16.04.2024

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04.11.00 "... die Öffentlichkeit empörte sich nicht"

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 04. November 2000


Interview:
"... die Öffentlichkeit empörte sich nicht"
Der Hamburger Kaufmann Heiko Peters über SBZ-Enteignungen und Regierungskriminalität

Abgesehen von der völkerrechtswidrigen Angleichung der BRD an die Festlegungen der DDR im Zusammenhang mit der sogenannten "Oder-Neiße-Friedensgrenze" stand bei der Vereinigung von 1989/90 insbesondere der Rechtsbruch bei den SBZ-Enteignungen im Blickpunkt. Weit über zwei Millionen Betroffene blieben bislang rechtlich unberücksichtigt. Zu den von Anfang an entschiedenen Kämpfern in dieser Sache gehörte der Hamburger Kaufmann Heiko Peters, der insbesondere mit spektakulären Anzeigenaktionen auf das Unrecht verwies. Der gebürtige Hamburger, Vater von drei Kindern, Reserve-Offiziersanwärter der Bundeswehr, langjähriges Mitglied der CDU, gab unlängst sein Parteibuch zurück, nachdem er schwerste Attacken (Hehlerei u. a.) gegen seine Partei geritten hatte. Die Union riskierte dennoch kein Ausschlußverfahren. Sein Austritt aus der CDU stiftete auch den Anlaß für das nachfolgende Interview, das Peter Fischer und Hans B. v. Sothen führten.

Herr Peters, Sie haben kürzlich die CDU verlassen, nachdem Sie sich jahrelang mit ihren spektakulären Anzeigen über die widerrechtlichen SBZ-Enteignungen ohne erkennbaren Erfolg um eine Korrektur durch Ihre frühere Partei bemüht haben. Ist Ihr Austritt nunmehr auch der Schlußakkord ihrer politischen Bemühungen?

Nein, überhaupt nicht.

Ich kann jetzt alles ohne Parteirücksichten tun, nachdem die Aufklärung über die SBZ-Enteignungen so gut wie bundesweit gegeben scheint. Ich habe jetzt ganz neue Eidesstattliche Erklärungen von leitenden Persönlichkeiten aus der Wendezeit, die alle bestätigen, daß das, was ich der Regierung Kohl seit drei oder vier Jahren vorwerfe, daß sie vorsätzlich, aus rein fiskalischen Motiven heraus, die Leute, die da von der Sowjetmacht 1945 bis 1949 enteignet worden sind, betrogen hat.

Wie war denn die Reihenfolge? Es gab ja zunächst die Idee von Modrow, sicherlich aus ideologischen Gründen, diesen Besitz nicht zurückzugeben, sondern die Einkünfte der Staatskasse zuzuführen.

Sie haben völlig recht, wenn Sie sagen, Modrow war der Vorreiter in dieser Angelegenheit. Das stimmt. Das deckt sich mit den Zeugenaussagen der Betroffenen. Modrow war Altkommunist. Wie wir auch wissen, war er später der Wahlfälscher von Dresden und wurde ja deshalb als erster Mann der DDR durch seinen Stellvertreter de Maizière ersetzt, was heute häufig vergessen wird. Modrow wollte aus ideologischen Gründen das Volksvermögen nicht zurückgeben. Am 19. Dezember 1989, die Wiedervereinigung war noch nicht da, trafen sich Modrow und Kohl in Dresden. Dabei wurde vereinbart, eine Kommission zur Regelung offener Vermögensfragen einzusetzen. Sechs Wochen später kommt Herr Modrow mit dieser Idee zu Herrn Gorbatschow, obwohl er weiß, daß die Nichtrückgabe gegen das Grundgesetz, die Haager Landkriegsordnung und andere völkerrechtliche Bestimmungen verstößt, um Gorbatschow umzustimmen.

Ließ sich Gorbatschow umstimmen?

Nein. Gorbatschow, ausgewiesener Jurist, wollte nicht, ließ sich nicht korrumpieren.

