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12.05.01 Die Hochmeister des Deutschen Ordens in Preußen (I)

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 12. Mai 2001


Die Hochmeister des Deutschen Ordens in Preußen (I)
Vom Ursprung Preußens
von Friedrich Borchert

Preußen hat eine lange, wechselvolle Geschichte, die weit über das jetzt aktuell gefeierte dreihundertjährige Bestehen des Königreiches hinausgeht.

Namensgeber für das Land zwischen Weichsel und Memel waren die in vorgeschichtlicher Zeit dort ansässigen baltischen Völkerschaften, die sich Prusai oder Brus nannten. Hieraus entstand die Bezeichnung Prußen, aus der sich später der Name Preußen für das Land und seine Bevölkerung ableitete.

Der älteste und einzige deutsche Staat östlich der Weichsel war das Ordensland Preußen, das seinen Ursprung in der seit 1231 beginnenden Eroberung und Missionierung durch den Deutschen Orden hatte. Bis zum Ende des 13. Jahrhunderts war es den Ordensrittern in schweren Kämpfen und nach Niederschlagung von zwei großen Aufständen gelungen, fast alle Gaue der Prußen zu erobern und zu befrieden.

Die Führung des preußischen Ordensteils lag damals in den Händen des Landmeisters, der zuerst seinen Sitz in Kulm, auf der Burg Althaus Kulm, hatte und ihn um 1251 in das neue, stark befestigte Haupthaus Elbing verlegte.

Ein weites Netz von Komtureien, Vogteien und Pflegerämtern mit Burgen und befestigten Häusern überspannte das Land. Hier befanden sich die regionalen Zentren für die Verwaltung, Kolonisierung und Verteidigung. Die schon früh im Kulmer Land gegründeten Komtureien, wie zum Beispiel Thorn, Kulm, Graudenz und Rehden, hatten ein verhältnismäßig kleines Territorium. Im Verlauf der fortschreitenden Eroberung großer Gebiete stieg auch der Bereich der Komtureien erheblich an, so daß die Bezirke der vorwiegend an der Küste liegenden Sitze der Komture, wie zum Beispiel in Elbing, Balga, Brandenburg und Königsberg, in langen Gebietsstreifen sehr weit ins Hinterland reichten.

Zu Beginn des 14. Jahrhunderts gelang es dem Orden, auch die westlich der unteren Weichsel liegenden Gebiete Pommerellen und Danzig zu erwerben, so daß sich ein sehr ausgedehntes Territorium unter seiner Herrschaft befand.

Am Ende des 13. Jahrhunderts mußten die in den Kreuzzügen eroberten Gebiete des Heiligen Landes nach den Siegen der Muslime geräumt werden. Der Hochmeister des Deutschen Ordens verlegte seinen Sitz von Akkon in Palästina nach Venedig. Inzwischen hatte sich der Schwerpunkt der Aktivitäten des Ordens an die östliche Peripherie des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation verschoben, so daß Venedig von der Lage her ein ungünstiger Platz für das Haupthaus war. Außerdem entwickelte sich die politische Lage der Stadtrepublik Venedig durch einen päpstlichen Bann ungünstig. Ferner bereitete das Vorgehen des französischen Königs und der Kurie gegen den Templerorden auch den deutschen Ordensoberen Sorgen. Man glaubte, einer ähnlichen Entwicklung an einem entfernteren Platz besser aus dem Weg gehen zu können, denn gelegentlich war auch schon die Frage nach der Berechtigung des Einsatzes des Ordens in Preußen aufgeworfen worden. So entschloß sich der Hochmeister im September 1309, seine Residenz nach Marienburg zu verlegen.

Der Hochmeister war der oberste Gebietiger des Deutschen Ordens, dem alle Ordensmitglieder zu strengem Gehorsam verpflichtet waren. Ihm unterstanden für die Verwaltung der zahlreichen Besitzungen in Deutschland, Italien und Livland die Landmeister als Statthalter. Als Berater und Ressortchefs standen ihm die Großgebietiger zur Seite, zu denen insbesondere der Großkomtur, der Oberste Marschall und der Treßler gehörten. Trotz seiner herausgehobenen Stellung war der Hochmeister aber stets dem Ordenskapitel verantwortlich und von dessen und der Obersten Gebietiger Rat und Zustimmung abhängig. Im Rahmen der Ordensregel herrschte der Hochmeister über den Ordensstaat Preußen als unmittelbarer Landesfürst.

Der Hochmeister wurde aus dem Kreis der Ordensbrüder in einem Wahlkonvent des Haupthauses nach einem festgelegten Verfahren auf Lebenszeit gewählt. Das Wahlkollegium unter Vorsitz eines Wahlkomturs bestand aus acht Ordensrittern, vier anderen Brüdern und einem Priesterbruder, die möglichst aus verschiedenen Ordensballeien stammen sollten. Gewählt war der Kandidat, der die absolute Mehrheit der Stimmen erreichte. Während der Zeit des Bestehens des Ordensstaates Preußen mit Sitz in Marienburg beziehungsweise Königsberg gab es 23 Hochmeister. Sie stammten etwa je zur Hälfte aus ober- und aus niederdeutschen Ländern. Von ihnen, ihrer Geschichte und ihrem Leben wird in den folgenden Fortsetzungen berichtet.

Siegfried v. Feuchtwangen (1303–1311) war der erste Hochmeister, der seinen Sitz in der Marienburg im Ordensland Preußen hatte. Er stammte aus Franken und hatte eine erfolgreiche Laufbahn als Komtur von Wien und als Deutschmeister hinter sich. Bereits einige Jahre vorher war der offensichtlich mit ihm verwandte Konrad v. Feuchtwangen (1290–1297) Hochmeister gewesen.

