19.04.2024

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07.07.01 Ausstellung in Berlin über Hugo Häring

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 07. Juli 2001


Architektur als Kulturform
Ausstellung in Berlin über Hugo Häring

Sein Name ist in der Fachwelt ein Begriff, doch darüber hinaus kennt man Hugo Häring, den 1882 in Biberach an der Riß geborenen Architekten, kaum. Dieser Tage nun zeigt die Berliner Akademie der Künste in ihren Räumen im Tiergarten, Hanseatenweg 10, eine Ausstellung über sein Leben und Werk: Hugo Häring – Architekt des Neuen Bauens (bis 5. August, montags 14 bis 20 Uhr, dienstags bis sonntags 11 bis 20 Uhr; Führungen mittwochs 18 Uhr, sonntags 11 Uhr; Eintritt 8 DM, ermäßigt 5 DM).

Aus dem reichen Fundus der Akademie stammen die gezeigten Originalzeichnungen aus dem Nachlaß Härings, der 1958 in Göppingen starb. Sie dokumentieren ein Werk, zu dem neben zwei Projekten in Rio de Janeiro vor allem das Gut Garkau in Ostholstein (1922–1926) gehört, aber auch seine Beteiligung an Berliner Großsiedlungen wie Onkel-Toms-Hütte (1926) oder die Ring-Siedlung in Berlin-Siemensstadt (1929/30). Auch spielte Häring ein Rolle bei den Planungen der Avantgarde zur Umgestaltung des Platzes der Republik vor dem Reichstag (1927/30) und bei der Entwicklung der Stuttgarter Weißenhofsiedlung (1925/26) unter Mies van der Rohe.

Wie der heute noch berühmte Architekt Hans Scharoun (1893–1973) war auch Hugo Häring während des Ersten Weltkriegs nach Ostpreußen gegangen. Von 1915 bis 1921 wirkte er als Bauanwalt in Allenburg, Kreis Wehlau. Dort soll er an der Planung zum Wiederaufbau des nach dem Russeneinfall stark beschädigten Turms der Ordenskirche beteiligt gewesen sein. Der Architekt Christian Papendick nennt auch das Herrenhaus Otto von Weiss in Groß Plauen, das Häring 1920 errichtet hat. Kriege und Zerstörungswut haben nur wenig von dem Bau übrig gelassen.

Den Architekturzeichnungen sind Plastiken und Bilder zeitgenössischer Künstler wie Auguste Rodin, Naum Gabo oder Rudolf Belling gegenübergestellt, um Härings Konzept des bewegten Raums zu veranschaulichen. Anders als seine Kollegen der Avantgarde wie etwa Le Corbusier forderte Häring Architektur nicht mehr als "Kunstform" zu begreifen, sondern als "Kulturform", "als Form, die sich aus der Kultur der Moderne, gewissermaßen dem Leben selbst, ergebe", so Matthias Schirren, Leiter der Archivabteilung Baukunst und der Stiftung Archiv der Akademie der Künste. "Spürsinn und Einfühlungstakt" so Schirren, " sollten an die Stelle von falsch verstandenem Künstlertum treten." Der Begriff vom "organhaften Bauen", den Häring erstmals 1925 in die Debatte brachte, ist noch heute eng mit seinem Namen verbunden.

"Bewegt und von plastischer Intensität" (Schirren) sind seine Bauten, davon kann man sich auch in dem die Ausstellung begleitenden Buch aus dem Verlag Gert Hatje überzeugen: Hugo Häring – Architekt des Neuen Bauens (352 Seiten, 390 sw und farbige Abb. , in der Ausstellung 65 DM, im Buchhandel 133 DM). "Härings Werk führt hinein in die Auseinandersetzungen um die Moderne", so Schirren, "die sich angesichts von Neoexpressionismus und Dekonstruktivismus zumal im Berliner Architekturstreit der neunziger Jahre als keineswegs überwunden oder historisch obsolet erwiesen haben." Silke Osman