Modrow schied wegen eines Wahlbetrugs aus, dafür folgte nun de Maizière nach ...

... immerhin, wie mir DDR-Chefunterhändler Krause versicherte, um das Eigentum der Leute, die aus Ostdeutschland vertrieben worden waren und ganz schreckliche Schicksale hinter sich hatten, zu sichern. Diesen waren bis zu 20 Hektar zugeteilt worden. Das sollte auch so bleiben.

Damit sind auch alle enteigneten Verbände einverstanden gewesen. 45 bis 50 Jahre sind vergangen, irgendwann schafft die Zeit auch Rechte. Und Krause hat es im Einigungsvertrag durchgesetzt.

Und nun kam die politische Perversion unseres Systems zum Zuge?

Mitglieder der Bundesregierung, in erster Linie Schäuble, in zweiter Linie Waigel fanden die Idee faszinierend, alles im Staatsbesitz zu belassen, denn sie hatten 1990 ein ganz großes Problem: Die Regierung Kohl hatte vorher Landtagswahl um Landtagswahl verloren. Seit 1982 war eine Wahl nach der anderen in die Hose gegangen. Und jetzt weiß jeder, der einmal Macchiavelli gelesen hat, vor einer Wahl Steuern zu erhöhen, ist tödlich. Selbst auch dann noch, wenn ich die deutsche Wiedervereinigung im Gepäck habe. Wie kriege ich die Vereinigung hin, ohne Steuern zu erhöhen, wenn ich morgen noch dranbleiben will?

Dieses Problem konnte man scheinbar nur lösen, indem man dem Wunsche von Modrow folgte und sagte: Wir behalten alles als Volkseigentum/-vermögen für uns und geben es nicht zurück. Bloß, wie schaffen wir das?

Da kam Rettung in Biedermannsgestalt und wußte Rat?

Richtig, da kommt ein Herr Herzog, der später als Präsident bekannter wurde, und gibt Rat. Und so hat er sich selbst vor der Verwaltungshochschule in Speyer 1991 vor seinen Studenten geäußert: "Ich habe den Ratschlag gegeben, dieses im Grundgesetz abzusichern, um einen vorhersehbaren Prozeß nicht zu verlieren." Diese Absicherung nahmen dann Schäuble und Waigel auf und banden das Paket als Junktim zusammen. Einverständnis zur Wiedervereinigung von den Russen und der DDR nur als Junktim möglich unter Beibehaltung der Enteignung 1945 bis 1949.

Kein Aufschrei innerhalb des Bundestages, aber immerhin Aufschrei bei 112 Abgeordneten, die schriftlich zu Protokoll gaben, "in diesem Vertrag von 1000 Seiten, den wir vor 36 Stunden überhaupt erst zu Gesicht bekommen haben, über den wir heute abstimmen sollen, ist etwas enthalten, was uns gar nicht paßt. Nämlich eine Mißachtung des Grundgesetzes. Und nur weil uns gesagt wurde, wenn wir die deutsche Wiedervereinigung nicht gefährden wollten, müßten wir dieser Grundgesetzänderung zustimmen." Das heißt, die Grundgesetzänderung Art. 143 Abs. 3 wäre bei richtiger Unterrichtung des Parlaments niemals zustande gekommen. Das ist eindeutig erwiesen.

Diese Kondition ist nur dem Verfassungsgericht vorgetragen worden, und die Regierungsmitglieder ("Bitte schreiben Sie das!") – die möchten mich doch bitte endlich einmal verklagen, die dies dem Verfassungsgericht so vorgetragen haben, haben wissentliche Falschaussage begangen. Nur aus dem Grunde ist ja bei der zweiten Entscheidung, die sich 1996 anschloß, abgestellt worden auf die Einschätzung der Bundesregierung, die ja subjektiv und viel schwerer zu erschüttern ist. ´

