29.03.2024

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12.05.01 Kleingeld für die Kinder

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 12. Mai 2001


Hans-Jürgen Mahlitz:
Kleingeld für die Kinder

Ein Experiment, das unseren Politikern – gleich welcher couleur – dringend anzuraten ist: Gehen Sie doch mal in ein Kaufhaus und schauen Sie, was man für 30 Mark alles kaufen kann. Oder fragen Sie in einem Reisebüro, für wie viele Urlaubsminuten 30 Mark reichen. Danach dürften selbst die größten Optimisten und Schönredner hinreichend ernüchtert sein und in der nächsten Sonntagsrede nicht mehr verkünden, mit der soeben beschlossenen Kindergelderhöhung sei nun endgültig der bestand der Institution "Familie" gesichert und die Aussicht auf reichen Kindersegen eröffnet.

Mit 30 Mark mehr im Monat wird man keine junge Mutter animieren können, ihren Beruf aufzugeben und sich – wenigstens für einige Jahre – ganz der Kindererziehung zu widmen. Und erst wird man junge Menschen damit nicht ermuntern, auf die materiellen Vorteile des kinderlosen Lebens zu verzichten. Zu groß ist der Unterschied zwischen den beiden Gehältern einer Lebensgemeinschaft zweier Berufstätiger einerseits und dem einen Gehalt einer drei- oder mehrköpfigen Familie! Auszugleichen wäre diese Diffenrenz – mitsamt ihren demografischen Langzeitwirkungen – wohl nur durch ein echtes Erziehungsgehalt in angemessener Höhe.

Dennoch sollte man die jetzt beschlossenen Maßnahmen, wie auch die vorangegangenen Kindergelderhöhungen, nicht geringschätzen. Die Regierung Schröder, die wegen Ökosteuer und manch anderer Abschöpfungstat zu Recht viel Kritik einstecken mußte, hat in Sachen Kindergeld und steuerliche Entlastung für Familien immerhin gehandelt. Natürlich kann man einwenden: nur auf Druck der Verfas- sungsrichter in Karlsruhe! Aber den Familien, die wenigstens ein paar Mark mehr aufs Konto kriegen, wird es ziemlich egal sein, wessen Druck sie das zu verdanken haben.

Im übrigen darf man nicht vergessen: Diese Regierung ist erst seit gut zweieinhalb Jahren im Amt. Die einschlägigen Karlsruher Urteile aber beziehen sich auf einen weitaus größeren Zeitraum; sie als schallende Ohrfeige für die Familienpolitik der sechzehnjährigen "Ära Kohl" zu interpretieren entspringt nicht unionsfeindlicher Boshaftigkeit, sondern simplem Realismus. Schließlich war Rita Süßmuth (die bei der "Familienförderung" auch die engere eigene Verwandschaft nicht aussparen wollte und ansonsten bemerkenswerte Beiträge zur Verschiebung des Grundwerte-Koordinatensystems in Sachen Ehe und Familie leistete) Familienministerin nicht einer von 68ern geprägten rot-grünen, sondern in einer unionsgeführten christlich-liberalen Koalitionsregierung!

Die zunehmende Verarmung der Familien mit Kindern (s. dazu auch Beitrag auf Seite 4), die Rentenproblematik, die gefährliche Entwicklung hin zu einer egoistischen, nur noch materiell orientierten Single-Gesellschaft – all das hat doch nicht erst nach der Bundestagswahl im Herbst 1998 begonnen. Im Gegenteil: Wenn Rot-Grün sich hier des von 1982/83 bekannten Erblast-Arguments bedient, kann man kaum widersprechen.

Natürlich sind 30 Mark Kindergelderhöhung allenfalls ein "Tropfen auf den heißen Stein". Natürlich müßte weitaus mehr getan werden, um der Familie wieder den ihr gebührenden Rang im gesellschaftlichen Gefüge zuweisen zu können. Natürlich geht es nicht nur um Mark und Pfennig, sondern um eine Rückbesinnung auf unverzichtbare Grundwerte.

Aber irgendwo muß man ja anfangen. Und das haben Schröder und seine roten und grünen Koalitionäre getan, wenn auch nicht ganz freiwillig. Bei aller Kritik, die dieser Regierung entgegenschlägt (auch in dieser Zeitung): Positive Schritte – seien sie noch so klein – muß man auch anerkennen.