24.04.2024

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11.11.00 Im Trommelfeuer

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 11. November 2000


"Wie es war / Die deutsche Wiedervereinigung", Econ 2000
Im Trommelfeuer
In Wien wurde eine Staatskrise ausgelöst / Von R. G. Kerschhofer

Ist es ein "Spitzelskandal"? Oder gar eine "Staatskrise", wie der neue, altmarxistische SPÖ-Chef poltert? Oder nur die "Ausgeburt kranker Journalisten-Gehirne", wie Jörg Haider kontert? Es kann alles sein oder nichts, denn bisher liegen keine zwingenden Schuldbeweise oder Geständnisse auf dem Tisch, sondern nur Beschuldigungen und Gegenbeschuldigungen. Einzige Ausnahme: die Selbstbezichtigung eines Ex-Polizisten und Ex-SPÖ-Mannes, der für Haider eine eigene FPÖ-Gewerkschaft aufbauen sollte, aber heute auch ein Ex-FPÖ-Mann ist und seine Memoiren vermarkten will. (Ob er sie selber geschrieben hat?) Doch all das kann zunächst wieder nur Altbekanntes belegen, nämlich daß Menschenkenntnis nicht Haiders Stärke ist.

Statt auf strittige Einzelheiten soll hier auf die Zusammenhänge eingegangen werden: Die bei der Holocaust-Konferenz in Stockholm beschlossenen Sanktionen – also wegen einer mißliebigen Regierung gleich eine Bevölkerung in Geiselhaft zu nehmen – werden heute zwar nur mehr von Israel aufrechterhalten, aber die Unrast dauert an. Obwohl an einem zentralen Wiener Platz soeben ein weiteres Mahnmal in Betrieb ging und weitere Milliardenzahlungen vereinbart wurden! Normalität ist in die EU aber nicht eingekehrt, denn die Regie verlangt jetzt, die ÖVP mit demonstrativer Herzlichkeit zu überschütten, die Feuerkraft hingegen ganz auf die FPÖ zu konzentrieren. Da die Funktionärskader der FPÖ mit dem rasanten Wählerzuwachs nicht Schritt halten konnten, ist es naheliegend, die wenigen bekannten Mandatare ins Fadenkreuz zu nehmen. Dazu gehören neben Haider vor allem der Wiener FPÖ-Chef Kabas, der 1999 durch das Wahlplakat "Stop dem Asylmißbrauch" zum Feindbild aller Gutmenschen wurde.

Sämtliche bisher erhobenen Anschuldigungen beziehen sich auf Vorkommnisse, für welche die derzeitige Regierung nicht verantwortlich sein kann: Viele Jahre hindurch gelangten Finanz-, Polizei- und Gerichtsakte an die Öffentlichkeit, und jedem war klar, daß hier straf- oder dienstrechtliche Verfehlungen vorliegen mußten. Aber nie fanden es Polizei, Staatsanwaltschaft oder parlamentarische Ausschüsse für nötig, die undichten Stellen aufzudecken! Zufälligerweise war das Innenministerium seit 1945 in sozialistischer Hand (ausgenommen 1966–1970), und dank der Weichenstellungen von Kreiskys Justizminister Broda (einem Ex-Kommunisten!) kann man heute auch Staatsanwaltschaft und Richterschaft als rote Domänen ansehen, zumindest was die jüngeren Leute betrifft.

Bei "Enthüllungen" galt das Interesse bisher immer nur dem Inhalt, nicht der Datenbeschaffung. Hauptnutznießer war die Boulevard-Presse, die heute vollständig vom Ausland kontrolliert wird und mit der SPÖ, den Grünen und dem ebenso parteiischen Staatsfunk ORF eine Anti-FPÖ-Front bildet. Nutznießer waren aber auch die FPÖ selber (als Oppositionspartei) und die Grünen. Bei den Grünen wartete man mit Sensationen auf, die auf ein Netzwerk grüner V-Leute schließen ließen. Die politische Versteinerung während der rot-schwarzen Koalition hatte nämlich selbst im Regierungslager so viel Frust angestaut, daß Denunziantentum eine Art Volkssport wurde.

Haider rühmte sich, jede Information kriegen zu können – eine maßlose Übertreibung, sonst wäre er wohl längst Bundeskanzler.

Hinsichtlich der anrüchigen Computer-Abfragen steht immerhin fest, daß Jörg Haider eindeutiger Listenführer ist – nämlich als Zielperson! Wer abfragte, wird hingegen nicht so eindeutig nachweisbar sein, denn das dürftige Sicherheitssystem hatte es ermöglicht, auch mit der Dienstnummer eines Kollegen zugreifen zu können. Und echte Profis schaffen es ohnehin, die Spuren eines Zugriffs zu verwischen.

Erstaunlicherweise hat es die FPÖ bisher unterlassen, auf gewisse Geheimdienste hinzuweisen, für deren Tätigkeit es zahlreiche Indizien gibt – am spektakulärsten wohl bei der Briefbomben-Serie, die zunächst der FPÖ in die Schuhe geschoben wurde und plangemäß eine Verbotsdebatte auslöste. (Höhepunkt wäre 1995 die Lahmlegung des Wiener Stromnetzes gewesen – genau am 20. April! Doch flogen die Attentäter, zwei Linksextremisten, selber in die Luft. Mittäter, die zum Bekanntenkreis des Innenministers gehörten, konnten untertauchen.)

Angesichts der kommenden Gemeinderatswahlen in Wien – der wichtigsten roten Bastion im Lande! – darf man noch auf einige neue Attraktionen gefaßt sein. Bürgerliche Chorknaben jedenfalls haben wieder reichlich Gelegenheit, sich als "nützliche Idioten" zu erweisen.