25.04.2024

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25.11.00 Hinter dem Gesetz verschanzt

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 25. November 2000


Frankreich:
Hinter dem Gesetz verschanzt
Die neuen "Sofax"- Funde in Sachen Elf-Aquitaine

In der Elf-Affäre geht es jetzt um Staatsgeheimnisse. Die Zollbehörden und mit ihnen der Finanz– und Wirtschaftsminister Laurent Fabius zögern ganz offenkundig, das sogenannte "Secret Défense" (Verteidigungsgeheimnis) trotz mehrerer Anforderungen der Ermittlungsbehörden aufzuheben. Anfang August hatten nämlich die Untersuchungsrichter bei einer Kontrolle des zentralen französischen Zollamts Akten mit einer Angabe "Elf" bemerkt und die zuständigen Beamten um Übermittlung dieser Akten gebeten. Nach Angaben der Tageszeitung "Le Monde" argwöhnen die Richter, es könnte sich dabei um Informationen handeln, die Elf-Aquitaine und seine Filiale "Sofax" betreffen. Die "Sofax" ist eine Filiale von Elf, die mit Leuna und Minol zu tun gehabt hat. Die Ermittlungen der Untersuchungsrichter gehen auf die Zeit vom 1. Januar 1989 bis zum 1. September 1993. Unterstellt wird, daß gewaltige Geldsummen über Finanzvermittler in Liechtenstein, Monaco, Luxemburg und der Schweiz abgewickelt worden seien, und zwar in Komplizenschaft mit französischen Staatsbehörden.

In einem Interview mit der "Taz" verweist der Staatsratsberater Pierre Lelong, der dem Ausschuß für das Verteidigungsgeheimnis vorsteht, darauf, daß die Anforderungen der Untersuchungsrichter zu verschwommen seien, um positiv angenommen werden zu können. Die Enthüllung der Dokumente hätte nicht den Bedürfnissen der Untersuchung entsprochen. Sicherlich kann man verstehen, daß die Zollbehörden sich die pikanten Dokumente schnell vom Halse schaffen wollen.

Allerdings sind die zahlreichen Aspekte der Elf-Affäre zu brisant, um darauf hoffen zu können, daß die französischen Aufsichtsbehörden mehr Wohlwollen gegenüber den Untersuchungsrichtern zeigen könnten. Die Tatsache, daß die Elf-Affäre mit dem für Januar vorgesehenen Prozeß gegen Roland Dumas, den Außenminister Mitterrands, von den Titelseiten der Blätter verschwunden ist, belegt zweifellos, daß die Arbeit der Richter Eva Joly, Renaud Van Ruymbeke und Laurence Vichnievsky äußerst schwierig ist und das Establishment der Fünften Republik in erhebliche Verlegenheit bringen könnte.

Seit langem wird in Paris gemunkelt, Elf-Aquitaine sei ein Staat im Staate gewesen, der besonders in Afrika zum Nutznießer der Außenpolitik Frankreichs und seiner dubiösen Verbindungen zwischen französischen und afrikanischen Politikern wurde. Und so ist es nicht erstaunlich, daß in ihrer jüngsten Ausgabe die Satirewochenzeitung "Le Canard enchainé" nun von Ermittlungen der Schweizer Justizbehörden gegen Freunde der Leitung von Elf spricht, die in zahlreiche getarnte Geschäfte in Afrika verwickelt gewesen seien. Die schweizerische Justiz hätte entdeckt, daß fast 200 Millionen Francs durch Konten gelaufen seien. Die ungeheuren Gewinne von Elf-Aquitaine hätten es laut den Ermittlungen erlaubt, schwarze Kassen zu unterhalten, eingeschlossen brisante Überweisungen auf Tarnkonten.

In diesem Zusammenhang erwähnte beispielsweise ein französischer staatlicher Fernsehsender den Fall eines irakischen Geschäftsmanns, der eine satte Provision von 247 Millionen Francs für seine Hilfe beim Kauf einer spanischen Firma bekommen hätte. Haftbefehl wurde gegen ihn erlassen, was ihn aber nicht hindert, in London in Ruhe zu leben und Interviews zu gewähren.

Fraglich bleibt gegenwärtig, ob die beträchtlichen Summen, die von Elf-Aquitaine als Provision an zahlreiche Ländern gezahlt wurden, im Ausland geblieben sind oder nach Frankreich zurückkehrten. Als die Leuna-Minol-Affäre bekannt wurde, war aus einer deutschen diplomatischen Quelle (von "Le Figaro" zitiert) zu entnehmen, die nach Deutschland gezahlten Tarnprovisionen wären wieder nach Frankreich zurückgeflossen. Außer der Veruntreuung von Geld bei Geschäften in Afrika, Europa oder Südamerika könnten so die Ermittlungen der mit dem Elf-Skandal beauftragten Untersuchungsrichter auch auf die Finanzierungpraktiken der Parteien ausgedehnt werden. Doch daß dies mit hoher Wahrscheinlichkeit unterbleibt, dürfte auch den Einsichtigeren in Deutschland so unbekannt nicht vorkommen. Das Wohlergehen der Parteien scheint allemal vor der Staatsräson zu rangieren. Pierre Campguilhem