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03.02.01 Britische Tageszeitung: Präsident Putin bietet Schröder das nördliche Ostpreußen an

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 03. Februar 2001


Wird Königsberg Einflußzone Berlins?
Britische Tageszeitung: Präsident Putin bietet Schröder das nördliche Ostpreußen an

Mit einer sensationellen Meldung machte kürzlich die britische Zeitung "Sunday Telegraph" auf: "Deutschland in Geheimgesprächen, um Königsberg zurückzuerlangen". Deutschland, so hieß es in dem nicht unterzeichneten Artikel, habe eine Geheiminitiative entwickelt, um die wirtschaftliche Dominanz über das Königsberger Gebiet zu erhalten. Als Gegenleistung wolle man angeblich auf die Rückzahlung der russischen Schulden von umgerechnet etwa 70 Milliarden Mark verzichten, so das Blatt.

"Deutsche Verantwortliche" hätten während des als privat erklärten Besuches von Bundeskanzler Gerhard Schröder in Rußland die Idee eines Handelsabkommens mit der Europäischen Union ventiliert, das de facto das Gebiet "in die Einflußzone Berlins zurückführen würde", so das britische Blatt. Das Thema sei aufgekommen, als Schröder die umstrittene Frage der russischen Schulden mit Präsident Wladimir Putin angesprochen habe. Als Teil einer Übereinkunft, die Moskau habe überzeugen sollen, aus der Sackgasse herauszukommen, in die man in der Frage der Rückzahlungen geraten sei, habe Schröder sich einverstanden erklärt, deutsche Hilfe im Rahmen eines "Assoziationsabkommens" zwischen der EU und dem von Rußland abgeschnittenen Königsberger Gebiet anzubieten. Moskau habe Schröder nochmals klargemacht, daß es bei seiner zur Zeit krisenhaften Wirtschaftssituation nicht in der Lage sein werde, all seine Schulden an Berlin zu zahlen.

Statt dessen habe man russischerseits den Deutschen Kapitalbeteiligungen an russischen Unternehmen angeboten, eine Entwicklung die, so der "Daily Telegraph", den Deutschen einen beispiellosen Einfluß in der russischen Wirtschaft sichern könnte. In der deutschen Wirtschaft ist man auf diesem Gebiet bekanntermaßen wesentlich zurückhaltender. Man sei auf keinen Fall bereit, in irgend-welche "Luschen"-Unternehmen deutsches Geld zu stecken. Dazu habe man dieses Kapital zu hart erwirtschaftet, hieß es von seiten eines deutschen Wirtschaftsführers.

Nicht ohne einen stark beunruhigten Unterton fährt das britische Blatt fort, wenn solche Vorschläge verwirklicht werden sollten, würde dies Deutschland zum dominierenden wirtschaftlichen Wettbewerber "in seinem früheren Stützpunkt" Ostpreußen machen. Die Zeitung macht ebenfalls auf die Tatsache aufmerksam, daß bislang jedwede öffentliche Diskussion über Ostpreußen bislang "politisch und diplomatisch tabu" gewesen sei. Dies sei insbesondere deshalb interessant, so das Londoner Blatt, weil Deutschland das Jahr 2001 offiziell zum Preußenjahr erklärt habe und inzwischen angeblich den von den Alliierten 1946 aufgelösten Staat einer umfassenden Neubewertung unterziehe.

Schröder habe deshalb die Idee eines Assoziationsabkommens des Königsberger Gebiets mit der Europäischen Union an die derzeitige schwedische EU-Präsidentschaft weitergereicht. Diese solle die Idee vorantreiben, um Deutschland in dieser Frage nicht übermäßig zu exponieren. Bei einem Treffen in Hannover habe er dem schwedischen Ministerpräsidenten Göran Persson vorgeschlagen, diese Initiative zu übernehmen. Schweden habe bereits angedeutet, daß es Königsberg zu einer vorrangigen Frage seiner Präsidentschaft machen solle (Das Ostpreußenblatt berichtete). Persson habe bereits Mitte Januar Schröder mitgeteilt, daß es der Frage positiv gegenüberstehe, woraufhin der deutsche Regierungssprecher bestätigte, daß die Idee einer Assoziierung des Königsberger Gebiets auf dem Deutsch-Russischen Gipfel im April dieses Jahres und auf dem Rußland-EU-Gipfel im Mai behandelt werde.

