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04.08.01 Das Reiterstandbild Friedrich Wilhelms III. / Vor 150 Jahren wurde das Denkmal eingeweiht

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 04. August 2001


Königsberg:
Das Reiterstandbild Friedrich Wilhelms III.
Vor 150 Jahren wurde das Denkmal eingeweiht

Vor 150 Jahren, am 3. August 1851, wurde in Königsberg das Reiterdenkmal König Friedrich Wilhelms III. (1797– 1840) eingeweiht. Die Stände der Provinz Preußen ließen es durch August Kiß (1802–1865), einen Schüler Christian Daniel Rauchs, ausführen. In Rauchs Werkstatt in Berlin wurde es modelliert und in der Gräflich-Einsiedelnschen Gießerei Lauchhammer aus erbeuteten französischen Geschützrohren gegossen. Der Transport des 250 Zentner schweren Denkmals mit sechs Meter hohem Sockel und fünf Meter hoher Figur mittels achtspännigem Lastzug nach Königsberg war schwierig. In Königsberg mußte das Dach des neuen Brandenburger Tores abgenommen und der Boden des Grünen Tores abgegraben werden.

Das bis dahin repräsentativste Denkmal der Stadt stand nach Fotos noch bis in die 50er Jahre vor der Ruine der Neuen Universität und ist dann – wie das von Albert Wolff geschaffene kriegsbeschädigte Gegenstück im Berliner Lustgarten – der Metallschmelze zum Opfer gefallen. Das Denkmal stellte den König im Purpurmantel und mit Lorbeerkranz auf dem Haupte dar. Den Sockel schmückten sechs allegorische Figuren – Glauben, Tapferkeit, Gerechtigkeit, Liebe, Friede und Weisheit sowie dazwischen fünf Reliefs. Auf der Vorderseite mit dem preußischen Adler befand sich die Widmungsinschrift: "Ihrem Könige Friedrich Wilhelm III. die dankbaren Preußen 1851."

Das Reiterdenkmal war nur ein Teil der von König Friedrich Wilhelm IV. geplanten und seinem Architekten Friedrich August Stüler 1843 entworfenen "großen Architektur-Anlage" mit Neuer Universität und Königsgarten. Mit Arkaden wollte der König ursprünglich den gesamten Königsgarten umschließen sowie Universitätsgebäude, Gerichtspalast und zu verschönerndes Schauspielhaus verbinden. Parallelen zu der von Säulengängen umgebenen forumartigen Anlage auf der Berliner Museumsinsel als "Freistätte für Kunst und Wissenschaft" mit den von Stüler entworfenen Bauten des Neuen Museums (1843–1857) und der Nationalgalerie (Entwurf 1862–1865) tun sich auf. Mit der Neuen Universität in Königsberg wollte Friedrich Wilhelm IV. nach seinem Regierungsantritt 1840 "napoleonische Friedenszüge in Kunst und Wissenschaft" unternehmen.

Zu dem repräsentativen Neubau an der Stelle des abgerissenen Exerzierhauses an der Nordseite des gleichnamigen Platzes, in der Nähe des Schlosses und Schloßteiches gelegen, legte Stüler 1843 seinen ersten Entwurf im Stil der italienischen Frührenaissance vor. Friedrich Wilhelm IV. bestimmte diesen heute im Original verlorenen Entwurf durch einen Erlaß zur Ausführung. Anläßlich der 300-Jahr-Feier der Königsberger Universität fand am 31. August 1844 die Grundsteinlegung durch den König, der auch Rektor der Universität war, statt. Durch die ungünstigen politischen Zeitverhältnisse bedingt, verschob sich aber der Baubeginn um 13 Jahre. Nur das im Konzept vorgesehene Reiterdenkmal Friedrich Wilhelms III. wurde bereits 1851 in der Mitte der Grünanlage aufgestellt.

Von 1857/58 bis 1862 wurde dann die Neue Universität errichtet. Es ist das einzige von Stüler entworfene Universitätsgebäude und sein bedeutendster Bau in der früheren zweiten Residenz Preußens – also keineswegs ein "internationales Projekt" Stülers, wie Michael Bollé in seiner Rezension zu der 1997 vom Landesdenkmalamt Berlin herausgegebenen Werkmonographie "Friedrich August Stüler. 1800–1865" von Eva Börsch-Supan und Dietrich Müller-Stüler behauptet (Brandenburgische Denkmalpflege 7,1, 1998, S. 94).