Nun, auch die kann ich heute erschüttern, denn nachdem am 10. und 11. Februar 1990 Kohl bei Gorbatschow in dessen Büro im Kreml war, lautete das Kommuniqué über dieses Treffen: Die deutsche Wiedervereinigung erfolgt. Kohl hatte sie gegenüber Gorbatschow sinngemäß folgendermaßen begründet: Die Straße stürmt bereits die Stasi. Die Polizei bittet bereits im Westteil Berlins, daß wir die Polizeitruppen übernehmen möchten, um die Wasserwerke, die Elektrizitätswerke und die Krankenhäuser zu sichern. Die Sicherheit ist nicht mehr gewährleistet. Die Stasi-Zentrale in Ostberlin war gestürmt worden. In Leipzig und in Magdeburg standen die Leute auf der Straße und fegten das Regime weg. Und da sagte Kohl wörtlich laut Stenogrammnotizen von Gorbatschow, übrigens belegt in seinem eigenen Buch "Ich wollte die deutsche Wiedervereinigung": "Wir können die deutsche Wiedervereinigung nicht mehr verhindern, wir können sie nur noch kanalisieren."

Und auf der Gangway des Flugzeuges, am 11. Februar in Köln-Wahn, wurde er gefragt, Sie bringen doch die deutsche Wiedervereinigung mit: "Ja", sagte er. Er wurde gefragt, zu welchen Bedingungen? Er hat gesagt: "Ohne jede Bedingung."

Gorbatschow schreibt dazu: "Es war uns klar, die Deutschen sollen selbst festlegen, wann, zu welchen Bedingungen, zu welcher Zeit, in welcher Form sie die deutsche Wiedervereinigung vollziehen werden. Wir werden uns nicht einmischen."

Es sind noch Fragen zu klären, Nato-Zugehörigkeit des vereinten Deutschlands, Truppenabzug …

... aber nicht in Mitteldeutschland?

Eben, in Mitteldeutschland wollten es die Russen seinerzeit nicht. In Mitteldeutschland wollten sie seinerzeit endlich keine ausländischen Truppen mehr haben.

Es ist erst bei Nachverhandlungen im Kaukasus soweit gekommen, das Gorbatschow auch dem zugestimmt hat ...

... da brach das russische Imperium auch schon an allen Fronten zusammen. Es ist ja implodiert durch die wirtschaftliche Misere, die Gorbatschow klargeworden war, nachdem Reagan ihm am Kamin in Reykjavik erklärt hatte, ich rüste dich zu Tode, wenn du nicht nachgibst.

An sich war Reagan der Verursacher, zusammen vielleicht mit dem politischen Papst aus Polen, der ja seinerzeit die innere Aufrüstung und vielleicht noch einiges mehr dazu gestiftet hat.

Und es schließen sich jetzt an Besprechungen im Kanzlerbungalow in Bonn. Und dann wird überlegt, wie finanzieren wir? Und zu diesen Überlegungen wird erstaunlicherweise Herr Günter Krause, Chefunterhändler der DDR, bei den deutschen Wiedervereinigungsgesprächen nicht hinzugezogen, weil er öffentlich erklärt hatte: "Ich werde diese Konditionen nicht mittragen." Das heißt, die anderen, die dort was zu sagen hatten, Kohl, Waigel, Motsch, Reichenbach, der ehemalige Adjutant von de Maizière, u. a. beschlossen dann, dieses so zu handhaben, wie es noch heute festgeschrieben ist. Und dann wird noch eins oben drauf gesetzt: Es darf nur geändert werden, wenn alle fünf neuen Bundesländer zustimmen. Und die fünf neuen Bundesländer bekommen dann später bei einer Bundestagsnovelle im Jahre 1993/94 noch ein Bonbon dazu, als es um das Eigentum der Kleinsiedler und Neusiedler geht.

