20.04.2024

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16.12.00 Eine Passage des "Fackelmännerbefehls" bleibt unklar

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 16. Dezember 2000


Zeitgeschichte:
Tatsachen ohne Schlußstein
Eine Passage des "Fackelmännerbefehls" bleibt unklar

Seit Mitte der 90er Jahre wird in Büchern und Artikeln über den deutsch-sowjetischen Krieg gelegentlich der sogenannte "Fackelmännerbefehl" erwähnt, ein Befehl des "Hauptquartiers des Höchsten Oberkommandos" der sowjetischen Armee (Stavka), mit dem die sowjetischen Partisanen angewiesen werden, hinter den deutschen Linien alle Siedlungen und Gebäude in einer Tiefe von 40 bis 60 Kilometern "vollständig zu zerstören und niederzubrennen". Der Begriff "Fackelmänner" fand sich zum ersten Male in der 1989 in deutscher Fassung erschienenen Stalin-Biographie des russischen Autors Dimitri Wolkogonow "Stalin. Triumph und Tragödie. Ein politisches Porträt." Er veröffentlichte auch jenen Befehl, in dem von "Diversionsgruppen der Partisanen, die mit Flaschen mit Brennstoffen, Handgranaten und Sprengstoff ausgerüstet sind" und die Aufgabe haben, "ausnahmslos alle Siedlungspunkte zu vernichten, damit der Gegner sie nicht benutzen kann." Dabei wurde keine Rücksicht genommen auf die Zivilbevölkerung, die nun im Winter 1941/42 keinerlei warme Zufluchtsmöglichkeiten mehr hatte und unter freiem Himmel dem strengen Frost ausgesetzt war.

Die Echtheit dieses sowjetischen Befehles ist unbestritten. Die Praxis der Partisanen, die in eben genau dieser Art sowohl gegen die deutschen Truppen als auch gegen die eigene Zivilbevölkerung vorgingen, wird ebenfalls von niemandem geleugnet.

Was aber das "Institut für Zeitgeschichte", München, veranlaßt hat, den Befehl einer Prüfung zu unterziehen, ist ein Zusatz, der in der Veröffentlichung von Wolkogonow fehlt, wohl aber hier und da in der Publizistik, aber auch in wissenschaftlichen Werken erscheint. Danach sollen Jagdkommandos der Partisanen angewiesen worden seien, bei ihren Einsätzen erbeutete Uniformen der Wehrmacht und der Waffen-SS zu tragen, um bei der Bevölkerung den Anschein zu erwecken, die Vernichtungsaktionen würden von Deutschen vorgenommen und nicht von Sowjets.

Zwei Historiker des Instituts haben sich auf die Suche gemacht nach dem Originalbefehl und festgestellt, daß genau dieser Zusatz in den bislang vorhandenen Unterlagen fehlt. Daraus schließen sie voreilig, Rechtsradikale hätten den ansonsten in seiner Echtheit unbestrittenen "Fackelmännerbefehl" verfälscht, um "NS- und Kriegsverbrechen in der besetzten Sowjetunion zu vertuschen und zu leugnen, was einer in jüngster Zeit verstärkt auftretenden Tendenz von der rechtsextremen Geschichtspropaganda entspricht, die von der entstellenden Interpretation und verzerrenden Wiedergabe historischer Quellen nun zur direkten Fälschung überzugehen scheint".

Die beiden Historiker Christian Hartmann und Jürgen Zarusky schreiben in Heft 4/2000 der "Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte" aber auch, es seien nachweislich in vielen Fällen sowjetische Partisanen in deutschen Uniformen im Kampf aufgetreten. Der Befehl für dieses Vorgehen ist jedoch bislang noch nicht gefunden, obwohl es selbstverständlich sein dürfte, daß es ihn irgendwo geben muß, denn ohne entsprechenden Befehl hätte die Rote Armee nicht systematisch gefallenen deutschen Soldaten die Uniformen ausgezogen, was nicht nur in Fotos und Dokumenten belegt ist, sondern sogar in einem sowjetischen Film gezeigt wird, der am 22. Mai 1997 im TV-Kanal Arte ausgestrahlt wurde. Besonders scharf wird in dem Gutachten Prof. Dr. Franz W. Seidler kritisiert, weil er auf die – "verfälschte" – Fassung des "Fackelmännerbefehls" verwies, auch wenn er dabei anmerkte, daß ihm zur Zeit der Drucklegung seines Buches der Originalbefehl noch nicht vorgelegen habe.

Es ist auch dem Ostpreußenblatt bei seinen Recherchen bislang noch nicht gelungen, eine Kopie des Originalbefehls mit dem Passus über das Tragen deutscher Uniformen zu entdecken. Stets erhielt der Berichterstatter die Erklärung, das tatsächliche Vorgehen der Partisanen auch in deutschen Uniformen ließe darauf schließen, daß die Passage in dem Befehl gestanden haben müsse oder könne. Um so mehr, als Kriegsteilnehmer zu berichten wußten, daß sie während des deutsch-sowjetischen Krieges auf riesige Lagerhallen stießen, die bis an die Decke mit (schlecht) nachgemachten deutschen Wehrmachtsuniformen angefüllt waren.

Trotzdem ist es unverantwortlich, historische Quelle zu verfälschen, gerade weil der deutsche Abwehrkampf in diesen Fragen besonderen Anfechtungen ausgesetzt ist und mit solchen Aktionen Verunsicherung in die eigenen Reihen trägt.

Professor Seidler, eine der gegenwärtig wagemutigsten Historiker, hat dem "Institut für Zeitgeschichte" gegenüber zugegeben, daß er sich hat täuschen lassen und daß seine beiden Kollegen aus dem Institut ihn zu Recht beschuldigen, leichtfertig den Text verbreitet zu haben. "Über den Sachverhalt ärgere ich mich selbst am meisten," schreibt er, und weiter: "Dem Fälscher, der mich geleimt hat, möchte ich auf die Finger klopfen."

Professor Seidler gibt das Beispiel einer souveränen und noblen Haltung – ganz anders als jene, die laufend Fälschungen ohne Skrupel in die Runde geben. H.-J. v. Leesen