18.04.2024

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20.01.01 Der Nächste bitte …

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 20. Januar 2001


Der Nächste bitte …
von Hans-Jürgen Mahlitz 

Zunächst die gute Nachricht: In dieser Woche ist – bis Redaktionsschluß dieser Ausgabe – kein einziger Bundesminister zurückgetreten. Optimisten mögen daraus schließen, in Berlin agiere eine uneingeschränkt handlungsfähige Bundesregierung, die zügig alle anstehenden Probleme dieses Landes anpackt, die Verbraucher vor BSE, die Soldaten vor allen möglichen Strahlen und die Polizisten vor prügelnden "Demonstranten" schützt, die Renten sichert und die dann noch verbleibende Zeit nutzt, um Deutschlands Interessen in aller Welt ebenso maß- wie wirkungsvoll zu vertreten.

Und nun die schlechte Nachricht: In dieser Woche ist – bis Redaktionsschluß dieser Ausgabe – noch kein einziger Bundesminister zurückgetreten. Als nicht ganz so optimistische Bürger dieses Landes müssen wir daraus wohl eher schließen, daß die in Berlin agierende Bundesregierung nach wie vor in erster Linie mit sich selber beschäftigt ist – Rudolf Scharping als Selbstverteidigungsminister, Joschka Fischer als Bundesminister der Ausflüchte und Ausreden, Walter Riester als Rentenreform-Umarbeitungsminister, um nur die wichtigsten "Leistungsträger" des Schröder’schen Wechselkabinetts zu nennen.

Der Bundeskanzler ist zugleich Vorsitzender der großen und traditionsreichen Volkspartei SPD, sein Koalitionspartner rekrutiert Mitglieder, Mandatsträger und Wähler überdurchschnittlich stark aus dem akademischen Bereich. Da sollte man doch annehmen, Schröder könne personalpolitisch aus dem Vollen schöpfen.

Nach wenig mehr als zwei Jahren Dienstzeit – das ist übrigens die magische Grenze für die Pensionsberechtigung von Bundesministern und Staatssekretären! – haben allein sieben Minister den Hut genommen oder nehmen müssen, ein trauriger Rekord.

Und man darf die Prognose wagen: Bis zum nächsten Rücktritt werden wir wohl nicht allzu lange warten müssen. Erster Kandidat ist der Bundesaußenminister. Im öffentlichen Bewußtsein ist er fast nur noch präsent, wenn er zum Xten Male seine "Jugendsünden" erklärt oder sich dafür "entschuldigt" (ein Vorgang, der in Deutschland ohnehin gerade wieder Hochkonjunktur hat). Fischers und seines Kanzlers Pech: Auf jede per Erklärung, Verharmlosung und Entschuldigung abgearbeitete Jugendsünde folgt postwendend eine neu entdeckte – irgendwann werden auch die wohlwollendsten Medien dieses Jammerspiel nicht mehr mitmachen. Und irgendwann wird der Kanzler unter dem Druck herannahender Wahltermine seinen grünen Partner als zu große Belastung empfinden. Daß er in solchen Fällen schnell und konsequent zu handeln vermag, hat er oft genug bewiesen. Allerdings scheinen sich Schröders Führungsqualitäten ausschließlich auf die Regelung lästiger Personalprobleme zu beschränken.

Für unser Land wäre der – längst überfällige – Rücktritt Fischers kein Verlust, eher eine Bereicherung. Auch wenn sein Regierungs-Chef noch so gebetsmühlenhaft das Gegenteil verkündet – als Repräsentant unseres Landes im Ausland hat er in den zurückliegenden zwei Amtsjahren kaum Positives bewirkt, aber mancherlei Schaden angerichtet.

Ein ganz typisches Beispiel dafür ist sein klägliches Agieren in jenem Bereich, den man in früheren Jahrzehnten als "Ostpolitik" zu bezeichnen pflegte und der in der heutigen politischen Konzeption Berlins überhaupt nicht mehr stattfindet. Daß seine Haltung gegenüber den berechtigten Belangen – und erst recht den Gefühlen – der Heimatvertriebenen sich zwischen Desinteresse und blanker Verachtung bewegt, hat er gegenüber führenden Persönlichkeiten der Landsmannschaften auf geradezu rüpelhafte Weise demonstriert – ein Auftritt, der allerdings genau zu alledem paßt, was man inzwischen über seine "Jugendsünden" erfährt.

Ein weiteres Beispiel: Auf Seite 1 dieser Ausgabe berichten wir über die jüngsten Aktivitäten der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft in Sachen nördliches Ostpreußen. Seit der letzten deutschen EU-Ratspräsidentschaft ist es so lange noch nicht her. Auch da war das Thema Osterweiterung schon im Gespräch, doch auf die Idee, Königsberg in diesem Zusammenhang auf die Tagesordnung zu setzen, ist Fischer natürlich nicht gekommen.

Das soll ein deutscher Außenminister sein, der die Vertretung deutscher Interessen auf internationaler Ebene vorsichtshalber seinem schwedischen Kollegen überläßt! Nein danke, auf einen solchen Repräsentanten kann das deutsche Volk gut verzichten. Also dann, wenn der in Personalfragen so entscheidungsfreudige Bundeskanzler wieder zum Rücktritts-Rapport ruft: Der Nächste bitte …