Dies war zum Volleigentum durch den Vereinigungsvertrag geworden. Die kamen nach 1990 in die Grundbücher. Jetzt kommt 1993/1994 eine Novelle, und die lautet, nur das, was landwirtschaftlich genutzt wird, also genau so wie DDR es früher mal vorhatte, wird Volleigentum. Alles andere können die neuen Bundesländer für sich beanspruchen. Sie können also die Auflassung im Grundbuch verlangen und tun es auch. Tausende wurden herausgeklagt.

Also entgegen dem Gesetzestext des Einigungsvertrages werden die Leute herausgeklagt mit Zustimmung der fünf neuen Bundesländer, denn diese kleinen Ländereien bekommen die neuen Bundesländer. Das heißt, wenn man das jetzt in Zahlen nennt: wir reden über 80 Prozent Volkseigentum und 20 Prozent Neusiedlereigentum. Und wir reden insgesamt über 35 Prozent von 2 220 000 Restitutionsanträgen. Das sind ca. 750 000 Immobilien. Man muß die Zahlen kennen, 750 000 Immobilien, das ist keine Kleinigkeit. Diese 20 Prozent Privateigentum gehen jetzt an die neuen Bundesländer, 80 Prozent kassiert der Bund, und Nase machen die alten Eigentümer. Zum Beispiel alleine in Mecklenburg sind heute 50 000 Haushalte davon betroffen. Und was ist jetzt die Folge dieses, ich nenne das ganz offen, Verbrechens, dieses unglaublichen Betruges? Arbeitslosigkeit im weitesten Maßstab, denn wenn der Mittelstand nicht zurückkommen kann, gibt es keine Entwicklung.

War bei Schäuble das Motiv allein finanzwirtschaftlich begründet oder gab es auch Vorbehalte gegen zum Teil preußische Gebiete und "preußische Junker", die sich teilweise, etwa bei Kohl, auch aus rheinbündlerischen Ansätzen nähren?

Es ist sicherlich eine Gemengelage. Zunächst einmal die Zahlen. Das Statistische Jahrbuch des Deutschen Reiches von 1938 sagt, daß auf dem Boden der ehemaligen DDR ca. 1,8 Millionen Mittelständler selbständige Unternehmer waren. Das reicht vom Friseurmeister mit einem Lehrling über den Klempner, über den Kinobesitzer, den Agrarier bis zum großen Unternehmer mit 2000 Leuten.

Sachsen hatte 1938 den höchsten Lebensstandard in Europa?

Ja, Sachsen war das mit Abstand reichste Land in Gesamteuropa, also weit vor dem Ruhrgebiet. 1,8 Millionen selbständige Unternehmer damals, heute 420 000. Das heißt, es fehlen 1,4 Millionen. Und wenn Sie jeden beglücken mit 3 bis 5 Mitarbeitern, dann kommen Sie auf einige Millionen Arbeitsplätze und daraus erklärt sich ein Großteil der heutigen Arbeitslosigkeit.

Und Schäuble soll dies nicht gewußt haben?

Da muß man ein kleines bißchen die Biographie von Schäuble unter die Lupe nehmen. Sein Vater war kleiner Steuerberater. Schäuble ist leider heute noch der Meinung, daß der Staat Geld braucht und es sich durch Steuern holen muß. Er hat von Volkswirtschaft ganz wenig Ahnung. Er kommt außerdem aus dem, wie soll ich sagen, aus dem 3. oder 4. Stand, daß heißt, die Bauernkriege in der süddeutschen Provinz die agieren im Hintergrund auch noch mit. Das ist genauso bei Waigel, der auch aus einer solchen Familie kommt. Der Großvater von Waigel war noch Lakai bei dem Fürsten Fürstenberg. Und diese Vorurteile, diese dummerhaftigen ideologischen Vorurteile sind bei beiden, ganz genau wie bei Kohl, auch er aus einer ganz kleinen Kiste, sind bei diesen drei Leuten nun einmal im Innersten vorhanden.

