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17.02.01 Das Geheime Staatsarchiv in Berlin legt Bestandsübersicht vor

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 17. Februar 2001


35 Kilometer Akten
Das Geheime Staatsarchiv in Berlin legt Bestandsübersicht vor

In schlichtem blauen Gewand, unprätentiös und erfreulich kostengünstig liegt er in der Hand: der soeben aufgelegte zweite "Arbeitsbericht" des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz (GStAPK) in Berlin-Dahlem. Das Buch Archivarbeit für Preußen (Hrsg. Jürgen Kloosterhuis. Selbstverlag des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz, Archivstraße 12-14, 14195 Berlin. 490 S., 1 sw Abb., 25 DM zzgl. Versand. Bezug nur über das Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz) erscheint auf den ersten Blick als Tagungsband, denn es enthält zunächst die Referate, die 1998 auf einem Symposion zum 400. Jubiläum dieses im deutschen wie im europäischen Maßstab so bedeutenden Archivs gehalten wurden. Doch halt – dieser Arbeitsbericht bietet dem Leser weit mehr als mehr oder weniger fesselnde geschichtswissenschaftliche Preußen-Reflektionen. Gut ein Drittel seiner etwa 500 Seiten stehen unter dem Titel "Die Tektonik des Geheimen Staatsarchivs", und hinter diesem Fachbegriff aus der Archivsprache verbirgt sich nicht mehr und nicht weniger als eine vollständig aufgeführte und chronologisch-systematisch gegliederte Übersicht über alle Bestände, Nachlässe und Sammlungen des Archivs. Amtliche oder private Geschichtsdokumente, die Urkunden, Akten und Amtsbücher, Karten oder Bilder auf verschiedenen Überlieferungsebenen, die das Haus zur brandenburg-preußischen Geschichte vorhält, sind hier aufgelistet. So ist seit langer Zeit wieder ein Zugang zu den rund 35 laufenden Archivkilometern geschaffen, die von den Geheimen Staatsarchivaren nach der Wiedervereinigung der Dahlemer und Merseburger Dienststellen heute betreut werden. Übrigens: ein Archivmeter umfaßt die Schriftgutmenge, die in etwa neun Archivkartons (der Karton etwa 11 cm hoch) gelagert werden kann. Diese ungeheure Pergament- und Papiermasse ist nun, durch die Tektonik, erstmals transparent gemacht; eingeteilt in einen historischen Ablauf, der das Wachsen Brandenburg-Preußens spiegelt; gegliedert in eine Systematik, die sich auf der Grundlage der archivischen Ordnungsgröße "Provenienz" auf den Ausbau der Verwaltungs- und Justizbehörden seines Staatswesens bezieht.

Auf einen Blick sind nun die großen Überlieferungsblöcke der berühmten Berliner Zentralbehörden begreifbar: der Geheime Rat, das Königliche Kabinett, das Generaldirektorium oder die späteren Fachministerien. Weitere Dokumentationsberichte bilden "Haus und Hof der Hohenzollern" und "Preußische Armee" (scil. was von ihren Akten nach der Zerstörung des Potsdamer Heeresarchivs 1945 übrig blieb).

Besonders deutlich wird durch die Tektonik, daß nicht nur das Verwahren von Zentralüberlieferung, sondern auch von bestimmten Provinzialüberlieferungen zu den Dahlemer Kompetenzen gehört: soweit diese Archivalien aus den alten preußischen Ostprovinzen stammen und nach den Geschichtsumbrüchen von 1918 und vor allem 1945, gerettet, gesammelt, gepflegt, in das Geheime Staatsarchiv gelangten. Hier ist in der Reihe der pommerschen und schlesischen, westpreußischen und posenschen Überlieferung vor allem das Historische Staatsarchiv Königsberg zu nennen, dessen ältere Schriftschätze aus der Zeit des Deutschen Ordens, des Herzogtums Preußen und der späteren Provinz Ostpreußen – mittlerweile in Berlin liegen. Unter den schließlich aufgelisteten nichtstaatlichen Provenienzen fällt vor allem die reichhaltige Familienarchiv- und Nachlaßgruppe, nicht minder aber der Bereich der Freimaurerlogen auf, die zum Teil auf recht verschlungenen Wegen in die Archivmagazine wanderten.

Kurz: für alle, die sich mit der faszinierenden Geschichte Brandenburg-Preußens und insbesondere seiner alten Ostprovinzen beschäftigen wollen, bietet das Geheime Staatsarchiv ein reiches, noch längst nicht erschöpftes Dokumentenmaterial; der Weg zu diesen Quellen wird durch die Tektonik eröffnet, die nun von jedermann nach Hause geholt werden kann. Der Archivberg kommt zum Benutzer: vielleicht macht dies den besonderen Reiz des Buches aus. Die Berliner Archivare haben damit im Dienst an der historisch interessierten Öffentlichkeit ein wichtiges Stück "Archivarbeit für Preußen" geleistet, für die Erinnerung an diesen in vieler Hinsicht einzigartigen Staat und die "Hunderttausende von Menschen, die in sein Fangnetz gerieten und für ihn, durch ihn lebten, stritten, oder litten", wie es einmal der Archivar und Historiker Friedrich Meinecke formuliert hat. GS



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