Schweden mache sich unterdessen keinerlei Illusionen über die wirtschaftliche und soziale Lage im Königsberger Gebiet. Die russischen Hoffnungen, die Exklave zu einem "Hongkong an der Ostsee" zu machen, hätten sich als "hoffnungslos optimistisch" erwiesen. Persson in einem Interview: "Die Umwelt der Region ist stark verschmutzt. Es gibt Krankheiten wie Aids und Tuberkulose und es gibt nuklearen Abfall. Fast jedes denkbare Problem kann man im Königsbergher Gebiet wiederfinden." Darüber hinaus lebten 30 Prozent der geschätzten einen Million Einwohner laut EU-Berichten unterhalb des Existenzminimums. Die Entwicklung des Gebiets habe sich umgekehrt, seitdem das russische Parlament sich 1993 dem Militär gebeugt habe und sich geweigert habe, das Königsberger Gebiet den Wirtschaftsreformen zu öffnen.

In Brüssel sei man besorgt über die Schwierigkeiten, die Königsberg durch die EU-Erweiterung noch erwarteten. Die voraussehbare Einbeziehung der beiden Nachbarländer Polen und Litauen im Laufe der nächsten Jahre werde das Königsberger Gebiet de facto von seinem "Hinterland" abtrennen. Beide genannten Länder würden nach dem Beitritt zum Schengener Abkommen und zum Vertrag von Amsterdam auf eine Visumspflicht für die Einwohner des Königsberger Gebiets bestehen müssen.

Unterdessen ist die Tatsache, daß ein solches Gespräch über die Zukunft Königsbergs während des Moskaubesuchs von Kanzler Schröder geführt wurde, von deutscher Seite als "Spekulation" bewertet worden. Russische Regierungsstellen verwiesen den Bericht des "Daily Telegraph" ins Reich der Fabel. Dies wird wohl vor allem auf die tendenziöse und schreierische Aufmachung des Artikels zutreffen, der von einer "deutschen Übernahme" Königsbergs sprach. Hier sind wohl vor allem alte britische Ressentiments wieder hervorgebrochen.

Bemerkenswert bleibt allerdings die Reaktion des Königsberger Ex-Gouverneurs und heutigen Vorsitzenden des Ausschusses für Wirtschaftspolitik der Königsberger Gebietsduma, Jurij Matotschkin, auf die Gespräche zwischen Schröder und Putin. Dieser führte nämlich gegenüber der Tageszeitung "Komsomolskaja Prawda Kaliningrad" an, daß es "aller Voraussicht nach nicht möglich sein wird, die russischen Schulden in naher Zukunft zurückzuzahlen". Die noch zu zahlenden Gelder, die der vormalige Gouverneur auf 80 bis 100 Millionen Mark bezifferte, blieben ein Problem zwischen den Ländern. Auch Schröder hat ja bekanntlich nicht darauf verzichtet, sondern das Problem nur vertagt. Matotschkin: "Falls eine Form ökonomischer Vorherrschaft der Deutschen über das Gebiet es erlauben würde, einen Teil der russischen Schulden zu begleichen, dann sollte man das nicht ausschlagen" – und weiter: "Die Rede ist nicht von der Revision der Grenzen, politische Entscheidungen sind nicht möglich. Die Grenzen der Welt, wie sie nach dem Zweiten Weltkrieg festgelegt wurden, müssen unerschütterlich bleiben." Dennoch sei es nötig, einen erweiterten wirtschaftlichen Einfluß der Bundesrepublik in Königsberg zuzugestehen, um die wirtschaftliche Situation des Gebiets in ruhigeres Fahrwasser zu leiten. Die fieberhafte interne Aktivität, die Brüssel zur Zeit in Sachen Königsberg entwickelt, zeigt, daß diese Entwicklung noch am Anfang steht. Die Zukunft wird zeigen, ob sie an Deutschland und Rußland vorbeigeht oder ob sie in beider Interesse fortgeführt werden kann. Hans B. v. Sothen