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14.10.00 Bedenken

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 14. Oktober 2000


Bedenken
von Peter Fischer

Die Frage, wer kontrolliert die mächtigen Wächter eines Staates, beschäftigte nicht nur die kritisch das Berliner Geschehen beobachtenden Zeitgenossen unserer Tage, sondern schon den berühmtesten Schüler von Sokrates. Platon dachte immerhin noch daran, daß die Beherrscher des Staates nur Philosophen sein können, weil diese am ehesten die Idee des Staates in ihrer ganzen Tiefe empfinden und gestalterisch zu durchdringen vermögen. Solche Gedankenexperimente haben in der Neuzeit nur noch Literaten vom Range eines Hermann Hesse wie dieser in seinem Roman "Glasperlenspiel" angestellt.

Politiker der Gegenwart verfallen allenfalls noch aus Gründen propagandistischer Volten zu Wahlzeiten auf abweichende Gedankengänge, ansonsten erweisen sie dem bloßen Augenblick ihre tiefste Reverenz. Was möglicherweise bei uns in besonderer Weise damit auch noch im Zusammenhang stehen dürfte, daß sie ihre eigentliche Legitimation nicht aus dem Willen des Volkes, sondern aus ungeschriebenen und vermutlich überhaupt nicht bestehenden Auflagen der Sieger mit großem Eifer und weit vorauseilendem Gehorsam ableiten. Die mitunter offenbar mit Vorbedacht verbreitete Ansicht, sie besäßen nur noch geringe historische Kenntnisse über geopolitische, völkerrechtliche oder historische Zusammenhänge oder über Wünsche und Sehnsüchte des Volkes, muß mit äußerster Skepsis aufgenommen werden.

So etwa Hessens CDU-Politiker Roland Koch, der die Bürger dieses Bundeslandes zu einer groß angelegten Unterschriftenaktion in Sachen Asylanten anstiftete, um sie dann bei der übergroßen Inanspruchnahme still und ohne politische Konsequenzen auslaufen zu lassen. Ähnlich auch der seinerzeitige Kanzlerkandidat Schröder, der dem Euro keine Zukunft voraussagte oder sich bei anderer Gelegenheit im Juli 1997 sehr geschickt an vorherrschende populäre Meinungen anlehnte: "Man muß das mal sagen, selbst wenn manche es nicht gerne hören: Beim organisierten Autodiebstahl sind Polen nun mal besonders aktiv, das Geschäft mit der Prostitution wird dominiert von der Russenmafia, Drogenkriminelle kommen besonders häufig aus Südosteuropa und Schwarzafrika. Wir dürfen nicht mehr so zaghaft sein bei ertappten ausländischen Straftätern. Wer unser Gastrecht mißbraucht, für den gibt es nur eins: raus, und zwar schnell."

Oder aber auch der Fischer Joseph, der seine einst grüne Klientel längst aus dem pazifistisch-neutralistischen Feld herausgeführt und damit "seine Vergangenheit hinter sich wie der Apostel Paulus" (Augstein) geworfen hat. Die in Hamburg erscheinende linksliberale Zeitung "Die Woche" titelt über den Außenminister: "Er hat seine Politik gewechselt wie seine Anzüge", um dann im Text fortzufahren: "Wenn schon Anzug, dann der Dreiteiler von Verutti. Wenn schon Atlantiker, dann im Flirt mit Madeleine Albright. Und wenn schon Nato, dann konsequent bis in den Krieg. Der Aufsteiger ist von sich selbst so beeindruckt, daß er ganz und gar Gefangener seiner Rolle wurde. Ein Schauspieler mit ewig gleichem Repertoire: dramatisch gewölbte Augenbrauen, aufgerissene Augen, zerknitterte Stirn. Hier hat einer, so soll die Mimik des Schmerzensmannes verraten, die Last des Globus geschultert". Vom dumpfen, geistarmen Revoluzzer zum Profiteur in vielerlei Betracht – eine bundesdeutsche Karriere. An weiteren Beispielen wäre kein Mangel.

Doch inzwischen geraten nicht nur außenpolitische Ziele, die den Geschicken unseres Volkes not täten, immer mehr aus dem Blick, es werden auch die innenpolitischen Zügel angezogen, als besäßen die mühsam errungenen Bürgerrechte keinen Wert mehr. Da wird dem Hamburger Autor Henneke Kardel kurzerhand das Telefon abgeschaltet, weil er diesen Apparat genutzt habe, um sich vehement gegen die Antiwehrmachtausstellung auszusprechen. Da darf die Lufthansa laut Gerichtsbeschluß Passagiere vom Transport ausschließen, wenn sie im Zielland nicht willkommen sind. Selbst der Schadenersatz wurde den klagenden Rechtskonservativen versagt.

Es verwundert dann kaum noch, wenn der durch die Gna de der frühen Geburt zeitweilig zum Alterspräsidenten des Bundestages gekürte Schriftsteller Stefan Heym in "Die Woche" bündig fordert: "Wenn Sie die Freiheit verteidigen wollen, können Sie den Gegnern der Freiheit keine Freiheit geben. Sie brauchen sowieso diktatorische Mittel, um die Freiheit zu erkämpfen. In diesem Land wäre ich dafür, daß man Rechtsextremen keine Möglichkeit gibt, in der Öffentlichkeit aufzutreten. Das muß polizeilich unterdrückt werden, mit diktatorischen Mitteln". Basta!

Nur, Platos frühe Bedenken, wer bewacht die Wächter, wer legt fest, was extrem ist, bleiben unberücksichtigt.