19.04.2024

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21.07.01 Vor 50 Jahren starb Wilhelm v. Preußen in Hechingen

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 21. Juli 2001


Der letzte Kronprinz des Reiches
Vor 50 Jahren starb Wilhelm v. Preußen in Hechingen
von Rüdiger Ruhnau

Im Neuen Garten von Potsdam, im Unterschied zum "alten" von Sanssouci so genannt, steht mit der schönsten Seite dem See-ufer zugewandt das Marmorpalais. Gontard erbaute den frühklassizistischen Palast, in wel- chem der spätere Kronprinz des Deutschen Reiches und von Preußen 1882 das Licht der Welt erblickte. Noch regierte der 85jährige Kaiser Wilhelm I., der voller Freude die Geburt einer vierten lebenden Hohenzollerngeneration begrüßte. Das Kaiserreich und sein Kanzler Bismarck standen auf dem Höhepunkt ihrer Macht und des Ansehens, die Wirtschaft erlebte die Phase der Hochindustrialisierung, allenthalben regten sich Kräfte, denen glänzende Zukunftsaussichten bevorstanden.

Zu seinem sechsten Geburtstag erhielt der Knabe Wilhelm seine erste Uniform. Dieses Jahr hatte aber aus einem anderen Grund eine ganz besondere Bedeutung für ihn: Kurz nacheinander waren Urgroßvater und Großvater gestorben, sein Vater folgte als Wilhelm II. auf den Kaiserthron, aus dem Prinzen Wilhelm wurde der Kronprinz, dem als ältester Sohn des Kaisers noch fünf Brüder und eine Schwester folgten. Zusammen mit seinem Bruder, Prinz Eitel Friedrich, besuchte Wilhelm das Kadettenkorps in Plön in Schleswig-Holstein, wo er nach vier Jahren die Reifeprüfung ablegte. Nach alter Hohenzollern-Tradition, wonach jeder Prinz ein Handwerk erlernen sollte, wählte der Kronprinz das Drechslerhandwerk.

Infolge des hohenzollernschen Hausgesetzes erklärte man Wilhelm anläßlich seines 18. Geburtstages für volljährig. Damit verbunden war die Abkommandierung als Leutnant zum Ersten Garderegiment zu Fuß in Potsdam. Ein Regierungskamerad urteilte über ihn: "Kronprinz Wilhelm war ein allen Intrigen abgeneigter, offener, zuverlässiger Kamerad, der pflichttreu seinen Dienst versah und nie unfreundlich oder hochfahrend war." Es schlossen sich zwei Jahre Studium des Staats- und Verwaltungsrechtes an der von adeligen Familien bevorzugten Universität Bonn an. Dort trat der Kronprinz zwar der schlagenden Verbindung Corps Borussia bei, durfte aber auf Anweisung des Kaisers an Mensuren nicht teilnehmen. Der gutaussehende Wilhelm war in der Bonner Gesellschaft beliebt, besonders die Damen schwärmten für ihn auch wegen seines Charmes und taktvollen Auftretens. Offizielle Reisen führten unter anderem nach Wien zum Besuch Kaiser Franz Josefs. Hier lag allerdings noch ein anderer Reisegrund vor, da die Mutter, Kaiserin Auguste Viktoria, auf eine möglichst frühe Verheiratung des Sohnes drängte. Bei einer Prüfung weiterer möglicher Verbindungen war das Kaiserpaar auf die Prinzessin Cecilie aus dem Hause Mecklenburg-Schwerin aufmerksam geworden. Anläßlich eines behutsam arrangierten Zusammentreffens soll es dann Liebe auf den ersten Blick gewesen sein zwischen der schönen, blutjungen Cecilie und dem Kronprinzen.

