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07.04.01 PDS: Was schert den Marxisten das Völkerrecht ...

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 07. April 2001


Verkehrte Welt:
Können Annexionen friedlich sein?
PDS: Was schert den Marxisten das Völkerrecht ...
von Bernhard Knapstein

Die PDS hat der Landsmannschaft Ostpreußen (LO) im Rahmen einer Kleinen Anfrage im Deutschen Bundestag vom Mai letzten Jahres vorgeworfen, ihre Satzung behaupte, zur Verwirklichung der Einheit und Freiheit Deutschlands gehöre "die Annexion der Gebiete des früheren Ostpreußens an das Territorium der Bundesrepublik Deutschland". Die Satzung der LO verpflichte damit ihre Mitglieder zu einer den Frieden Europas gefährdenden Politik.

Einer Menschenrechtsorganisation, wie die LO eine ist, und die sich von Anbeginn an zu Menschenrechten und Völkerrecht zugunsten aller Völker bekennt, zu unterstellen, sie verfolge Annexionen, ist schon bemerkenswert. Grund genug jedenfalls, sich mit dem Begriff der "Annexion" und dem diesbezüglichen Gehalt der Satzung der LO auseinanderzusetzen.

Nach all den Anfeindungen der PDS gegen die vertriebenen Ostpreußen war es nur konsequent, als die LO nach der falschen Tatsachenbehauptung vor Gericht zog.

Vor einigen Tagen überraschte das Landgericht Lüneburg dann in jenem Verfahren mit einem klageabweisenden Urteil. Nach Ansicht der 5. Zivilkammer des Landgerichts hat die LO keinen Anspruch auf Unterlassung dieser falschen Tatsachenbehauptung. Das überraschende des Urteils lag vor allem in seiner Begründung.

"Annexion" bedeute "sich aneignen". Auch wenn dieser Begriff häufig mit gewaltsamem Vorgehen verbunden werde, sei eine Annexion auch "mit friedlichen Mitteln denkbar ..." so der Wortlaut des Urteils des mit dem Verfahren beauftragten Einzelrichters. Die Deutung des dem Völkerrecht entspringenden Begriffs "Annexion" durch die Zivilkammer ist rein etymologischer Natur. "Das Wort Annexion wurde von Napoleon III. geprägt." So die bemühte Urteilsbegründung der Kammer. "Die Annexion Savoyens wurde damals auf friedlichem Wege erreicht, über eine Volksabstimmung."

Nicht nur, daß hier ein juristischer Begriff einer rein wortgeschichtlichen Deutung unterzogen wird, sondern daß die Deutung unter Berücksichtigung des konkret zitierten Falles auch noch unter Historikern anerkanntermaßen falsch ist.

In der Tat wird in der historischen Literatur von einer Annexion Savoyens durch Napoleon III. gesprochen. Doch erstens war diese Gebietsabtretung nicht friedlich, nur weil sie ohne Waffeneinsatz erfolgte, und zweitens war die Volksabstimmung in Savoyen so frei wie etwa die Volkskammerwahlen unter Ulbricht und Honecker. Dies wird freilich in etymologischen Wörter-büchern ver-schwiegen. Na-poleon verhalf Piemont zum Besitz Mittelitaliens und forderte dafür Savoyen und Nizza. Im März 1860 sicherte ein geheimer Vertrag die Abtretung Savoyens und Nizzas zugunsten Frankreichs ab. Erst nach der Abtretung durch diesen Vertrag wurden in beiden Gebieten Abstimmungen durchgeführt, um den Schein plebiszitärer Legitimation zu wahren. Unter dem Druck der Regierungen erbrachten die Abstimmungen das gewünschte Ergebnis. Insoweit besteht in der einschlägigen Fachliteratur Einigkeit.

