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07.07.01 Die Naturbühne von Ralswiek am Jasmunder Bodden läßt die Vitalienbrüder unter Klaus Störtebeker wieder zu Ehren kommen

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 07. Juli 2001


Die Naturbühne von Ralswiek am Jasmunder Bodden läßt die Vitalienbrüder unter Klaus Störtebeker wieder zu Ehren kommen
» Dat weern twee Röver...«
Die Freilichtspiele auf Rügen eröffneten mit »Hamburg – Hanse – Henker«

Der Sommer ist nun endgültig da und mit ihm die große Zeit der Freilichtspiele. Eine der schönsten Naturkulissen bietet die Insel Rügen, und die wird in diesem Jahr wieder weidlich genutzt von dem berühmtesten und berüchtigsten Piraten der nördlichen Meere, von Klaus Störtebeker und seinen Kumpanen. Auf der herrlichen Naturbühne von Ralswiek am Jasmunder Bodden spielt sich der letzte Kampf des Freibeuters ab, denn er verliert seinen Kopf. Historisch genau auf ein Gedenkjahr ausgerichtet, denn vor 600 Jahren, am 14. Oktober 1401, wurde Störtebeker auf dem Hamburger Grasbrook enthauptet. Und so lautet der Titel der diesjährigen Aufführung "Hamburg – Hanse – Henker".

Den Rüganern ist es zu gönnen, daß die seit Jahren stattfindenden Festspiele für dieses Jahr einen Rekord verheißen, denn gut drei Wochen vor Beginn des Spektakels am 23. Juni waren bereits rund 180 000 Karten abgesetzt. Das bedeutet gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung von fast 28 Prozent! Wenn nach 61 Vorstellungen am 1. September zum letzten Mal das Richtschwert seine Pflicht getan hat, dürfte die Besucherzahl, vom Beginn der Spiele gerechnet, die Zwei-Millionen-Grenze überschritten haben.

Strenge historische Maßstäbe darf man nicht anlegen, denn der auf der Bühne so sympathische Freibeuter war durchaus nicht ein "Robin Hood der Meere", dazu hat ihm erst die nach seinem Tod rankende Legende verholfen. Das Störtebekerlied, das ihm die Hamburger nach seiner Hinrichtung sangen, beweist, wie gefürchtet und verhaßt Störtebeker und sein Kumpan Goedeke Michels waren:

"Störtebeker und Gödcke Mi-cheel, dat weern twee Röver to glieken Deel, to Water un nich to Lande. Bit dat et Gott im Himmel verdroot, do musten se lieden groot Schande."

Aber die Zeit verzeiht, denn selbst die Hamburger, die einst die Hinrichtung der Freibeuter bejubelten, haben ihm vor einigen Jahren posthum ein Denkmal gesetzt. Neben dem Stein auf dem Grasbrook im Freihafen, auf dem der Verurteilte den Kopf abgeschlagen wurde. Auch sein silberner "Stürzebecher", den er in einem Zug leergetrunken haben soll, wird noch in der Hansestadt gezeigt. Ihm wird der Name zugeschrieben, unter dem der Räuber berüchtigt wurde: Störtebeker! Und in den Harburger Bergen im Süden der Hansestadt gibt es noch eine Stelle, die "Goedeke sin Kuhl" heißt. Dort soll der Leichnam des ebenfalls hinge-richteten Mitstreiters "eingekühlt" worden sein.

So buntschillernd die Legende um Klaus Störtebeker auch ist, so wenig weiß man etwas über seine eigene Herkunft. Hervorgegangen sind er und seine Kumpane aus dem Seeräuberhaufen, der sich um das mecklenburgische Herzoghaus gegen Ende des 14. Jahrhunderts scharte. Sie nannten sich "Vitalienbrüder" und "Likedeeler" und unterstützten die Mecklenburger in ihrem Kampf um die schwedische Königskrone. Sie eröffneten einen gnadenlosen Kaperkrieg gegen Dänemark, der sich bald gegen alle die Ostsee befahrenden Schiffe richtete. In dieser Zeit machten die Hauptleute der Vitalienbrüder, Klaus Störtebeker und Goedeke Michels, von sich reden.

Nach dem Friedensschluß zwischen Mecklenburg und Dänemark zogen sich die Vitalienbrüder auf die Insel Gotland zurück. Die war Schauplatz im vergangenen Jahr, als in Ralswiek das Spiel "Die Kreuzritter" über die Bühne ging. Denn von der Insel wurden sie mit Kreuz und Schwert durch den Deutschen Orden vertrieben, nachdem der Papst den Bannfluch über die Vitalienbrüder verhängt hatte und damit dem Hochmeister Konrad von Jungingen den Anlaß gab, die Ostsee von Piraten zu befreien. Natürlich war auch in diesem Spektakel Klaus Störtebeker "Gottes Freund und aller Welt Feind".

Aber sei’s drum: Spiel ist Spiel, und das läuft allabendlich – außer sonntags – über die Ralswieker Naturbühne. Mit 1200 Mitwirkenden, zu denen auch durch das Fernsehen bekannte Schauspieler wie Wolfgang Lippert und Mircea Krishan zählen – in einem mittel-alterlichen Hafenszenarium mit einer kleinen Flotte von Koggen, die von Saßnitzer Kutterkapitä-nen durch die Gewässer geführt werden.

Höhepunkt ist dann das große Feuerwerk über dem Jasmunder Bodden. Im Vorprogramm läuft eine Greifvogelschau "Könige der Lüfte" mit Adlern, Falken und Bussarden.

Wenn auch Störtebeker seinen Kopf verliert, so ist das – auf der Bühne – noch nicht endgültig. Der vierteilige Störtebekerzyklus wird wiederholt. In den nächsten Jahren soll es aber andere, noch nicht erzählte Geschichten um die Vitalienbrüder geben, die nach England, Norwegen und Spanien führen. Störtebeker ist eben unsterblich, nicht nur als Legende, sondern auch leibhaftig auf der Ralswieker Naturbühne (Aukunft: Ruf: 03838/31 10-0). G. F. / V.R.