Der Hochzeitstag am 6. Juni 1905 wurde für Berlin zu einem denkwürdigen Ereignis. Die Fahrt der Braut in der Galakutsche vom Schloß Bellevue zum Berliner Stadtschloß glich einem Triumphzug. Abertausende umjubelten das sympathische Hochzeitspaar in der Feststraße Unter den Linden. An der Feier im Weißen Saal des Schlosses nahm fast der gesamte Hochadel Europas teil. Sechs Jahre später ernannte der Kaiser seinen Sohn zum Kommandeur des Ersten Leibhusarenregiments in Danzig-Langfuhr. Der Kronprinz hatte sich durch einige Äußerungen politisch zu profilieren versucht, was dem Vater gar nicht gefiel. Nun in Danzig, vom Machtzentrum Berlin weit entfernt, hoffte man, daß er weniger Gelegenheit zu öffentlichen Auftritten haben würde. Trotzdem hat der Kronprinz seine Danziger Zeit als "die glücklichsten Jahre meines Lebens" bezeichnet. Die Schönheit der Ostseelandschaft begeisterte die inzwischen auf vier Söhne angewachsene Familie. Der Kriegsausbruch überraschte den Kronprinzen in Zoppot. Er bekam das Kommando über die V. Armee, die Ende August 1914 in die Kämpfe im Westen eingriff und bei Longwy einen Sieg errang. Den Opfergang des deutschen Heeres bei Verdun suchte er zu beenden, konnte sich aber erst durchsetzen, als Hindenburg und Ludendorff in die Oberste Heeresleitung eintraten.

Möglicherweise hätten die tragischen Ereignisse vom 9. November 1918 einen anderen Verlauf genommen, wenn der Kaiser dem Vorschlag seines Sohnes gefolgt wäre. Wilhelm, seit 1916 Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz und sein Generalstabschef Graf v. d. Schulenburg machten klar, daß im kämpfenden Heer Fahneneid, Königstreue und Disziplin ihre Bedeutung nicht verloren hatten. Sie waren bereit, mit zuverlässigen Truppen militärische Operationen zur Niederschlagung des Aufstandes durchzuführen. In seinem Erinnerungsbuch ("Erinnerungen", 1922) hat es der Kronprinz als einen Fehler bezeichnet, "daß Schulenburg und ich nicht in Spa blieben oder den Kaiser gleich mit uns nahmen". Als er keine Möglichkeit mehr sah, von sich aus seine Nachfolge als Kaiser und Oberster Kriegsherr durchzusetzen und Friedrich Ebert in Berlin erklärt hatte, daß seine Rück-kehr nach Deutschland an der Spitze der Truppen abgelehnt werden müsse, folgte er zwei Tage später seinem Vater ins Exil nach Holland. Am 1. Dezember 1918 verzichtete der Kronprinz auf alle Thronrechte; die niederländische Regierung behandelte ihn als Internierten.

Kronprinzessin Cecilie blieb in Deutschland, sie begründete dies mit der Erziehung ihrer sechs Kinder (den vier Söhnen waren noch zwei Töchter gefolgt), die in Deutschland aufwachsen sollten, damit der Zusammenhang mit dem Volk nicht verloren ging. Abwechselnd lebte die Familie im schlesischen Oels, wo das Kronprinzenpaar Schloß und Landsitz behalten durfte, oder auf Schloß Cecilienhof in Potsdam, das der Staat ihnen zur Nutzung überließ. Reichskanzler Stresemann gestattete Kronprinz Wilhelm 1923 die Rückkehr nach Deutschland unter der Voraussetzung, sich nicht politisch zu betätigen. Fortan führte er auf Schloß Cecilienhof ein geselliges Leben als Privatmann. Am "Tag von Potsdam", dem 21. März 1933, nahm Wilhelm in der Uniform der Danziger Leibhusaren teil. Als der Zweite Weltkrieg begann, hielt er es für seine Pflicht, ein militärisches Kommando zu übernehmen, was jedoch abgelehnt wurde.

Anläßlich der Eroberung von Paris am 14. Juni 1940 übermittelten der Exkaiser und sein Sohn der Reichsregierung Glückwünsche zum Sieg über Frankreich, was dem Kronprinzen nach dem Krieg verübelt wurde. Er wurde von den Franzosen gefangengenommen und bezog nach der Entlassung eine bescheidene Wohnung in Hechingen, unterhalb der Burg Hohenzollern, wo er am 20. Juli 1951 verstarb. Sein Grab befindet sich auf der Stammburg seiner Vorfahren.

Wilhelm v. Preußen: Obwohl Kronprinz des deutschen Reiches und von Preußen wurde er weder Kaiser noch König.