Nach dem Rücktritt Gottfrieds v. Hohenlohe (1297–1303) wählte ihn das Generalkapitel zu Elbing im Oktober 1303 zum neuen Hochmeister. Jedoch fand seine Wahl im Reich wenig Zustimmung, weil eine Gruppe um den Deutschmeister einer Verlagerung des Machtzentrums in den Ostseeraum entgegenstand. Auch der zurückgetretene Vorgänger war dagegen und strebte nun die Weiterführung des Amts an. Andererseits hielten die Landmeister von Preußen und Livland zu Hochmeister Siegfried.

Seit dem Sturz der hohenstaufischen Kaisermacht und nach dem Verlust der christlichen Position im Heiligen Land war die Rolle der Deutschen im Mittelmeerraum beendet. So war es folgerichtig und der weiteren Entwicklung angemessen, daß der Orden seinen Hauptsitz in sein eigentliches Wirkungsgebiet, nämlich nach Preußen, verlegte. Die unterschiedlichen Meinungen wurden durch eine Änderung der Ordensregel geschürt. Danach sollte der Hochmeister seinen Amtssitz nicht mehr eigenmächtig verlegen dürfen. Deshalb fand zunächst ein kurzer Zwischenschritt statt, indem das Haupthaus vorübergehend nach Marburg umzog.

Im September 1309 war es dann soweit, und Siegfried v. Feuchtwangen zog mit großem Gefolge in die Marienburg ein. Als Residenz eines mächtigen Territorialfürsten wurde sie alsbald zur größten Landburg Europas ausgebaut. Sie blieb anderthalb Jahrhunderte Hochmeistersitz und Haupthaus des Deutschen Ordens.

Das als normale Komturei angelegte Konventshaus genügte nun nicht mehr den Ansprüchen, die an die Residenz des Hochmeisters sowie an den Regierungssitz eines bedeutenden Landes und einer in vielen Teilen Europas vertretenen Organisation zu stellen waren. Es mußte der gesamte zentrale Führungsapparat mit der dazugehörigen Verwaltung untergebracht werden. Außerdem waren Repräsentationsräume und Unterbringungsmöglichkeiten für die häufigen Gäste erforderlich. Zuerst entstanden im Mittelschloß neue Wohnräume für den Hochmeister und der berühmte Große Remter, von denen später Teile in den neuen Hochmeisterpalast einbezogen wurden. Die Bauabwicklung verlangte viel Zeit und endete erst 1393 mit Fertigstellung des prachtvollen, einzigartigen Hochmeisterpalastes.

Bald nach ihrer Ankunft in Marienburg wurden der Hochmeister und alle Ordensritter in Preußen und Livland durch den päpstlichen Legaten Franz von Moliano exkommuniziert. Der heftige Zwist um die Verlegung des Haupthauses und die fortwährenden Auseinandersetzungen mit dem eigenwilligen Erzbischof von Riga hatten wohl die Ungnade des Papstes herbeigeführt.

Die Verlegung des Haupthauses nach Preußen brachte eine Reihe organisatorischer Veränderungen in der Ordenshierarchie mit sich. Das Amt des Landmeisters in Preußen wurde aufgehoben und der bisherige Amtsinhaber, Heinrich von Plotzke, zum Großkomtur ernannt.

Der Hochmeister war wohl mit den vielen sich zwingend aus der neuen Situation ergebenden Maßnahmen voll ausgelastet, so daß er in der ihm verbleibenden kurzen Amtszeit im übrigen nicht mehr handelnd hervortrat.

Hochmeister Siegfried von Feuchtwangen war in Marienburg nur eine Zeit von nicht einmal zwei Jahren vergönnt. Als bleibendes Verdienst ist ihm besonders seine Entscheidung für Preußen zuzurechnen, die auf Jahrhunderte von tragender politischer Bedeutung war.

Im Frühjahr 1311 erkrankte der Hochmeister an der "roten Ruhr" und verstarb am 5. März 1311 in seiner neuen Residenz zu Marienburg. Er wurde in der Kathedrale des Bistums Kulm, im Dom zu Kulmsee, beigesetzt. In der dortigen Turmhalle erinnerte noch lange Zeit eine Grabplatte mit der Jahreszahl MCCCXI an den ersten Hochmeister in Preußen. Sie ist inzwischen zerstört worden und untergegangen.

 

Siegfried v. Feuchtwangen 1303–1311

Karl v. Trier 1311–1324

Werner v. Orseln 1324–1330

Luther v. Braunschweig 1331–1335

Dietrich v. Altenburg 1335–1341

Ludolf König 1342–1345

Heinrich Dusemer 1345–1351

Winrich v. Kniprode 1352–1382

Konrad Zöllner 1382–1390

Konrad v. Wallenrode 1391–1393

Konrad v. Jungingen 1393–1407

Ulrich v. Jungingen 1407–1410

Heinrich v. Plauen 1410–1413

Michael Küchmeister 1414–1422

Paul v. Rusdorf 1422–1441

Konrad v. Erlichshausen 1441–1449

Ludwig v. Erlichshausen 1450–1467

Heinrich Reuß v. Plauen 1469–1470

Heinrich Reffle 1470–1477

Martin v. Truchseß 1477–1489

Johann v. Tiefen 1489–1497

Friedrich v. Sachsen 1489–1510

Albrecht v. Brandenburg 1511–1525