19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
25.08.01 Fünfter Balkankrieg und fachliche Kompetenz

© Das Ostpreußenblatt / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 25. August 2001


Gedanken zur Zeit:
Fünfter Balkankrieg und fachliche Kompetenz
Die Ex-Notarsgehilfin Beer hält den Militäreinsatz für »notwendig«
von Hans-Joachim v. Leesen

Die Wähler der Grünen können einem leid tun. Da haben sie jahrelang versucht, über ihre Partei den Pazifismus politikfähig zu machen, haben jede Möglichkeit genutzt, um gegen die Bundeswehr zu demonstrieren, haben die deutsche Rüstungswirtschaft in einem Umfang behindert, daß manche Beobachter glaubten, sie stünden im Dienst der ausländischen Rüstungslobby, und jagten so dem Ziel nach, die Welt zur Gewaltfreiheit zu bekehren.

Aber kaum sind sie an der Regierung, kaum haben einige ihrer Gottsoberen Ministerposten bekommen, da zählt das alles nicht mehr. Nachdem ihn die Ex-Außenministerin Albright an die Hand genommen hatte, marschiert der Fischer Joschka mit ihr zu jeder gewünschten militärischen Intervention. Mit Erklärungen versuchten sie, ihre Unterstützung militärischer Einsätze vor den Wählern zu rechtfertigen.

Und nun sind natürlich alle ihre Ministerinnen und Minister, aber auch der größte Teil der Bundes-tagsfraktion für die Entsendung eines deutschen Bundeswehrkontingents zum gegebenenfalls fünften Balkankrieg nach Mazedonien.

Hinterher kann sich dann ja eine ausgewählte Schar grüner Prominenter wieder für Aufrufe, mit denen deutsche Soldaten zur Desertion aufgerufen werden, einset- zen, wie es die grüne Ministerin Künast im Zusammenhang mit dem Kosovo-Einsatz tat.

Nun ist die schrittweise Abschaffung der Bundeswehr vergessen, wie sie die seltsame verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen, Angelika Beer, früher gefordert hat, jene gelernte Rechtsanwalts- und Notarsgehilfin, die im Bundestags- handbuch als Beruf „Referentin für Menschenrechtsfragen“ angibt und bei der man sich vergeblich fragt, woher sie ihre Kompetenz in Fragen der Verteidigungspolitik bezieht.

Diese Expertin hat im vorigen Jahr im Bundestag zugegeben: „Wir haben gelernt, daß die Bedrohungen und Konflikte rund um Europa neue Formen angenommen haben. Wir haben gelernt, daß dann, wenn nichts anderes mehr hilft, der Einsatz von Militär als letztes Mittel, als Ultima ratio, notwendig ist.“ Das sind Binsenwahrheiten, die ein erwachsener, politisch interessierter Mensch seit Jahrzehnten begriffen hat.

Die Grünen brauchen dazu etwas länger. Nun soll damit nicht gesagt werden, daß es keine guten Gründe sowohl für den Einsatz fremder Truppen in Mazedonien als auch für die militärische Zurückhaltung der Deutschen gebe. Es ist erschreckend, wie eine Partei aus Opportunismus innerhalb kürzester Zeit genau das Gegenteil von einer Politik umsetzt, die sie gestern noch lauthals propagiert hat.

Bei der jetzigen Diskussion um den Einsatz von Nato-Truppen in Mazedonien wird in erster Linie als Begründung ins Feld geführt, daß Deutschland seine Glaub-würdigkeit gegenüber den Ver-bündeten nicht verlieren dürfe und daher zunächst mit 500 wei-teren Soldaten in das „Einsam-meln der Waffen der UCK“ einbezogen werde. Abgesehen davon, daß selbst die Befürworter daran zweifeln, daß es bei dem so friedlich erscheinenden „Einsammeln“ bleibt, und obgleich sie auch alle wissen, daß man mit 30 Tagen nicht auskommt, stellt man die in die Frage, was letzten Endes das Ziel der Balkaneinsätze sein soll.

Da haben nun schon seit geraumer Zeit Uno- wie Nato-Truppen Bosnien-Herzegowina und den Kosovo besetzt. Nun ist Mazedo-nien an der Reihe. Alle Beobachter sind sich einig, daß sich im Grunde nichts geändert hat: die im Laufe der Geschichte dort entstandenen sehr unterschiedlichen Volksgruppen dulden sich, weil die fremden Truppen sie daran hindern, übereinander herzufallen.

Zwar wird versucht, durch verschiedene Beeinflussungskampagnen die Moslems und die Serben zu überzeugen, daß eine multikulturelle Gesellschaft viel schöner sei als national getrennte Staaten, doch führt das höchstens an einzelnen Orten zu Versuchen, etwa Zentren für Jugendliche beider Völker aufzubauen. Tiefgreifende Wirkungen scheinen davon kaum auszugehen.Wie lange soll denn die Besatzungszeit noch dauern? Tatsächlich sind Bosnien, Kosovo und in Kürze auch Mazedonien nichts anderes als Protektorate internationaler Organisationen. Wo ist das weitreichende politische Ziel, das auf Realitäten aufgebaut ist?

Und was geschieht, wenn, wie die „FAZ“ in einem grundlegenden Artikel am 11. Juli fragt, in Mazedonien trotz Nato-Einsatztruppen ein Bürgerkrieg zwischen Mazedoniern und Albanern ausbricht? Zwischen den Fronten stünden die kräftemäßig nicht ausreichenden Nato-Truppen, die von beiden Seiten als Gegner betrachtet werden? Schon jetzt trauen die Mazedonier der Nato nicht, weil sie sie für Parteigänger der UCK halten. Sollte die Nato dann versuchen, so die fachkundigen Autoren der FAZ, die Kontrolle über die Fronten in Mazedonien zu erlangen und die verfeindeten Parteien zu trennen, dann „dürfte sich eine Situation entwickeln, die dem Vietnamkrieg nicht unähnlich wäre.“ Wären wir dann eigentlich darauf vorbereitet?