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14.04.01 Schröders »Stammtisch«

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 14. April 2001


Hans-Jürgen Mahlitz:
Schröders »Stammtisch«

Barsch bekundete der Kanzler: "Es gibt kein Recht auf Faulheit!" Und Bayerns Ministerpräsident setzte noch eins drauf: Nicht nur bei Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe, auch bei der Sozialhilfe sollte schärfer gegen Mißbrauch vorgegangen werden.

In der Sache ist dagegen überhaupt nichts zu sagen. Es ist allgemein bekannt, daß nicht jeder, der staatliche Leistungen bezieht, diese auch wirklich verdient hat. Es gibt tatsächlich Fälle, in denen sich mit Nichtstun mehr erwirtschaften läßt als mit fleißiger Arbeit. Und es gibt überhaupt keinen Grund, warum man solchen Mißbrauch nicht mit allen Mitteln unterbinden sollte.

Allerdings muß man schon etwas genauer hinschauen und hinhorchen, wer wann was sagt. Wenn Edmund Stoiber schärfere Sanktionen gegen erkennbar Arbeitsunwillige fordert, ist das nichts sensationell Neues: Der CSU-Vorsitzende bestätigt mit diesen Aussagen nur die klare Linie, die er schon seit langem unmißverständlich vertritt. Freilich ist er wegen eben solcher Aussagen meist als unsozialer und unmenschlicher "Industrieknecht" oder Schlimmeres beschimpft worden.

Der SPD-Vorsitzende hingegen läßt jede Klarheit vermissen: Mal sucht er die Nähe der "Stammtische", was ja im Prinzip nicht verkehrt ist, dann geht er wieder vor Gewerkschaftsfunktionären in die Knie, um wenig später im Gegenzug seinen allmählich verblassenden Ruf als "Genosse der Bosse" aufzupolieren. Wofür er wirklich steht, kann man nicht einmal mehr erahnen – vielleicht ist das ja die "neue Mitte".

Wenn Schröder jetzt die Faulenzer in der sozialen "Hängematte" entdeckt, hat das natürlich einen konkreten Hintergrund. Erinnern wir uns: Nach der Bundestagswahl 1998 verkündete der neue Kanzler vollmundig, bis zum Ende der Legislaturperiode werde er die Arbeitslosenzahlen deutlich reduziert haben, am liebsten gleich um die Hälfte, also auf zwei Millionen. Daran, so Schröder vor zweieinhalb Jahren, wolle er sich bei der nächsten Wahl messen lassen.

Genau dies droht ihm nun. Trotz der zunehmenden Oberflächlichkeit unseres Medienzeitalters muß der Kanzler damit rechnen, daß es in eineinhalb Jahren noch genügend wahlberechtigte Menschen in Deutschland geben wird, die genau wissen, was er damals versprochen hat. Und nun deutet alles darauf hin, daß sich dieses Versprechen als Riesen-Flop erweisen wird: Die Arbeitslosenzahl liegt nach wie vor bei vier Millionen, eine spürbare Reduzierung ist nicht in Sicht, zumal alle Indikatoren auf eine Abkühlung der Konjunktur hindeuten.

Nun wäre Schröder nicht der "Medienkanzler", wenn er nicht genau wüßte, wie man in solch mißlicher Lage zu reagieren hat: mit medienwirksamer Verdrehung. Im Klartext: An der nach wie vor hohen Arbeitslosenzahl ist nicht die rot-grüne Politik schuld – es sind die Faulenzer und Sozialschmarotzer, die dem Kanzler, seiner Partei und seiner Koalition die Statistiken vermasseln! So einfach kann Politik sein, wenn man sie sich so zurechtredet, wie man sie gern hätte.

Um noch einmal auf das Sachproblem zurückzukommen: Daß es solche Faulenzer, Drückeberger und Sozialschmarotzer gibt, kann nicht bezweifelt werden. Daß sie dem Staat Schaden in Milliarden zufügen und dieser Mißbrauch schon daher energisch bekämpft werden muß, ist ebenfalls klar.

Aber man hüte sich vor Pauschalurteilen: Nicht jeder Arbeitslose ist arbeitsunwillig, nicht jeder Sozialhilfeempfänger ein Schmarotzer. Und für jene "Anständigen", die Schröder so gern bemüht, ist der Gang zum Arbeits- oder Sozialamt alles andere als ein Spaß.