Völkerrechtler sind sich indessen gleichfalls einig: Annexion ist eine Gebietseinverleibung gegen den Willen des von der Maßnahme betroffenen Staates. Auch wenn früher die Annexion nach völliger Niederringung des gegnerischen militärischen Widerstandes (debellatio) als rechtmäßig galt, sei Rechtmäßigkeit einer Annexion heute "zweifelhaft", so der emeritierte Professor und Wiener Völkerrechtler Ignaz Seidl-Hohenveldern. Noch deutlicher erklärt der international anerkannte Universitätsprofessor für Öffentliches Recht und Völkerrecht und Mitglied des Ständigen Schiedsgerichtes in Den Haag Knut Ipsen den Begriff der Annexion. Nach Ipsen, seit 1994 auch Präsident des Deutschen Roten Kreuzes, versteht man unter Annexion "den gewaltsamen Erwerb fremden Territoriums durch einen Staat zugunsten eines anderen." Dabei, so der Völkerrechtler, erfolgt die Inbesitznahme des Territoriums "unter Ausschaltung der dort herrschenden Staatsgewalt". Zwar müsse eine Annexion nicht notwendigerweise kriegerisch herbeigeführt werden. Es gäbe insofern auch die Möglich-keit Annexions-verträge zu schließen; doch wohnen solchen Verträgen immer Zwangselemente inne. Eine ähnlich lautende Auslegung des Begriffs findet sich in der Literatur des Würzburger Völkerrechtlers Prof. Dr. Blumenwitz. Genau diese Deutung aber schließt die Satzung der LO aus.

Mag der Begriff der "Annexion" im allgemeinen Sprachgebrauch jener Zeit des dritten Napoleon in Ermangelung des Briand-Kellog-Paktes von 1928, mangels Charta der Vereinten Nationen, mangels Nürnberger Militärtribunal von 1946 und mangels eines international anerkannten Gewaltverbots durchaus noch nicht negativ belegt gewesen sein, heute ist er es jedenfalls unbestritten. Bei der Erklärung des Wortes Annexion gehen Brockhaus und Duden Hand in Hand; Annexion meint den "Landerwerb durch Drohung oder Gewaltanwendung" bzw. "gewaltsam und widerrechtlich".

Dies alles gibt die Satzung der LO nicht her. Die Satzung verbietet den Ostpreußen eine Annexion geradezu, ohne daß man den Vertriebenen mangels entsprechender Initiativen so etwas überhaupt verbieten müßte. Das klare Bekenntnis auch zur Charta der Heimatvertriebenen von 1950, welche den Verzicht auf Gewalt und Rache beinhaltet, ist ein deutliches Indiz gegen jegliche Annexionsbestrebung der Ostpreußen und erst recht gegen einen entsprechenden Satzungsauftrag der Landsmannschaft Ostpreußen. Staatliche Gebietsänderungen, wie sie z.B. in der KSZE-Schlußakte nach internationalem Recht durchaus vorgesehen sind, so verdeutlicht die LO-Satzung, können nur einvernehmlich, friedlich und eben ohne Zwang erfolgen.

Auf ein letztes: Die PDS kann sich mit der Behauptung in der Kleinen Anfrage – bei genauer Betrachtung – noch nicht einmal auf eine rein etymologische Deutung des Begriffs der "Annexion", also auf den "friedlichen" Landerwerb, berufen. Denn eine vermeintlich friedliche Annexion kann den Frieden in Europa, wie von der PDS nur einen Satz darauf dargelegt, wohl kaum gefährden – gerade weil sie einen friedlichen Charakter hat.

Die Meinungsfreiheit nach Artikel 5 des Grundgesetzes geht weit, weit auch für die PDS. Dies ist in einer Demokratie gut so und schützenswürdig. Aber auch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit geht nicht soweit, daß dem Beweis zugängliche Tatsachen im Rahmen der Meinungsäußerung in das Gegenteil verkehrt werden dürfen und eine Diffamierung die Folge ist. Noch stehen das Persönlichkeitsrecht und die Menschenwürde davor.