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07.07.01 "AVNOJ-Dekrete müssen weg!"

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 07. Juli 2001


Jugoslawische Bekenntnisse:
"AVNOJ-Dekrete müssen weg!"
Sensationelle Verhandlungserfolge der Donauschwaben
von Martin Schmidt

Wieder einmal blickt alles auf den Balkan: In Mazedonien brennt es lichterloh, Tausende sind auf der Flucht, und in Jugoslawien wurde der finanzpolitischen Erpressung von USA und EU nachgegeben, den Ex-Präsidenten Milosevic nach Den Haag auszuliefern, statt ihn selbst (und zwar hart) zu bestrafen.

Im Schatten dieser weltpolitischen Ereignisse bahnen sich – von den hiesigen Medien kaum beachtet – auch für die Donauschwaben aus Jugoslawien historisch bedeutende Entwicklungen an.

Am 18. Juni führte eine hochrangige donauschwäbische Delegation in der nordserbischen Wojwodina ergiebige Gespräche mit führenden jugoslawischen Politikern. Auf donauschwäbischer Seite nahmen an diesen ersten offiziell geführten Verhandlungen seit der schrecklichen Zeit von Flucht und Internierung zwischen 1944 und 1948 Georg Morgenthaler aus der Bundesrepublik teil, Rudolf Reimann aus Österreich und die Repräsentanten Mayer und Baumann aus den USA bzw. Kanada. Außerdem war der Obmann der in Sachen Auslandsdeutsche sehr aktiven Österreichischen Landsmannschaft, Helmut Loicht, mitgereist.

Ihnen gegenüber saßen der stellvertretende serbische Ministerpräsident Jozsef Kászar, der Bundesminister Jugoslawiens für Minderheiten, Rasim Ljaljic, der Vizepräsident des Regionalparlaments der Wojwodina, Sandor Egresi, sowie die Bürgermeister von Großbetschkerek (Zrenjanin) und Maria-Theresiopel (Subotica).

In einer von sichtlichem Wohlwollen geprägten Atmosphäre ließ Vizeministerpräsident Kászar, ebenso wie Egresi Angehöriger der in der Wojwodina starken ungarischen Volksgruppe, die Katze aus dem Sack und bekannte: "Die AVNOJ-Beschlüsse müssen weg!" Nach jahrzehntelanger Tabuisierung der an den Donauschwaben Jugoslawiens verübten Massenverbrechen, bei denen über 50 000 Menschen umkamen, sind diese Worte eine Sensation.

Schließlich ist die in Abgrenzung zur alten Führung um ein antikommunistisch-demokratisches Profil bemühte Regierung Djindjic erst wenige Monate im Amt und muß Zugeständnisse an die in der Vergangenheit stets als "Feinde Serbiens" propagierten Deutschen innenpolitisch mühsam erkämpfen.

So sind die am 29. November 1943 von Titos Partisanenführung (dem "Antifaschistischen Rat für die Volksbefreiung Jugoslawiens", kurz: AVNOJ) im bosnischen Jajce gefaßten und 1944-46 in Verordnungen und Gesetzen festgeschriebenen Beschlüsse zur völligen Entrechtung und Enteignung der deutschen Bewohner mit einer Absichtserklärung noch lange nicht aufgehoben. Und die durch die Auslieferung Milosevics ausgelöste Regierungskrise wirft weitere Fragezeichen auf.

Trotzdem konnte mit Jugoslawien in kürzester Zeit mehr erreicht werden als mit Slowenien oder Tschechien in jahrelangen zähen Verhandlungen. Denn was einmal von führenden serbischen Politikern an Distanzierungen von den AVNOJ-Diskriminierungen offiziell dokumentiert ist, läßt sich schwerlich wieder zurücknehmen, und man kann es bei passender Gelegenheit immer wieder zitieren.

Damit ist die Situation bereits eine ganz andere als im Falle Tschechiens, wo die Regierung in Prag bekanntlich trotz EU-Beitrittsambitionen die Abschaffung der mit den AVNOJ-Bestimmungen vergleichbaren Benesch-Dekrete kategorisch ablehnt.

