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23.06.01 Das Mai-Wetter in der Heimat / Analysiert von Meteorologe Dr. Wolfgang Terpitz

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 23. Juni 2001


Pflanzen ließen Köpfe hängen
Das Mai-Wetter in der Heimat / Analysiert von Meteorologe Dr. Wolfgang Terpitz

Offenbach – Für den Mai gibt es in Sammlungen von Bauernweisheiten viele Wettersprüche. Die meisten von ihnen haben den einhelligen Tenor, daß Mairegen Segen bringt. Andere warnen vor den Eisheiligen und dem allzu schnellen Vergessen von Nachtfrösten. Unter den wenigen Sprüchen über einen trockenen Mai findet man folgenden: "Ist der Mai recht warm und trocken, macht er alles Wachstum stocken." So wird es wohl im vergangenen Monat in Ostpreußen gewesen sein.

Wirksamer Regen fiel nur an maximal fünf Tagen. Im Raum von Königsberg beschränkte er sich sogar nur auf zwei Tage. Die erste Hälfte des Mai blieb trocken. Vereinzelte Tropfen, die man zählen konnte, und auch ein Gewitter in Allenstein machten die Landschaft nicht naß. Anfangs konnten die Pflanzen das reichliche Niederschlagsangebot der Vormonate noch nutzen. Bald war aber diese Quelle – zuerst in den sandigen Gegenden – versiegt, so daß manche Pflanzen ihr Wachstum reduzierten oder gar ihre Köpfe hängen ließen. Zudem förderten die Sonne – an manchen Tagen bis zu 13 Stunden – und der auflebende Nachmittagswind die Verdunstung aus der Bodenkrume.

In diesen ersten zwei Wochen erlebte Ostpreußen entgegen dem sonstigen Trend der Jahreszeit den wärmsten Witterungsabschnitt des vergangenen Monats und gleich am 1. Mai das Maximum mit sommerlichen Temperaturen. Den höchsten Wert von 27 Grad meldete die Wetterstation Heidekrug. Am 4., 5. und 15. Mai erreichte das Maximum verbreitet wieder den Wert von 25 bis 26 Grad. Daß die Temperaturen der küstennahen Stationen (wie zum Beispiel in Memel) 5 bis 8 Grad unter diesen Werten blieben, lag an der kühlenden Ostsee, deren Wasser zu der Zeit mit knapp 10 Grad noch eisig kalt war.

Bei Kälte denkt man im Mai natürlich an Nachtfröste. In der sternenklaren Nacht zum 3. Mai gab es sie nach längerer Zeit wieder. In Allenstein sank die Temperatur knapp unter die Null-Grad-Marke. Am Boden wurden minus 4 Grad gemessen. Die Eisheiligen verschonten dagegen das Land weitgehend. Nur Servatius (13. Mai) konnte es nicht lassen und brachte einigen Kältelöchern geringen Nachtfrost.

Der erste Witterungsabschnitt wurde überwiegend von hohem Luftdruck bestimmt, wobei Tiefausläufer keine reelle Chance hatten. Diese brachten höchstens einmal Wolkenfelder ins Land. Anders gestaltete sich die Witterung ab Mitte des Monats. Die Höhenströmung hatte sich auf Südwest gedreht und führte Meeresluft heran. Für eine Woche gab es keine Nachtfröste mehr. Die Maxima lieferten auch nicht mehr solch angenehme Werte wie bisher. Anfangs stieg das Quecksilber noch bis zu 23 Grad. Dann kam es nur noch auf Werte von 14 und 18 Grad. 20 Grad bildeten schon die Ausnahme. Zudem prägten einzelne Regenfälle den Charakter der Witterung. Aber nur am 18. und 29. Mai brachten sie das für die Landwirtschaft ersehnte Naß. Gegenden mit zusätzlichen intensiven Regentagen konnten sich glücklich schätzen.

Ab dem 20. Mai stieß Polarluft ins Land. Sie gelangte zwischendurch in den Bereich von Hochkeilen, wobei die Wolkendecke aufriß. Das Ergebnis für eine Woche waren sonniges Wetter, erneute Trockenheit und wieder Nachtfröste. Am kältesten war es am Morgen des 23. Mai, als zum Beispiel in Allenstein minus 3,3 Grad gemessen wurden. Am Erdboden war es sogar minus 8 Grad kalt. Für manche Pflanzen – vor allem blühende Bäume – und für einige junge Tiere mag das zum Problem geworden sein. Kalt war es am 30. Mai auch tagsüber, als bei bedecktem Himmel die Temperatur zum Beispiel in Königsberg nicht einmal die 10-Grad-Marke erreichte! Das Wetter Ostpreußens schien auf dem Kopf zu stehen. Am zweitletzten Tag der tiefste und am ersten Tag das höchste Maximum des Frühlingsmonats, ein Phänomen, das wir nur selten erleben!

Im vergangenen Mai summierte sich der Regen auf Werte zwischen 15 Millimeter (in Memel) und 38 Millimeter (in Allenstein). Damit fehlten 76 beziehungsweise 24 Prozent zum Normalwert. Dafür schien die Maisonne 30 Prozent häufiger als gewöhnlich, das waren 340 Stunden. Schließlich war der vergangene Mai – wie bisher alle Monate dieses Jahres – erneut zu warm. Als mittlere Temperatur wurden Werte zwischen 10,7 Grad (in Memel) und 13,0 Grad (in Königsberg und in der Johannisburger Heide) festgestellt.