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17.02.01 Zum 95. Geburtstag von Norbert Ernst Dolezich

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 17. Februar 2001


Hinaus in die Helle
Zum 95. Geburtstag von Norbert Ernst Dolezich

Bis zu seinem Tod bewahrte er in einem alten Kästchen einen Schlüssel, der ihm einst sein Atelier in Königsberg öffnete – ein kleines Zeichen, daß sich der Oberschlesier in der alten Krönungsstadt der preußischen Könige, in Ostpreußen überhaupt sehr wohlgefühlt hat. Geboren vor 95 Jahren, am 16. Februar 1906, im oberschlesischen Orzegow, besuchte Norbert Ernst Dolezich die Königsberger Kunstakademie (1929 bis 1931), wo vor allem Fritz Burmann und Heinrich Wolff seine Lehrer waren. An der Königsberger Universität studierte er darüber hinaus bei Wilhelm Worringer. In Berlin und Köln-Deutz folgten weitere Studien. Es war eine harte Zeit für den jungen Mann, der immer wieder um seine Gesundheit ringen mußte. Krankheit bedeutete letztendlich für Dolezich aber auch Glück: er wurde nicht eingezogen, als der Krieg ausbrach, sondern konnte an Gymnasien in Mehlsack, Allenstein und Insterburg unterrichten. In Königsberg schließlich wirkte er neben seiner Tätigkeit als Lehrer an der Burgschule von 1941 bis 1945 als Dozent für Graphik an der Kunstakademie. Auch in Nordrhein-Westfalen, wohin es Norbert Ernst Dolezich nach dem Krieg verschlug, widmete er sich wieder der Ausbildung junger Menschen.

Bis zu seinem Tod am 4. Dezember 1996 lebte der Künstler in Recklinghausen, fernab von der Landschaft Oberschlesiens und Ostpreußens. In seinem Schaffen aber, im künstlerischen ebenso wie im schriftstellerischen, leben diese Landschaften, die Schönheiten der Welt weiter, über die Dolezich nie aufgehört hat zu staunen.

Nur wenige Platten hat der Künstler vor der Furie des Krieges retten können, so das Motiv des Königsberger Hafens mit den in den Himmel ragenden Masten oder eine alte Hütte bei Cranz. Viele seiner Arbeiten aber sind damals verbrannt, vernichtet.

Landschaften, immer wieder Landschaften hat Dolezich auf die Platte gebannt, aber auch "Abseitiges, Unbemerktes am Weg, die Stille, das In-sich-ruhen der Dinge". Ihm wurde "das Unscheinbarste zum Erlebnis", wie er selbst einmal bekannt hat. Nach dem Krieg sind es vor allem Themen, die Schwermut verraten, wie das Motiv einer zerborstenen Brücke, über der drohend schwarze Vögel kreisen. Später dann sind es Kompositionen voller surrealistischer Verfremdung – eine Kathedrale, die vom Sand verschlungen zu werden droht, ein Felsblock im Inneren eines Gotteshauses, eine Riesenschnecke, die sich über eine Landschaft schiebt. – "Alpträume von schauerlicher Düsternis" hat man seine Erzählungen genannt; Alpträumen gleichen auch so manche Motive seiner graphischen Blätter. Viele aber künden von dem tiefen Verständnis für Poesie ihres Schöpfers, einer Poesie der Stille, die er auch in Versen zu Papier gebracht hat.

Norbert Ernst Dolezich war ein vielseitiger Künstler, ein Maler und Graphiker, ein Musiker und Schriftsteller. In seinem autobiographischen Roman "Johannes Standorfer" erzählte er eindrucksvoll von seinem bewegten Leben, das ihn durch Krieg und Frieden führte, immer von der Kunst begleitet.

In einem seiner Gedichte schrieb Dolezich einmal unter dem Titel "Im Dickicht der Welt":

Gern schließ ich mich dem

an, der in dem Lärm der Welt

von sich sagen kann:

Sanft und behutsam

führte mich etwas

endlich hinaus in die Helle.

Worte, die zweifellos als ein Fazit seines langen, bewegten Lebens gelten mögen. Silke Osman