"Eine klare und einfache Renaissance-Architektur", so Stüler in seiner Veröffentlichung "Das neue Universitäts-Gebäude zu Königsberg in Pr." in der "Zeitschrift für Bauwesen" 1864, "erschien hierzu am meisten geeignet und wies zugleich auf die Zeit der Stiftung der Universität hin (…) Im Allgemeinen hat in der Stylrichtung die italienische Renaissance, besonders der Ziegelbau in den Städten der Lombardei und Ober-Italiens bis Bologna, als Anhalt gedient."

Die Einweihung der Universität, mit welcher der Bauherr und sein Architekt gleichsam ein Stückchen Italien in den Nordosten Preußens holten, erlebte Friedrich Wilhelm IV., der am 2. Januar 1861 verstarb, nicht mehr. Stüler übergab bei der Einweihungsfeier am 20. Juli 1862 die Schlüssel dem neuen Rektor, Kronprinz Friedrich Wilhelm, dem späteren Kaiser Friedrich III. (1888). Tags darauf wurde ihm die Ehrendoktorwürde der Universität verliehen.

Um einen der vom Architekten übergebenen Schlüssel des Hauptportals muß es sich bei dem Schlüssel handeln, den 1945 die Frau des letzten Universitätshausmeisters Kaminski in den Westen rettete und der heute im Museum Stadt Königsberg in Duisburg aufbewahrt wird.

"Für die Ausschmückung mit Bildwerken gaben", so der Architekt, "die Bezeichnung der Bestimmung des Gebäudes, die Darstellung der Stifter und ausgezeichneten früheren Lehrer der Universität geeignete Vorwürfe." Der Akademische Senat der Universität stellte ein Figurenprogramm zusammen, zu dessen Ausführung eine ganze Reihe namhafter Künstler der Berliner Bildhauerschule herangezogen wurde. Wie Fotografien bezeugen, war noch in den 50er Jahren an der Ende August 1944 zur Ruine ausgebrannten Universität ein Teil des Figuren- und Reliefschmucks erhalten. So befand sich am vorgezogenen und erhöhten Mittelbau der Vorderfront, der zentralen Bildfläche im Obergeschoß über den großen Aula-Fenstern, das über drei Meter hohe Hochrelief Herzog Albrechts von Preußen zu Pferde. Als Gründer der "echt lutherischen" Universität im Jahre 1544 hielt der Fürst in Renaissancerüstung die Gründungsurkunde in seiner Rechten. Allerdings fehlte bereits sein bärtiger, unbehelmter Kopf.

Das Reiterrelief, die beiderseits davon erhaltenen allegorischen Statuen der vier Fakultäten – Theologie, Jurisprudenz, Philosophie und Medizin – vor den die Drillingsfenster flankierenden Pilastern und die vier Personifikationen der Wissenschaften – Gesetzgebung, Staatsverwaltung, Geschichte und Archäologie – auf den Gebäudeecken der Vorderfront modellierte Albert Wolff (1814–1892). Damit war dem Schüler Rauchs die Hauptaufgabe des Skulpturenschmucks zugefallen.

Nach der Einweihung der Universität heißt es in der "Leipziger Illustrirten Zeitung" vom 26. Juli 1862: "Albert Wolff’s schönes Talent konnte hier nach zwei sehr entgegengesetzten Seiten seine Kraft bewähren: Das Reiterbild des Herzogs Albrecht zeigt ihn als ebenso tüchtigen Charakteristiker und lebensvollen Bildner bedeutender geschichtlicher Persönlichkeiten, wie acht Allegorien seine alte Meisterschaft in der Behandlung solcher Aufgaben idealen Stils."