Wenn es einen Ludwig Erhard gegeben hätte mit seiner liberalen wirtschaftlichen Kenntnis, oder wenn es einen Konrad Adenauer gegeben hätte, der dem Großbürgertum zugetan gewesen war, oder selbst einen Franz-Josef Strauß mit seiner unglaublichen Intelligenz, dann wäre ja dieses ganze Dilemma nie entstanden. Diese Burschen sind ganz primitiv davon ausgegangen, da ist etwas, das gehört niemandem, wenn ich es bekomme, werde ich reich, wenn ich reich werde, kann ich ohne Steuererhöhung in die Wahl gehen. Wenn ich das tue, werde ich wiedergewählt und behalte die Macht. So sind sie. Ganz schlicht simpel und nur zu verstehen vor dem Hintergrund der ganz kleinen Bürgerleute aus der ganz tiefen Provinz. Traurig, aber wahr.

Da gab es diesen Staatssekretär Castrup, hatte der das Verfassungsgericht belogen?

Er hat vor dem Gericht so geschickte Aussagen gemacht, daß das Gericht getäuscht wurde. Jemand, der nicht ganz gründlich Jura studiert hat und der nicht die verzweifelten Winkel der Geschehnisse kennt, der wird eindeutig sagen, Castrup hat gelogen. Jeder vernünftige Jurist könnte das auch auseinanderklabüstern. Tatsache ist für mich, daß ein Mann, der normal denkt und der juristische Finessen nicht kennt, von Castrup hinters Licht geführt worden war.

Aber vor einem Richter, der die Entscheidung kannte, bevor er sie fällte, Roman Herzog, Duzfreund des Kanzlers aus den Tagen in Rheinland-Pfalz, in denen er sein Justizminister war, und der ihn zum Präsidenten des Bundesverfassungsgerichtes gemacht hatte, wurde die Verhandlung wunschgemäß geführt. Eigentlich war Herzog in der klassischen Rolle des Dorfrichters Adam in Heinrich von Kleists "Der zerbrochene Krug".

Um mit Shakespeare zu fragen, "Das sind sie also, all diese ehrenwerten Männer"?

Ja. Dieser Mann, der moralisierend durchs Land geht und sagt, es muß ein moralischer Ruck erfolgen. Dem muß ich vorwerfen, in den größten Zeitungen dieses Landes auf einer gesamten Seite, Sie, Herr Prof. Dr. Herzog, Staatspräsident dieses Landes in dem ich lebe, haben hintergangen Leute des 20. Juli 1944, haben hintergangen deutsche Juden und haben sie um ihren Besitz betrogen. Der wehrt sich nicht, der läßt mir keine Einstweilige Verfügung zugehen. Der wehrt sich nicht mit einer Beleidigungsklage. Der läßt das ganz schlicht ablaufen, wie an einer dicken Regenhaut.

Und wenn ein Graf Schwerin, das ist ein altehrwürdiger, weißhaariger Mann, aus Mecklenburg, auf einem Empfang fragt: "Entschuldigen Sie, Herr Bundespräsident, Sie haben vorhin eine glänzende Rede gehalten. Aber hier ist etwas, was mich im Innersten bewegt und nicht nur mich, sondern viele hunderttausend Leute in diesem Land, da ist ein schreckliches Fehlurteil gefällt worden?", und sich einfach abwendet und ihn stehen läßt, dann muß dieser Mann ein sauschlechtes Gewissen haben. Er hat Angst.

Warum hat denn die Hamburger CDU in der Parteizentrale mehrfach darüber debattiert, mich aus dieser Partei auszuschließen, und schreckte dann jedesmal vor dem Einwand zurück: "Um Gottes willen, dann erreicht der Peters ja, was er will, dann kommt er vor ein Amtsgericht in Hamburg Mitte und dann wird dieser Amtsrichter in Hamburg Mitte bescheinigen, daß alles das, was der Peters der Bundesregierung vorgeworfen hat, wahr ist, dann hebelt er damit das Verfassungsgericht aus. Dann haben wir den Skandal analog zu Italien zur Democratia Christiana. Um Gottes willen, laß ihn drin, laß ihn uns erdulden, laß ihn uns ertragen!"

