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10.02.01 Preußen – eine Idee, die lebendig bleibt

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 10. Februar 2001


300-Jahr-Feier:
Preußen – eine Idee, die lebendig bleibt
Festakt der Landsmannschaft Ostpreußen in Berlin

Den dreihundertsten Jahrestag der Krönung des Kürfürsten Friedrich III. zum ersten preußischen König in der ostpreußischen Hauptstadt Königsberg feierte die Landsmannschaft Ostpreußen mit einem Festakt an geschichtsträchtigem Ort: im Festsaal des Berliner Abgeordnetenhauses, das sich aufgrund seiner früheren Verwendung als Sitz des Preußischen Landtags wie wohl kein anderes noch existierendes Gebäude für diesen Zweck empfahl.

In seiner Begrüßung erinnerte Wilhelm v. Gottberg, Sprecher der gastgebenden Landsmannschaft, daran, daß es "unsere Heimat Ostpreußen, das frühere Herzogtum Preußen", war, das "der späteren europäischen Vormacht Preußen den Namen gab". Zugleich beklagte er, daß bei anderen Veranstaltungen zum Preußenjahr 2001 "der Mittelpunkt des damaligen Geschehens – Königsberg – mehr oder weniger ausgeblendet" blieb.

Sodann richtete der Hausherr, der Präsident des Abgeordnetenhauses von Berlin Reinhard Führer, ein Grußwort an die rund 240 Besucher, in dem er die Geschichte des Hauses mit ihren Licht- und Schattenseiten vorstellte. Da der bayrische Ministerpräsident Edmund Stoiber nicht an dem Festakt teilnehmen konnte, wurde sein Grußwort vom Sprecher verlesen. Darin brachte der "Bayer von Geburt und Neigung" sein Bedauern darüber zum Ausdruck, daß Preußen eine Vergangenheit und möglicherweise auch eine Zukunft habe, aber keine Gegenwart.

Die Vergangenheit und Zukunft Preußens thematisierte Prof. Dr. Wolfgang Stribrny in seinem Festvortrag "Christentum und Aufklärung – die Königsberger Krönung am 18. Januar 1701", den er nach der Intonierung von "Preußens Gloria" durch das für die musikalische Umrahmung sorgende Blechbläserquintett "Blechformen Berlin" hielt. Hierbei versuchte er unter anderem aufzuzeigen, wie sich bereits im Ablauf der Krönung von 1701 das historische Phänomen widerspiegelt, daß das Königreich von Beginn an in außerordentlicher Weise im Zeichen der Verbindung des Christentums mit dem Denken der Aufklärung stand.

Auf eine bessere Zukunft für Preußen ließ Wolfgang Stribrny seine Zuhörer hoffen, indem er die Prognose wagte: "In den nächsten Jahren werden sich die Länder Brandenburg und Berlin nach menschlichem Ermessen vereinigen. Die von der Sowjetischen Militär-Administration 1946 geschaffenen Länder Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt sind zu klein und wirtschaftlich schwach, um mit den anderen Ländern (wie es das Grundgesetz, Artikel 29, fordert) vergleichbar zu sein. Ein Zusammenschluß dieser bisherigen vier Länder würde ein nach Wirtschaftskraft und Größe normales deutsches Bundesland ergeben. Kein anderer Name als Preußen kommt dafür in Frage."

Nach Johann Crügers "Choral von Leuthen" ergriff Prof. Dr. Klaus Hornung das Wort zu seinem Festvortrag mit dem Titel "Das Erbe Preußens und unsere Zukunft". Nachdem der erste Vortragende sich der Vergangenheit und Zukunft gewidmet hatte, analysierte der zweite auch die Gegenwart, und das mit einer erfreulich zeitgeistkritischen wissenschaftlichen Distanz. In der gebotenen Schärfe kritisierte er, "in welcher falschen, ja fatalen Weise wir uns heute mehrheitlich mit Geschichte befassen, nämlich in einer Art dümmlicher Aufklärung, die die eigene Gegenwart niemals in Frage stellt, sondern sie als vorläufigen Höhepunkt des Fortschritts der menschlichen Gattung betrachtet, die in aller bisherigen Geschichte vor allem ,Defizite’ an Fortschritt, Freiheit, Humanität, Emanzipation erblickt und mit ideologischer Arroganz auf die dahingegangenen Generationen herabblickt, ihre Leiden, Opfer und Kämpfe, ihre Leistungen und Irrtümer eben als moralische und intellektuelle ,Defizite‘ abtut.

Dieser eigentlich ahistorische, ja amoralische Umgang mit Geschichte wurde bei uns durch und seit der 68er Generation enorm verstärkt, ja er ist ihr eigentliches Kennzeichen. Die Vergangenheit wird dann fast ausschließlich in der Haltung eines Gerichtsprozesses abgehandelt, in dem Ankläger und Richter identisch sind. Wir begegnen der Geschichte insgesamt und nicht nur der Zeitgeschichte mit einem ,historischen Analphabethismus‘, der sich dann freilich dadurch rächt, daß derjenige, der sich – gerade auch bei der Befassung mit der Geschichte – mit dem Zeitgeist vermählt, unheimlich rasch Witwer wird, wie wir gerade bei der 68er Generation erleben, die nun zu der mehr oder weniger erfolgreichen Einsicht geführt wird, daß auch sie selbst nicht etwa der Höhe- und Schlußpunkt der Geschichte ist, sondern nur ein Glied im unendlichen Geschichtsfluß, eine vielleicht ephemere Welle.

Helmut Schoeck hat diesen fatalen Umgang mit Geschichte in den schönen Sätzen zusammengefaßt: ,Die heute in Politik und Medien tonangebende Generation ist historisch so ungebildet und verbildet wie keine mit der Hochschulreife ausgestattete Generation seit 1850. Sie kann mit den ersten 45 Jahren des 20. Jahrhunderts in den eigenen Köpfen nicht umgehen, glaubt aber ganz genau zu wissen, wie alle anderen, die damals lebten, hätten handeln sollen.‘"

Jeder der beiden  Vorträge hätte für sich genommen – ungeachtet der hohen Qualität – vielleicht  den Wunsch nach weiteren Facetten offengelassen. Aber die Kombination aus dem eher konservativen Festvortrag Wolfgang Stribrnys mit seiner Preisung der Vorteile der preußischen Monarchie auf der einen Seite und dem historisch fundierten, gegenwartsbezogenen und zugleich zukunftsweisenden Referat von Klaus Hornung wurde dem besonderen Anlaß dieses Festaktes in hohem Maße gerecht.

Den Abschluß bildete nach dem gemeinsamen Singen des Deutschlandliedes ein Empfang, bei dem Veranstalter und Gäste Gelegenheit fanden, die Thematik der Festveranstaltung in persönlichen Gesprächen weiter zu vertiefen. Manuel Ruoff