19.04.2024

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11.08.01 Der Lorbaß und die Heimat

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 11. August 2001


Der Lorbaß und die Heimat
von Georg Hufenbach

Als ich einmal befragt wurde, was ein Lorbaß sei, fiel mir diese Antwort ein: Lorbaß, das war in unserer Heimat die Bezeichnung für Jungen, die man anderswo einfach Lausbuben nannte, die ebenso liebenswürdig wie wegen ihrer derben Späße manchmal auch gefürchtet sein konnten, die vor allem aber auf eine bestimmte Art aufgeweckte Bürschchen waren. Selber fürchteten sie niemanden, außer den Teppichklopfer der Mutter, und, wenn’s drauf ankam, nicht einmal den Tod. Lorbaß genannt zu werden, galt von daher für mich so viel, wie eine besondere Auszeichnung zu erhalten. Und so sehe ich es noch in meinem fortgeschrittenen Alter.

Nun, im Gedenken daran, daß mit meiner Generation wohl bald die letzten Lorbasse ausgestorben sein werden, dachte ich, wie eben nur Lorbasse denken können. Na ja, ein bißchen Wehmut war schon dabei, aber keinesfalls Furcht, als sich bei mir plötzlich ein Gedanke einschlich. Es kann ja sein, daß ich noch hundert Jahre alt werde, aber genau so gut könnte es sein, daß ich morgen schon tot aufwache, und dann wäre es für mein Vorhaben zu spät. Wenn du also noch was zu sagen hast, dann sage es gleich. Ach, ich hätte ja noch viel zu erzählen. Doch eines erscheint mir so wichtig wie sonst nuscht, nämlich mein Verhältnis zur Heimat Ostpreußen und erst recht zu Königsberg zu erklären. Und dazu fiel mir unlängst folgendes ein:

Das Lied der Heimat

Die Sonne sinkt und färbt die Wolken purpurrot.

Ein Regenbogen beugt sich übers Ried.

Zum Hafen strebt noch schnell ein weißes Fischerboot.

Der Abendwind, er singt sein ew’ges Lied:

das Lied der Heimat, das uns erst die Fremde lehrt,

das Lied der Sehnsucht nach dem Vaterhaus,

das Lied der Freundschaft, einst gesungen, jetzt entbehrt.

Wär ich zu Hause jetzt, ich zög’ nie wieder aus.

Die Sonne sank, der Himmel wurde blutigrot

und düstre Wolken stürmten übers’ Ried.

Es trieb am Horizont ein leeres Fischerboot,

mein Freund, der Fischer sang sein letztes Lied:

das Lied von Heimat, das uns erst die Fremde lehrt,

das Lied von Sehnsucht nach dem Vaterhaus,

das Lied von Heimat, ohne jede Wiederkehr,

das Lied des letzten Abschieds von dem Vaterhaus.

Die Sonne sinkt und Dunkelheit betäubt das Land.

Mein Aug’ wird müd’, mich tröstet sel’ge Ruh.

Und dann im Traum ich noch einmal die Heimat fand.

Ach könnt ich träumen, träumen, träumen immerzu

von meiner Heimat, die erst so richtig lieb,

seit ich ganz fern bin von dem Vaterhaus,

seit mich das Schicksal immer weiter von ihr trieb.

Wär ich zu Hause jetzt, ich zög nie wieder aus.