Daß ich dann von mir aus die Notleine gezogen habe, war an sich ganz witzig. In der "Bildzeitung" war das hübsch kommentiert. Oben: "Echternach meldet sich in der CDU zurück mit DM 500 000 Spendengeld." Unten: "Peters tritt am gleichen Tag aus." Also besser hätte der Bestand der Hamburger CDU nicht beleuchtet werden können, als der Mann, der dafür zuständig ist und gerichtlich zurecht gewiesen wurde, daß die von ihm verfaßte Satzung der Hamburger CDU undemokratisch war, an dem Tag zurückkehrte, tritt der ehemalige ""Wadenbeißer" aus. Das war ein Zusammentreffen, wie es nie besser hätte sein können.

Ist aber trotzdem jetzt innerhalb Ihrer Wirkungsmöglichkeit, innerhalb der Partei nicht das Pulver ein bißchen naß geworden. Sie sind also jetzt weg. Sie sind also der Kaufmann Peters, haben mit der Partei nichts zu tun?

Das mag so sein. Aber wissen Sie, ich bin auch nur ein Mensch.

Wenn ich mich nun drei Jahre mit einer Affäre beschäftigt habe, so wichtig sie immer ist, und so wichtig ich sie auch für das Staatswesen finde, Regierungskriminalität zu dulden darf in einer Demokratie nicht möglich sein. Aber nun habe ich mich drei Jahre lang in der CDU bewährt, nun werde ich mich in der nächsten Zeit außerhalb der CDU bewähren. Ich kann es viel klarer machen: Ich habe ja immer noch Rücksichten genommen.

Genau so wie ich am Anfang versucht habe, das innerfamiliär zu klären. Mit den Anträgen der vier genannten Bundesländer, mit den Anträgen auf dem Bundesparteitag, der übrigens mit übergroßer Mehrheit beschlossen wurde und der von Schäuble ins Abseits gelenkt wurde und mit einem wiederholten Antrag an den Bundesparteitag, der dann ebenfalls ins Abseits gelenkt wurde. Da habe ich mir dann doch irgendwann gesagt, in welchem Laden bin ich hier eigentlich? Als dann die Frau Merkel ...

... noch so eine ehrenwerte Person?

... übrigens auch Hamburgerin, eine Barmbekerin, neuerdings sagt sie Harvestehude, klingt vornehmer, als Kind dem Vater nach Brandenburg gefolgt, und damit ihrer Biographie, die ja bemerkenswert ist. Da kommt also eine Tochter eines Pastoren, also Bürgerstand, und wird in einer Zeit, in der das gesamte Bürgertum zur höheren Schule nicht zugelassen wird, in der Zeit darf die Angela auf das Gymnasium gehen. Angela macht da ein mittelmäßiges Abitur und darf in einer Zeit, in der Bürgertum auf die Universitäten gar nicht zugelassen wird, darf Angela auch auf die Universität. Angela möchte sehr gerne Physiklehrerin werden. Sie macht ein gutes Physikum und ein ganz miserables Pädagogikum und fällt leider durch die Prüfung durch. Was passiert dann? Dann wird Angela Merkel berufen. Sie bekommt eine Berufung in den Rat der Wissenschaft in der DDR. Direkt dem Politbüro unterstellt. Was wird sie dort? Sie wird dort Sekretärin für Propaganda und Agitation. Die heutige Vorsitzende der CDU.

Sie ist nicht als Physikerin dort an dieser Akademie?

Sie wird dort Physikerin. Sie wird dort Assistentin von irgendeinem Physikus und wird aber auch Sekretärin für Propaganda und Agitation in einer Institution, die unmittelbar unter dem Politbüro in Ostberlin angesiedelt ist. Und diese Dame ist heute Vorsitzende der CDU Deutschlands. Und ich spreche den Kreisvorsitzenden der CDU Hamburg-Altona an und sage ihm: "Das kann ja wohl nicht wahr sein." Ich meine, bitte, jeder Mensch macht Fehler, und jeder Fehler ist auch zu entschuldigen. Aber es gibt auch Fehler, die habe ich nicht gerne.

