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07.10.00 Ungarn fordern Revision von Trianon

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 07. Oktober 2000


Ungarn fordern Revision von Trianon
Ihr Weltbund verlangt die Überprüfung der 1920 diktierten Staatsgrenze

Die Last der sogenannten Pariser Vorortverträge, die die ohnehin mühsam gefügte Struktur der europäischen Nationen, Völker und Stämme noch zusätzlich verrückte, wirkt bis auf den heutigen Tag verhängnisvoll fort. Ebenso wie das Deutsche Reich und Österreich beträchtliche Gebietsverluste durch die Diktate von Versailles und St. Germain hinnehmen mußten, geriet auch Ungarn durch den Vertrag von Trianon unter das territoriale Fallbeil maßloser und besessener Sieger.

Budapest mußte nicht weniger als 67 Prozent seines Territoriums und 59 Prozent seines Volkes unter fremde Hoheit stellen lassen. Verlustig gingen Gebiete in Siebenbürgen, Kroatien, der Batschka, dem westlichen Banat, der Slowakei und Teile des Burgenlandes (ohne Ödenburg). Diese von den Siegern in den südmitteleuropäischen und südeuropäischen Raum getragene vergiftete Saat, von der herkömmlichen Geschichtsschreibung gern großzügig übersehen, gehört neben den anderen Vorortverträgen mit zu den Ursachen des Zweiten Durchgangs, der deswegen von einigen mit Recht als ein zweiter Dreißigjähriger Krieg bezeichnet wird.

Es verwundert daher kaum, wenn nur wenige Jahre nach dem Zusammenbruch in dem ohnehin nur mühsam durch die Sowjetunion gebändigten Ungarn Kräfte an die Spitze treten, die eine "Revision von Trianon" verlangen. Miklos´ Patruban´y, seit kurzem Vorsitzender des Weltbundes der Ungarn und aus Siebenbürgen stammend, trat jetzt, wie der "Neue Pester Lloyd" berichtete, mit dieser Forderung an die Öffentlichkeit.

Ungarns Außenminister Janos Martonyi hielt es zwar sofort für richtig zu erklären, daß "die ungarische Außenpolitik sowohl in ihrer Gesamtheit als auch in ihren Details unverändert" bleibe, auch folgten ihm in der Argumentation einige Mitglieder des Weltbundes, die demonstrativ aus dem einflußstarken Bund austraten. Aber damit wird ein seit Jahrzehnten schwelendes Problem nicht aus der Welt geschafft. Die durch die früheren Siegermächte aufgeworfene Problematik wird sich dort am ehesten entladen, wo sich der Lebensstandard der außerhalb der heutigen Republik Ungarn lebenden Landsleute überdeutlich vom Kernland abhebt.

Auch wenn es kaum zu uns gedrungen ist, so hat es doch bereits im Sommer in Budapest Demonstrationen aus Anlaß der 80. Wiederkehr des Diktats von Trianon gegeben. Am Heldenplatz der Hauptstadt fanden sich schließlich mehrere zehntausend Ungarn ein, die Gedichte rezitierten und patriotische Lieder sangen. Der Vorsitzende der auch im Parlament vertretenen "Partei der Ungarischen Wahrheit und des Lebens", Istvan Csurka, forderte zwar keine Grenzrevision, warnte aber vor einem neuen Trianon durch das Schengener Abkommen, da damit Siebenbürgen und die Karpatoukraine endgültig in die östliche Interessensphäre gerieten.

Wenn die Nationen und Kulturen Europas, so Csurka weiter, nicht an einem seelenlosen Monetarismus der Brüsseler Bürokratie zugrunde gehen wollten, dann müßten sie sich gemeinsam zur Wehr setzten. Freilich könne dies nur dann geschehen, wenn die Ungerechtigkeiten der Vergangenheit, die Pariser Vorortverträge und die Benesch-Dekrete, einvernehmlich mit allen Beteiligten gelöst würden.

Wenn jetzt der Weltbund der Ungarn nachlegt, so scheint dies nur die Konsequenz aus der Untätigkeit der politisch Verantwortlichen zu sein, die darauf setzen, daß dieses Problem sich durch die Angleichung der Lebensbedingungen entschärfen wird, was jedoch als vollständig unwahrscheinlich gilt. Gerade die Regierenden in Budapest, aber auch die in Brüssel müssen nunmehr immer stärker berücksichtigen, daß die Revisions-Forderung den ganzen Raum in Bewegung setzen könnte, der dann auch den osteuropäischen nicht unberührt lassen dürfte.

Der Politiker Zsolt Lan´y sprach gewiß nicht ohne Hintersinn, wenn er auf die wechselseitigen Einflüsse in diesen Räumen hinwies, indem er zunächst abwiegelte, daß die "Frage der Revision von Trianon zur Zeit nicht aktuell sei, die man bei "eventuellen Änderungen in Osteuropa" neu stellen müsse. Die neue Sicht der Dinge kann also durchaus auch von den Rändern des mitteleuropäischen Raumes her kommen. P. F./F. H.