Streitwert festsetzen lassen. Die Organisation ist finanziell unabhängig: "Wir haben 123 Millionen auf der Bank und ein Netz von 45 000 Spendern."

Möglicherweise ist geplant, in der Bundesrepublik ähnliche Organisationen zu schaffen, die, alimentiert mit Hunderten von Millionen von Steuergeldern, bald eine ähnliche Funktion ausüben könnten. Und warum nicht ein paar Großkonzerne mit "ein bißchen Druck von der Straße" für den "guten Zweck" gewinnen? SPLC-Sprecher Mark Potok sieht jedenfalls gegenüber der "taz" keinen Grund, warum es nach demselben Prinzip nicht auch in Deutschland gehen sollte: das sei erfolgreicher als staatliche Sanktionen oder ein Verbot.

Doch bislang sind die Schadensersatzsummen in Deutschland noch nicht hoch genug. Dieselbe Gerichtsentscheidung in Deutschland hätte den verprügelten Opfern durch die Mitglieder der "Aryan Nation" vielleicht gerade einmal ein Schmerzensgeld von 10 000 Mark gebracht. Daß ein deutsches Zivilgericht ein Organ der Boulevardpresse zu einem Schmerzensgeld von 100 000 Mark verurteilte, wie 1969, als es einen Eingriff in den Intimbereich von Prinz Bernhard der Niederlande und seiner Tochter Prinzessin Irene seitens einer Illustrierten feststellte, blieb eine Ausnahme. An den millionenschweren Exzessen verdienen in den USA vor allem die Anwälte (sie bekommen dort stets einen Anteil am Strafgeld (punitive damages), was dazu führt, daß die Summen im Laufe der Zeit immer höher geschraubt wurden. Eine Beschränkung solch hoher Geldsummen auf einen politisch rechten Bereich, wie es einigen Kommentatoren vorzuschweben scheint, ließe sich allerdings kaum realisieren, denn noch herrscht in Deutschland der Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz, was einige zwischenzeitlich vergessen zu haben scheinen.

Der sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf ventiliert eine ähnliche Idee. Schadensersatzansprüche sollen Rechtsextemisten in den Ruin und damit ins gesellschaftliche Abseits und in die zivile Handlungsunfähigkeit treiben. Bürger und Verbände sollten sich, so Biedenkopf, mit Zivilprozessen gegen Rechts wenden können. Der Tatbestand der unerlaubten Handlung nach § 823 BGB solle daher auf geeignete Art und Weise erweitert werden, Verbandsklagerechte müßten geschaffen werden und ein "Haftungsdurchgriff" vom einzelnen Neonazi auf die hinter ihm stehende rechte Partei müßte ermöglicht werden. Er möchte daher rechte Täter auch schon für Taten haften lassen, zu denen sie nur "ermutigt" haben. Das wäre ein klassischer Gummiparagraph, der der Willkür Tür und Tor öffnen würde.

Wohin aber ein solches System führt, zeigt das Beispiel Italiens, wo kürzlich die Mailänder Scala die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" wegen einer negativen Opernkritik auf zwei Millionen Mark Schadensersatz verklagt hat. Grund für diese absurde Forderung: In Italien kann jedermann eine Gebührenmarke kaufen und damit Beträge in unbegrenzter Höhe einklagen. Die zwangsläufige Folge eines solchen Procedere wäre de facto eine Zensur der Wohlhabenden über diejenigen, die sich dann das Privileg einer freien Meinung nicht mehr leisten könnten.

Dies sollte all diejenigen, die mit dem großartigen Impetus der Aufklärung nach dem Einsatz des Zivilrechtes rufen, ermutigen, sich den Ursprung dieser riesigen Schadensersatzsummen in den anglo-amerikanischen Ländern klarzumachen: Nachdem nämlich im Jahre 1695 die Vorzensur in England abgeschafft worden war, versuchte der korrupte britische Premier Robert Walpole in den 30er Jahren des 18. Jahrhunderts, die Zensur de facto durch eine maßlose Erhöhung zivilrechtlicher Strafgelder wieder einzuführen. Mit zeitweise durchschlagendem Erfolg: Weniger wohlhabende Bürger wurden von den Reichen in den Ruin geklagt. Ist es dieser Rechtszustand von vor 270 Jahren, der der besorgten Einheitsfront antifaschistischer Politik vorschwebt?

Bleibt einstweilen wohl nur die Sperrung von Bankkonten. So versucht zur Zeit etwa die "Postbank" nach einer Liste laufend Konten politisch unliebsamer Kunden zu kündigen. Bei Massenmördern ist ähnliches nachweislich noch nicht versucht worden. Das ist verfassungsrechtlich überaus fragwürdig und wird, so meinen Kenner der Materie, auf Dauer keinerlei Erfolg haben. Hans B. v. Sothen