Wenn nun aber die Frau Merkel schreibt: "Das war alles schreckliches Unrecht, aber wir können es nicht reparieren, denn sonst würde man die DDR nicht wieder erkennen." Dann muß ich sagen, darf eine Dame, die volkswirtschaftlich so ungebildet ist, daß sie die simpelsten Zusammenhänge zwischen Eigentum, Sozialer Marktwirtschaft und Vollbeschäftigung nicht begriffen hat oder nicht begreifen will, darf diese Dame einen ganz wichtigen Posten unseres Landes auf Dauer bekleiden? Ich sage nein.

Als Kaufmann muß ich sagen, mit dieser Dame in dieser Stellung in dieser Partei, nicht mit mir!

Darf man vermuten, daß es ein Dossier gibt, das der Herr Kohl möglicherweise kennt und deshalb diese Dame auch sehr leicht schieben kann?

Ich will mich dazu nicht äußern, das wäre Spekulation. Das kann ich so nicht sagen. Ich weiß auch nicht, ob der Kohl heute noch den großen Einfluß hat. Ich weiß auch nicht, ob der Schäuble den großen Einfluß hat. Die sind ja nun, und ich sage heute Gott sei Dank, abgewählt worden. Da fehlt nur noch der Staatsanwalt, der die ganze Geschichte endlich rückhaltlos aufklärt ...

Glauben Sie daran?

Ich habe von Anfang an auf öffentliche Empörung gesetzt und gesagt, wenn die Öffentlichkeit erfahren wird, was hier gespielt worden ist, dann gibt es eine unglaubliche Unruhe. Aber jetzt? Also in aller Klarheit, ein Kanzler belügt das Parlament. Ein späterer Bundespräsident als Verfassungsgerichtspräsident beugt das Recht. Der spätere Außenminister Kinkel belügt das Bundesverfassungsgericht, der Finanzminister betreibt Staatshehlerei und der seinerzeitige Innenminister erfindet den ganzen Blödsinn. Deshalb habe ich gesagt: Öffentlichkeit!

Ich habe die Anzeigen geschaltet, nachdem der andere Weg mir versperrt worden ist. Und dann passierte, was ich nicht geglaubt habe, die Öffentlichkeit empörte sich nicht. Sie nahm das kopfschüttelnd zur Kenntnis und sagte, das kann so gar nicht wahr sein.

Ich selbst war im Zweifel. Aber als ich dann die erste Eidesstattliche Erklärung bekam von Prof. Krause, der ja bedauerlicherweise über lächerliche Affären einen schlechten Ruf bekommen hat, was ich außerordentlich bedaure, der aber sicherlich im Herzen ein ganz aufrichtiger Patriot ist, war ich sprachlos. Nachdem diese Eidesstattliche Erklärung in der Welt war, und die Gegenseite sich nicht traute, auch eine Eidesstattliche Erklärung dagegen zu setzen, da war mir völlig klar, alles das stimmt. Und jetzt frage ich, wo sind die Journalisten? Ich habe ja immer mal eine Anzeige geschaltet und habe gefragt, wo bleiben die Journalisten des Landes? Die gesamte andere Presse spielte nicht mit.

Dies ist ein furchtbares Zeichen?

Ja, aber ich resigniere nicht. Ich vermute, daß die Lücke, die im Augenblick von den etablierten Partein so gefürchtet wird und die sie zu so vielerlei fragwürdigen Aktivitäten antreibt, immer breiter wird. Vermutlich geht die CDU den Weg ihrer italienischen Schwesterpartei. Aber nochmals, ich resiginiere nicht, die Not gebiert sich ihre rettende Person irgendwann. Und dafür, daß Deutschland wieder ein Rechtsstaat wird, werde ich weiter kämpfen.