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21.10.00 Volksfront

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 21. Oktober 2000


Volksfront
von Peter Fischer

Anders als in früheren Jahren vermeidet die meinungsbildende Presse seit der auf Hochtouren laufenden "Kampagne gegen Rechts" im Zusammenhang mit der PDS den erhellenden Zusatz "Nachfolgepartei der SED". Kanzler Schröder, noch vor der Wende auf Gesinnungs-Duz-Fuß mit dem "Lieben Genossen Egon (Krenz)", tafelt inzwischen mit leitenden Größen der PDS, während die Genossen auf dem Cottbusser Parteitag die blutrote Flagge der Aktionseinheit aufziehen.

Bei so viel Volksfrontfrühling im trüben deutschen Herbst möchte die CDU/CSU nicht abseits stehen, weshalb sich Bayerns Innenminister für ein Verbot der NPD ausspricht und das fahle CDU-Nordlicht Volker Rühe letzte Widerständler seiner Partei niedermacht, die noch hinhaltend davon phantasieren, die BRD sei kein Einwanderungsland.

Wenn nicht all diese Zeichen trügen, dann schwenken die politisch Mächtigen im elften Jahr des Mauerfalls mit einem kräftigen "Links um!" in die breite Einbahnstraße ein, um da zu enden, wo Ulbricht 1949 mit seinen Phrasen von der "antifaschistisch-demokratischen Grundordnung" begonnen hatte. Von Sozialismus oder gar Kommunismus sprach der Sachse damals noch nicht, es mußte zunächst demokatisch aussehen, aber er mußte alles in der Hand behalten. Aber es war klar, wer die "führende Rolle" anzweifelte, konnte alsbald in Waldheim oder Bautzen über den eigenwilligen Lauf der Welt sinnieren. Peinlichst vermieden wurde damals der Begriff Volksfront, da er mit trüben Erfahrungen der Vorkriegszeit aus den westeuropäischen Nachbarländern Frankreich und Spanien in Verbindung gebracht worden wäre. Man setzte dafür das wohl bedachte, geradezu magisch wirkende Wort "Nationale Front", weil es am ehesten Hoffnungen im dreigeteilten und geschlagenem Deutschland ansprach.

Territorial dreigeteilt sind wir heute nicht mehr, aber das Wort "national" im Zusammenhang mit unserer Gegenwart gelten der SED-Nachfolgepartei PDS, aber auch SPD, FDP oder eben auch der CDU/CSU gelinde gesagt wenig. Die SPD empfiehlt sich in Mitteldeutschland längst als die "bessere CDU", oder auch unter Anspielung auf die SPD/PDS-Koalition in Mecklenburg-Vorpommern: "Rot-Rot, das ist unser Beitrag zur inneren Einheit" (Ringstorff). Man griffe freilich zu kurz, wollte man hier nur ein bloßes SPD-Planspiel vermuten, bei dem es um eine verbesserte koalitionsgemäße Botmäßigkeit der Grünen geht, die man mit einem Blinzeln zu den Genossen der PDS (oder FDP) vergrößern könnte.

Im elften Jahr des Mauerfalls geht es nicht mehr wie zu Ulbrichts Zeiten um klassenkämpferische Zielsetzungen, um Weltrevolution, sondern um die Rückführung der Bundesdeutschen auf die abschüssige Einbahnstraße einer wörtlich zu nehmenden "Einbindung" in die "Neue Weltordnung". Der ehemalige Mercedes-Chef Edzard Reuter brachte es im EG-Magazin vom Juni 1990 auf die Formel: "Nur durch den beschleunigten Aufbau einer gemeinsamen Notenbank kann sichergestellt werden, daß die Deutschen zu außenpolitischen Ausbrüchen unfähig werden".

Das Ziel gilt nicht mehr wie zu Zeiten des Kalten Krieges, den materiell sicheren westdeutschen Existenzen angesichts sowjetischer Panzer oder irgendwelcher ideologischer Aktionseinheiten das Gruseln aus wahltaktischen Gründen zu vermitteln, wie dies insbesondere die CDU praktizierte. Alles läuft jetzt unter Einschluß von CDU/FDP auf eine Art von Neuauflage des "demokratischen Zentralismus" hinaus, wobei "Klassenfeind" derjenige Deutsche ist, der zu "außenpolitischen Ausbrüchen" neigt.

Bei einem so hehren Ziel scheint gesichert, daß hier mit einer Wiederholung der dümmlichen "Rote Socken-Kampagne" nichts getan ist. Sie verfehlte damals schon staatspolitische Notwendigkeit. Es war daher nur folgerichtig, daß die CDU, die 1989/90 fast zwangsläufig im nationalen Gewande daherkommen mußte, jegliche Reputation verlor, weil sie nicht vom multi-kulturellen Glatteis herunterkam. In Hessen war dies mühelos zu beobachten: Wähler unterstützten sofort die Unterschriften-Aktion Roland Kochs. Doch als sie registrierten, daß dies nur eine folgenlose Variante des Wahlkampfes war, vergrößerte sich die Partei der Nichtwähler.

Unabhängig davon verharren die politisch Mächtigen in der Vorstellung, daß es im Sinne des Fortschritts (Wie denn sonst?) gelte, "im eigenen Land schwierige Kämpfe gegen Souveränitätsvorstellungen von gestern durchzustehen", weil "sie unvereinbar" seien mit "der Lösung von Lebensfragen, von denen unsere Existenz abhängt" (E. Reuter). Die Frage bleibt, wer repräsentiert bei Volksherrschaft "unsere Existenz"?