Ähnlich ist es mit Slowenien: Zwar konnte Österreich im April ein Kulturabkommen mit dem Nachbarland unterzeichnen, das die heimatverbliebenen Deutschen in der Untersteiermark als Volksgruppe aufwertet (ohne ihnen jedoch den Status einer Minderheit zuzubilligen wie etwa den Ungarn oder Italienern), aber das AVNOJ-Unrecht wurde von Lai-bach nicht angerührt.

Die am 18. Juni in der Wojwodina geführten Gespräche haben neben dem Genannten auch noch andere erfreuliche Ergebnisse gebracht. So bejahte die serbische Seite grundsätzlich die Forderung der Donauschwaben, die schätzungsweise 4000 bis 5000 heute noch im Lande lebenden Deutschen als Volksgruppe anzuerkennen.

Gleichermaßen stimmte man dem Verlangen nach einer nicht nur moralischen, sondern auch materiellen Wiedergutmachung des an den Donauschwaben im Banat, in Syrmien, der Batschka und in Slawonien verübten Unrechts prinzipiell zu. Zur Aufarbeitung der Vergangenheit wurde die Bildung einer gemeinsamen Historikerkommission ins Auge gefaßt.

Schon jetzt wollen die Politiker aus Belgrad und Neusatz (Novi Sad) die Spuren deutscher Kultur – Kirchen, Denkmäler, Friedhöfe – nicht weiter verfallen lassen oder gar aktiv zerstören, sondern diese pflegen bzw. ihre Erhaltung mit ausländischen Geldern zulassen.

Einen weiteren Verhandlungserfolg stellen Pläne dar, Städtepartnerschaften von serbischen Orten mit donauschwäbischer Vergangenheit mit Gemeinden in der Bundesrepublik Deutschland oder in Österreich verstärkt zu fördern. In dieser Hinsicht verliehen die serbische Gastgeber auch ihrer Hoffnung Ausdruck, von den in aller Welt verstreuten Donauschwaben Hilfe beim wirtschaftlichen Wiederaufbau des Landes zu erhalten.

Die deutschen Gäste sagten eine solche zu, sobald die Aufarbeitung der Vergangenheit sowie die rechtliche Rehabilitierung der geflüchteten und verbliebenen Donauschwaben eingeleitet seien.

Handfeste Aufbauarbeit wird schon heute außer in den Organisationen der Jugoslawiendeutschen selbst (dem "Deutschen Volksverband" und dem "Deutschen Klub Donau") in Maria-Theresiopel/Subotica betrieben, wo im Herbst ein "Deutsches Haus" eröffnet werden soll, für das sich insbesondere die dortigen Aktivisten Rudolf Weiß und Laslo Mand-ler stark gemacht haben. Außerdem plant die Österreichische Landsmannschaft (ÖLM) in Maria-Theresiopel in wenigen Monaten die Gründung von zwei deutschen Kindergartengruppen.

Der Südtiroler Landeshauptmann Durnwalder hat sich Ende 2000 bei einem Besuch der ÖLM-Geschäftsstelle in Wien bereit erklärt, aus Landesmitteln die Baukosten für das Kindergartengebäude zu übernehmen, während die Österreichische Landsmannschaft 100 000 Schillinge (15 000 Mark) für dessen Einrichtung beisteuern will.

Probleme bereitet – wieder einmal – die bundesdeutsche Seite, deren Belgrader Botschaft, wie ÖLM-Pressesprecher Norbert Prohaska gegenüber dem Ostpreußenblatt bedauerte, zugesagte Gelder für das Projekt (noch) nicht auszahle.

Weitere Auskünfte: Österreichische Landsmannschaft, Fuhrmannsgasse 18 a, A – 1080 Wien, Tel.: 0043-1-4082273, Fax: 4022882 (Spendenkonto: Postbank Berlin, Nr. 33200101, BLZ 100 100 10)

 

Gedenken im KZ Rudolfsgnad: Hier wurden 12 000 Deutsche verscharrt. In Ungarn ist man ganz selbstverständlich stolz auf das eigene Land und Volk