Auf den Aufnahmen der 50er Jahre sind zudem in den Seitenfeldern des Obergeschosses die Scudellen mit den Büsten des Humanisten und Lateiners Georg Sabinus (1508–1560), des ersten Direktors der Universität, und Simon Dachs (1605–1659), des in Memel geborenen Dichters und Professors für Poesie, zu sehen. Diese und weitere sechs Büsten bedeutender Professoren und Rektoren – darunter Immanuel Kant (1724–1804) und Friedrich Wilhelm Bessel (1784–1846), der Astronom und Rektor der ersten Königsberger Sternwarte – in jeder Fensterachse unter dem Dachgesims schuf der in Königsberg geborene, zu dieser Zeit aber schon als Gehilfe im Atelier seines Lehrers Gustav Hermann Blaeser an der Berliner Akademie wirkende Rudolf Siemering (1835–1905).

Herabgestürzt vom Mittelrisalit waren hingegen bereits das krönende Tympanon mit dem preußischen Adler und der Bauinschrift und verwaist die beiden Nischen in den Seitenfeldern des Aula-Geschosses. Fotos der Ruine von 1944 zeigen in letzteren noch die Statuen Luthers und Melanchthons, der beiden geistigen Väter der Universität. Diese Figuren schuf Friedrich Anton Hermann Schievelbein (1817–1867). Abgeräumt waren nach dem Zeugnis der Nachkriegsaufnahmen auch die dem Erdgeschoß der Seitenflügel vorgesetzten Arkaden.

Das Äußere des Universitätsgebäudes wurde "mit gelben, sehr sauber gearbeiteten Ziegeln aus der Königl. Ziegelei bei Dirschau" bekleidet, die dorischen Säulen der Arkaden waren aus Weser (Bremer) Sandstein und die Bauornamentik, die Architekturteile und der gesamte bauplastische Schmuck aus gelbgebrannter, sandsteinfarbener Terrakotta aus der damals berühmten Marchschen Tonwarenfabrik in Berlin-Charlottenburg. In enger Zusammenarbeit mit Stüler setzte sie dessen Entwürfe und die Modelle der Bildhauer um.

Im Gegensatz zu dem Backsteinbau der Universität wurden Stülers beide anderen monumentalen Renaissancebauten, das Nationalmuseum in Stockholm (1847–1866) und die Akademie der Wissenschaften in Budapest (1862–1865), in Werkstein ausgeführt. Bei der Budapester Akademie wurde der von Stüler vorgesehene Figurenschmuck an den Fassaden ebenfalls von March in Terrakotta ausgeführt – zum Teil nach den gleichen Modellen der Figuren, die die Bildhauer Albert Wolff, Hermann Wittig und Bernhard Afinger für die Königsberger Universität geschaffen hatten.

Das heute zur 1967 gegründeten Kaliningrader Staatlichen Universität gehörende Gebäude wurde, nachdem es im Laufe der Jahre weiter verfallen war, Mitte der 60er Jahre unter Einbeziehung eines Teils der alten Bausubstanz wiederaufgebaut. Auch Reste der Außenmauern wurden unter Beseitigung sämtlichen Zierats als glatt verputzte Fassade mit rechteckigen Fenstern wiederhergestellt. Während auch vom Inneren des Stüler-Baus nichts mehr verblieb, ist der Erweiterungsbau des Regierungsbaurats Robert Liebenthal von 1925–1928, der sogenannte Liebenthalflügel, weitgehend erhalten. Freilich fehlen auf den Konsolen über dem Erdgeschoß die 1927 von Hermann Brachert aus Untersberger Marmor geschlagenen Kolossalstatuen "Forschender und Lehrer". Das Kellergeschoß im Innenhof schmücken jedoch noch immer die fünf Kunststeinreliefs mit Szenen aus dem Studentenleben von Bracherts Schüler Rudolf Daudert, den sein Lehrer nach dem Zweiten Weltkrieg als Dozent an die Staatliche Kunstschule in Stuttgart holte. Heinrich Lange

 

Friedrich Wilhelm III.: Außer dem König wurden auch Glauben, Tapferkeit, Gerechtigkeit, Liebe, Friede und Weisheit dargestellt. Fotos (2): Archiv

Neue Universität: Neben dem damaligen Standort des Friedrich-Wilhelm-Denkmals sind an der Häuserfront das Hochrelief des Universitätsgründers sowie die allegorischen Darstellungen von Gesetzgebung, Staatsverwaltung, Geschichte und Archäologie zumindest erahnbar.