29.03.2024

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11.11.00 Die Ostpreußische Familie

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 11. November 2000


Die Ostpreußische Familie
Lewe Landslied,

jetzt kommt die dunkle Zeit und mit ihr kommen auch die Stunden, die schwerer auf den Schultern drücken als andere im Jahreskreis. Die Gedenktage an diejenigen, die nicht mehr unter uns weilen, lassen uns noch stärker bewußt werden, was wir verloren haben. Trösten wir uns mit dem Spruch: "Was wir bergen in den Särgen, ist der Erde Kleid. Was wir lieben, ist geblieben, bleibt in Ewigkeit."

Landsleute, die in die Heimat reisen, finden oft verlassene Gräber, die als solche kaum noch zu erkennen sind. Und sie machen sich die Mühe, die Namen auf zerborstenen Steinen und zerbrochenen Kreuzen zu notieren, weil sie damit vielleicht den Familien von denen, die hier liegen, einen Hinweis geben können. So fand auch ein Ostpreuße in Kronau/Cronau (Kronowo) im Kreis Lötzen in einem abgelegenen Waldstück die Reste des alten evangelischen Friedhofes, auf dem noch einige Grabstätten und Gräber als solche zu erkennen waren. Er notierte Namen und Daten und übergab sie mir mit der Frage, ob sie vielleicht für unsere Familie von Interesse sein könnten. Sicher für diejenigen, die aus dieser Gegend stammen.

Er fand eine große eingegitterte Grabstätte mit den Namen Friedrich Czygan (* 7. April 1802 – † 14. Dezember 1874) und Carl Czygan (* 19. April 1846, † zu Königsberg, 18. Juli 1899). Dann das Erbbegräbnis der Familie Weding mit stehendem Kreuz: "Hier ruht in Gott mein lieber Mann und Vater Johann Weding, geb. 14. März 1821, gest. d. 5. April 1898" und die Ruhestätte der Familie Skubich mit vier Grabstellen. Außerdem waren noch drei Einzelgräber erkennbar: Karl Dominik (* 1898, † 1937), Auguste Willutzki, geb. Nagel (* 4. Oktober 1822 – † 22. Mai 1912) und ein Grab mit einem Holzkreuz, ein Soldatengrab: Siegfried Frost (* 11. 9. 1928 – gefallen Februar 1945). Vielleicht ist gerade die Information über das Soldatengrab für jemanden aus unserm Leserkreis wichtig.

Denn noch immer ist ja das Schicksal von unzähligen Vermißten ungeklärt, das bekommen wir in unserer Ostpreußischen Familie ständig zu spüren. Daß aber auch Informationslücken da sind, besagt folgende Begebenheit, die uns Ilse Waidelich berichtet. Ihr Mann und drei ihrer Kinder nahmen im April dieses Jahres an einer Ostpreußenreise teil, wobei auch der Soldatenfriedhof des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge in Insterburg besucht wurde. Dort stutzte Herr Waidelich, denn er fand seinen Familiennamen auf der Namenstafel: Hans Waidelich, * 1904, † 1945. Er veranlaßte, daß ein Foto gemacht wurde, und nach der Rückkehr versuchte seine Frau herauszufinden, woher dieser Namensvetter stammte. Bei der Kriegsgräberfürsorge erhielt sie genaue Daten von dessen Erkennungsmarken sowie die Angaben über den Geburtsort (Kirchheim unter Teck) und über den Tod (verstorben im Oktober 1945 im Gefangenenlager Insterburg): Frau Waidelich fand dann durch gute Kontakte eine Schwester des Verstorbenen, die vollkommen überrascht war, denn sie hatte von keiner militärischen Dienststelle eine Nachricht erhalten, außer der, daß ihr Bruder in Stalingrad (!) vermißt sei. Sie war natürlich sehr froh darüber, daß sie jetzt weiß, wo ihr Bruder verstarb, und dankbar, daß sie nun ein Foto von der Namenstafel besitzt.

Das wollte ich Euch, lewe Landlied und Freunde unserer Familie, berichten. Weil es gut zu wissen ist, daß es Menschen gibt, die mitdenken, mitfühlen, mithelfen, auch wenn es nicht das eigene Ich betrifft.

Eure
Ruth Geede